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Niebel: Ministerium kein "Weltsozialamt"

Entwicklungsressort weist Kritik harsch zurück

Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) hat sich klar von seiner Amtsvorgängerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) abgegrenzt. Die Kritik an seiner Amtsführung hält an.

»Ich habe keine Bundeswehrphobie, ich habe keine Wirtschaftsphobie und ich habe auch keine Israelphobie«, sagte Entwicklungsminister Niebel am Montag in Berlin. Mit diesen Positionen unterscheide sich seine Amtsführung ausdrücklich von der seiner Vorgängerin.

Niebel bekräftigte seine Forderung, die Aktivitäten der Bundeswehr in Afghanistan mit der Entwicklungszusammenarbeit zu verzahnen. Deshalb habe sein Ministerium Ende 2009 zusätzliche 52 Millionen Euro zur Stabilisierung Nordafghanistans zur Verfügung gestellt. Es sei sinnvoll, die Entwicklungshilfe dort zu konzentrieren, wo Deutschland auch militärisch Verantwortung trage.

Er nehme zudem seinen Titel als Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wieder ernst und verstehe das Ministerium nicht mehr als »Weltsozialamt«. Es sei wichtig, auch die mittelständische Wirtschaft in die Entwicklungszusammenarbeit mit einzubeziehen und Türen zu öffnen. »Deshalb nehme ich auch Wirtschaftsvertreter mit auf meine Reisen«, sagte Niebel.

Der Minister betonte erneut, gemeinschaftliche internationale Projekte mit Israel im Bereich Bewässerung initiieren zu wollen. Israel verfüge über eine hervorragende Bewässerungstechnik, während Deutschland eine wichtige Türöffnerfunktion in muslimische Staaten habe.

Die Direktorin von Brot für die Welt und der Diakonie Katastrophenhilfe, Cornelia Füllkrug-Weitzel, hielt Niebel in der »Stuttgarter Zeitung« vor, sich bisher nur als Förderer der deutschen Wirtschaft zu verstehen. Sie kritisierte unter anderem, dass der Minister 14 Millionen Euro aus dem Entwicklungsetat für den Ankauf deutscher Impfdosen zur Bekämpfung der Schweinegrippe in Afrika zur Verfügung stelle. »Da wird etwas als Entwicklungshilfe ausgegeben, was im Grunde eine Hilfe für die deutsche Pharmaindustrie ist«, sagte Füllkrug-Weitzel.

Niebels Ministerium wies die Darstellung in ungewöhnlich harscher Form zurück. »Frau Füllkrug-Weitzel sollte sich zukünftig besser informieren und bei den Fakten bleiben, statt mit böswilligen Unwahrheiten alte Vorurteile zu bedienen.« Die ehemalige SPD- Bundestagskandidatin missbrauche hier ihr kirchliches Amt für parteipolitische Desinformation. Die Weltgesundheitsorganisation WHO habe um Geld für organisatorische Hilfe bei der Weiterleitung der von anderen Staaten gespendeten Impfdosen gebeten. Die 14 Millionen aus dem Entwicklungsetat seien noch von der alten Regierung direkt der WHO zur Verfügung gestellt worden, zur logistischen Umsetzung von Impfkampagnen.

* Aus: Neues Deutschland, 5. Januar 2010


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