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Roll out für den NATO-Stalker

"Global Hawk"-Überwachungsdrohne soll demnächst einsatzbereit sein - Schwerpunkt: Osteuropa

Von René Heilig *

Schon bald kann Putin nicht mehr heimlich rauchen. Am Donnerstag wird die NATO-Überwachungsdrohne »Global Hawk« aus den Produktionshallen von Northrop Grumman in Kalifornien rollen.

Der neue Flugroboter für die NATO schaut fast so aus wie der »EuroHawk«, über den der damalige Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) fast gestolpert wäre. Während hierzulande die Empörung hoch schlug, weil das superteure Rüstungsprojekt in Deutschland keine Zulassung erhalten konnte und sich sogar ein Untersuchungsausschuss des Bundestages mit der Milliardenvernichtung befasste, blieb die NATO bei ihrer 2009 aufgegebenen Bestellung. 2012 wurde der Vertrag über fünf Maschinen abgeschlossen. Stationiert werden sie ab 2016 auf der italienischen NATO-Basis Sigonella. Von dieser sizilianischen Base schicken die USA bereits seit Jahren solche und vergleichbare Drohnen in den Einsatz.

Am kommenden Donnerstag wird nun der erste NATO-eigene »Stalker« aus den Hallen des US-Rüstungskonzerns Northrop Grumman gezogen. Eigentlich ist so ein Ereignis immer mit einem »großen Bahnhof« verbunden. Doch in diesem Fall muss man lange suchen, um einen Hinweis auf diesen - laut Herstellerfirma - »Meilenstein« nordatlantischer Zusammenarbeit zu finden.

Die »Global Hawk« gehören zur HALE-Klasse. So werden besonders hoch fliegende und weitreichende Systeme bezeichnet. Mit fast 40 Metern Spannweite ist der Automat die größte fliegende Drohne. Sie kann in knapp 20 Kilometern über 30 Stunden autonom und satellitengestützt Aufträge abarbeiten und die Ergebnisse in Echtzeit zur Erde schicken. An Bord sind elektronische Geräte zur Signalerfassung. Per Radar können exakte Karten erstellt und Bewegungen erfasst werden, ohne in fremdes Gebiet einzudringen. Am Boden werden Anlagen zur Steuerung und Flugkontrolle errichtet. Die können durch weltweit verlegbare Relaisanlagen ergänzt werden.

Vereinbart ist ein Kostenrahmen von 1,45 Milliarden Euro. An dem entsprechenden Programm namens Alliance Ground Surveillance (AGS) beteiligen sich 15 der 28 NATO-Länder. Es handelt sich um Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Italien, Litauen und Lettland, Luxemburg, Norwegen, Polen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, Tschechien und die USA.

Unschwer erkennt man, dass es sich vor allem um östliche »Frontstaaten« handelt. Klar also, wo man den Einsatzschwerpunkt vermuten muss. Nach umfangreicher Erprobung wird die erste Drohne im kommenden Frühjahr nach Italien überführt werden, wo derzeit alle notwendigen Bodeneinrichtungen gebaut werden. Ende 2016 sollen drei weitere »Global Hawk« nach Europa kommen.

Die Militärs sind vorbereitet. Im vergangenen Jahr hat man den »Global Hawk« bei einer NATO-Übung über Norwegen getestet. Dabei flog der Roboter von Italien auch über Deutschland ins Einsatzgebiet.

Obwohl die Bundesrepublik in der AGS mitarbeitet, will man nicht auf eigene HALE-Aufklärungsroboter verzichten. Es gelte die »SLWÜA-Lücke« zu schließen, sagt das Verteidigungsministerium. Das Kürzel steht für »Signalerfassende Luftgestützte, Weiträumige Überwachung und Aufklärung«. Kurzum: Nach dem Zwangsende von »EuroHawk« will man das von EADS (heute Airbus) entwickelte Aufklärungsgerät bis zur Einsatzreife bringen. Und es autark nutzen. Dazu fasst man die gleichfalls von Northrop Grumman gebaute »Triton«-Drohne ins Auge. Allein für »Untersuchungen im Rahmen der Auswahlentscheidung« wurden 1,4 Millionen Euro investiert, teilte das Ministerium bereits im Herbst vergangenen Jahres dem Grünen-Abgeordneten Tobias Lindner fest.

Doch will man es nicht nur beim aufklärenden Blick über NATO-Grenzen belassen. Vor ein paar Tagen wurde ein gemeinsames Projekt von Deutschland, Frankreich und Italien zur Entwicklung einer europäischen Kampfdrohne parafiert. In den kommenden zwei Jahren soll zunächst eine Machbarkeitsstudie erarbeitet werden. Ab 2025 soll der unbemannte Kampfjet dann fliegen. Wo auch immer.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 02. Juni 2015


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