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Warum immer nur Krieg?

Spannungsgebiete in Europa – von Klaus Hemmo untersucht

Von Franz-Karl Hitze *

Reicht es, die Waffen der Konfliktparteien einzusammeln und zu zerstören? Warum gibt es noch immer Hass und Misstrauen? Klaus Hemmo, ehemaliger Fernsehkorrespondent, versucht auf diese und viele andere Fragen Antwort zu geben und hat deshalb quasi eine Fortsetzung seines ersten Buches »Warum sie Feinde wurden – Völkerhass vom Balkan bis zum Nahen Osten« verfasst. Er zählt die Spannungsherde in Europa auf: Baskenland, Belgien (Flamen gegen Wallonen), Nordirland, Kosovo und Zypern. Hinzu kamen mit Beginn des neuen Milleniums auf dem Balkan Slowenien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien und im Kaukasus Tschetschenien, Abchasien, Südossetien und Nagorny-Karabach (Streit zwischen Aserbaidschan und Armenien) sowie die nur 600 000 Einwohner zählende Dnjestr-Republik (Transnistrien).

Ein Schwerpunkt in seiner gründlichen Analyse ist Kosovo. Hemmo kommt zu dem Schluss, das Geld und Besitz in diesem von fanatischem Nationalismus dominiertem Stück Balkan für blutige Exzesse verantwortlich sind. Nach dem Zusammenfall bzw. der Zerschlagung des sozialistischen Jugoslawiens habe sich eine ultranationalistische Politik mit dem organisierten Verbrechen verbündet – und das unter der 1999 installierten UNO-Verwaltung. Kosovos Bodenschätze (Kupfer, Braunkohle, Chrom und Gold) werden von internationalen Konzernen rigoros ausgebeutet. Trotzdem ist dieser Staat allein fast nicht lebensfähig. Es wird von Washington politisch und militärstrategisch sowie von der EU zivilrechtlich regiert. Das südlich von Pristina gelegene »Camp Bondsteel« der USArmee mit seinen 7000 GIs, eigenem Flugplatz, eigenem Gefängnis, einem Lazarett, drei Kirchen und zwei große Restaurants spricht für ein besetztes, ohnmächtiges Land. Zur militärstrategischen Konzeption Washingtons gehört offensichtlich, die ganze abgespaltene serbische Provinz als Stützpunkt der NATO auszubauen. Russland soll zurück gedrängt werden und seine Einkreisung weiter getrieben werden. Inzwischen herrscht in Kosovo ein schleichender KFOR-Kolonialismus.

Vonbesonderem Interesse ist das Kapitel zur Geschichte der Islamischen Republik Itschkeria. Noch kein Ende gefunden hat der Krieg in Tschetschenien. Der Sessesionskurs der baskischen Nationalisten erfährt ebenfalls durch Hemmo eine ernsthafte Erörtewrung. So gründlich wie mit der ETA befasst sich der Autor auch mit der IRA. Was vereint sie mit und was unterscheidet sie von den tschetschenischen Rebellen, der Hamas und der Hisbollah wie auch Osama Bin Ladens Al-Qaida? Dies und vieles mehr wird in diesem Buch diskutiert. Abgeschlossen wird es mit dem griechischentürkischen Konflikt auf Zypern.

Hemmo belässt es nicht bei der Beschreibung der Konflikte und Krisenherde. Er sucht nach den Ursachen und fragt nach Alternativen und Perspektiven. Das Übel sieht er in gewachsenem Nationalismus, der mit materiellen Interessen verknüpft ist. Wenn nicht mehr »Geld und Besitz« im Mittelpunkt stünden, sondern das Wohl der Menschen, so der Autor, könnte unsere Welt wesentlich friedlicher sein. Ein optimistischer Ausblick, zu dessen Verwirckichung es indes noch einiger erheblicher Anstrengungen aller friedliebenden Menschen bedarf.

Klaus Hemmo: Kalaschnikows zerstört – Konflikt beigelegt? Europäische Spannungsgebiete im 21. Jahrhundert. Novumverlag, Wien 2008. 194 S., br., 15,90

* Aus: Neues Deutschland, 2. Februar 2009


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