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Debatte der Herren

Im polnischen Sopot ringen die EU-Außenminister um gemeinsame Positionen zu Palästina und Syrien und diskutieren "Hilfe" für Libyen

Von Karin Leukefeld *

Die Europäische Union hat ein Ölembargo gegen Syrien verhängt. Das verkündete der Rat der EU am Freitag (2. Sept.) auf seiner Internetseite. Damit reagiere die EU auf die anhaltenden Repressionen gegen Oppositionelle in Syrien, sagten Diplomaten in Brüssel. Der offiziellen Erklärung zufolge betrifft die Entscheidung Öl und andere Ölprodukte. Außerdem wurden vier weitere Vertreter der Regierung in Damaskus sowie drei weitere Unternehmen mit Einreiseverboten sowie Vermögenssperren belegt.

Die Lage in Nordafrika, in Syrien und der sogenannte Nahost-Friedensprozeß stehen bei den am Samstag zu Ende gehenden informellen Beratungen der EU-Außenminister im polnischen Badeort Sopot auf der Tagesordnung. An dem zweitägigen Treffen unter Vorsitz der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton nehmen neben den Außenministern der EU-Staaten auch die beiden Aufnahmekandidaten Türkei und Island teil.

Zum Thema Libyen geht es vor allem darum, wie europäische Staaten den Wiederaufbau der von den NATO-Bombardements weitgehend zerstörten Infrastruktur für die Strom- und Wasserversorgung übernehmen können. Die EU plant, wie schon in Ägypten und Tunesien, »Transformationshilfe zur Demokratisierung« zu leisten. Polizeikräfte, Juristen und Finanzexperten sollen zur Umstrukturierung libyscher Institutionen entsandt werden, auch beim Aufbau von Parteien und Nichtregierungsorganisationen will die EU »helfen«. Zudem dürften weitere libysche Vermögen freigegeben werden, die in den letzten Monaten auf europäischen Konten gesperrt worden waren.

Am Freitag sprachen die Außenminister zudem bereits über die Beziehungen mit strategischen Partnerländern wie Brasilien und Indien. Dabei dürfte auch deren Haltung im Umgang mit der politischen Krise in Syrien thematisiert worden sein. Anders als die USA und die europäischen Staaten im UN-Sicherheitsrat, setzen sich Brasilien und Indien mit Südafrika, Rußland und China für eine vermittelnde Mission des Gremiums ein und lehnen Sanktionen gegen Syrien ab.

Ein anderes Thema auf der Tagesordnung ist der Antrag der Palästinenser auf Anerkennung ihres Staates in den Grenzen von 1967 durch die UN-Vollversammlung. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy forderte in diesem Zusammenhang, die EU müsse bei der Abstimmung am 20. September mit einer Stimme sprechen. Die EU-Außenbeauftragte Ashton erklärte am Donnerstag, die 27 EU-Staaten seien sich einig, daß Israel und Palästina dringend wieder ihre Gespräche für eine Zwei-Staaten-Lösung aufnehmen müßten. Außerdem sei man sich einig, daß der israelische Siedlungsbau illegal und unakzeptabel sei. Hinsichtlich der Anerkennung Palästinas sind die europäischen Staaten indes gespalten. Belgien, Zypern, Griechenland, Schweden, Norwegen, Malta, Portugal, Spanien und Irland wollen bei der Abstimmung in der UN-Vollversammlung für den palästinensischen Staat votieren.

Auch wenn die USA nicht Teil Europas ist, dominiert deren Außenpolitik das EU-Treffen. Dafür sorgte am Donnerstag am Rande der Libyenkonferenz in Paris US-Außenministerin Hillary Clinton, die dort bei Gesprächen die Richtung vorgab, in der sich die EU bewegen solle. Der Antrag der Palästinenser wird von den USA wie auch von Israel kategorisch abgelehnt. Und damit es in Syrien vorangehe, sagte Frau Clinton, »müssen diejenigen, die uns diesbezüglich unterstützt haben, unsere Rhetorik in konkrete Aktionen umsetzen, um den Druck auf Assad und diejenigen, die ihn umgeben, zu eskalieren.«

* Aus: junge Welt, 3. September 2011


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