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"Major Tom" und die neue Drohne

EADS offeriert ein neues Projekt – natürlich ganz ohne Probleme

Von René Heilig *

Die Drohne Schiebel S-100 dient nicht nur der Observation. Sie hilft bei der Zielauswahl und kann auch mit Raketen bestückt werden.

Thomas (Tom) Enders, der Chef des größten europäischen Luft-, Raumfahrt und Rüstungskonzerns kann nur den Kopf schütteln über diese absurde Diskussion darüber, was wann Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) über das offenbar gescheiterte Drohnenprojekt »Euro Hawk« gewusst hat. Alle seien schließlich bereits vor zehn Jahren bei den erstens Tests der strategischen Aufklärungsdrohne davon ausgegangen, dass aus der damaligen Ausnahmegenehmigung so etwas wie ein Gewohnheitsrecht entstehen wird. Jedenfalls hätten die deutschen Flugaufsichtsbehörden keinerlei Bedenken geäußert. Schließlich operiere der Flugroboter nicht im kontrollierten Luftraum, er fliege beim Starten und Landen nur kurz da durch. In der Regel aber operiere die Drohne weit über den Luftfahrtstraßen. Und dann auch noch fernab von Deutschland.

Doch derartige Streitereien sind für »Major Tom« ein Blick in Vergangenes, er will Zukunft gestalten. Freilich ohne dafür aus der Konzernkasse zu zahlen. Er will öffentliche Mittel, schließlich weiß man ja nie, was die Politik auszusetzen hat, wenn die Industrie das Bestellte abliefert.

EADS hat die Zukunft schon vor dem Hanger stehen. Es ist die Drohne der MALE-Klasse (Medium Altitude, Long Endurance) namens Talarion. Man hat sie schon auf verschiedenen Luftfahrt- und Rüstungsmessen gezeigt – als Modell. Entwickelt wurde das Fluggerät von der deutsch-französischen EADS-Rüstungssparte Cassidian, der französischen Dassault Aviation und der italienischen Finmeccanica Alenia Aermacchi. Wer das Ding in Auftrag gibt, so versprechen die Hersteller, der hat kein Problem mit der Zulassung, denn alles was der »Euro Hawk« dazu fehlt, hat der neue Robotervogel selbstverständlich an Bord.

Als Ersatz für den »Euro Hawk« taugt der Talarion nicht. Wohl aber ist er – so er einsatzbereit ist – eine echte Konkurrenz zum US-amerikanischen Predator, der jetzt auf de Maizières Wunschzettel steht. Auf dem steht auch eine Hubschrauberdrohne des österreichischen Herstellers Schiebel. Auch wenn die jetzt als neues Abenteuerprojekt durch die Medien geistert und manch Abgeordneter noch nie davon gehört haben will – das Projekt samt Kaufabsicht existiert bereits seit vielen Jahren.

Die Marine braucht den unbemannten Minihubschrauber für ihre K-130-Korvetten, die sonst ziemlich blind sind. Bisher war die Beschaffung des Schiebel S-100 an den knappen Kassen gescheitert. Zudem kamen die Korvetten über Jahre nie so richtig in Fahrt, weil sich die Probleme häuften. Es ist nicht zu befürchten, dass es für den Mini-Heli Zulassungsprobleme geben könnte. Eines jedoch sollte von vorn herein klar sein. Die Behauptung, es handle sich nur um eine ungefährliche Beobachtungsdrohne, quasi um einen Cam-Copter, ist falsch. Das Gerät dient zur Zielauswahl für die Raketen der Korvetten, die weit in fremdes Hinterland reichen. Zudem ist auf diversen Luftfahrtmessen eine mit Raketen bestückte Variante des S-100 zu sehen gewesen.

* Aus: neues deutschland, Dienstag, 18. Juni 2013


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