Blutdiamanten aus Simbabwe zugelassen
Weitreichendes Handelsverbot aufgehoben
Von Kristin Palitza, Kapstadt *
Der Westen stellt finanzielle Interessen
wieder einmal über Menschenrechte.
Die EU, die Schweiz und andere
Staaten haben das Handelsverbot
vom Diamanten aus Simbabwe
aufgehoben. Davon profitiert der Clan
von Präsident Mugabe.
Der Handel mit Blutdiamanten aus
Simbabwe ist wieder offiziell zugelassen.
Die Europäische Union,
Kanada und die Schweiz unterstützen
nach einem überraschenden
Richtungswechsel die
Aufhebung des Handelsverbots.
Auch China, Indien, die Vereinigten
Arabischen Emirate, Norwegen
und Australien gehören zu
den 76 Mitgliedern des sogenannten
Kimberley-Prozesses
(KP), die die Wiederaufnahme von
Exporten befürworteten. Der
Kimberley-Prozess erlässt internationale
Handelsvorschriften und
kontrolliert ihre Einhaltung.
Simbabwes Bergbauminister
Obert Mpofu versprach, die Regierung
werde die internationalen
Handelsvorschriften »so genau
wie nie zuvor« beachten. Offiziell
wird die Entscheidung mit
einem plötzlichen Vertrauensgewinn
in die Aufrichtigkeit der simbabwischen
Regierung gerechtfertigt.
Catherine Ashton, Vizepräsidentin
und »Außenministerin
« der EU-Kommission, erklärte,
die EU glaube an »eine erneute
Verpflichtung Simbabwes,
Verfahrenswidrigkeiten auszumerzen
«. Die Wirtschaft schließt
sich ihr an. »Ich hoffe sehr, dass
die Entscheidung dem KP sowie
der Industrie erlaubt, voranzukommen
«, sagte Eli Izhakoff, Präsident
des Weltdiamantenrats.
Doch Wirtschaftsexperten haben
wenig Hoffnung, dass Simbabwe
Wort halten wird. »Die
Mitglieder haben ihre Meinung
geändert in der Hoffnung, Kontrolle
über Simbabwes unregulierten,
illegalen Handel zu gewinnen,
den das Land betreibt, seit
die KP-Gruppe 2009 Exporte verbot
«, glaubt der unabhängige südafrikanische
Wirtschaftsexperte
Oscar van Heerden. Die Entscheidung
sei ethisch »höchst
problematisch«, denn sie vermindere
den Druck auf die Regierung,
die Edelsteine aus Marange
im Osten des Landes auf
transparentem und legalem Wege
zu verkaufen. Auch die Folgen für
andere afrikanische Staaten seien
unklar. »Die Entscheidung, Simbabwe
trotz Menschenrechtsverletzungen
handeln zu lassen,
könnte von anderen Ländern als
Freibrief interpretiert werden«,
warnt van Heerden.
Die Ausfuhr von Marange-Diamanten
wurde im November 2009
verboten, nachdem bekannt wurde,
dass Soldaten der simbabwischen
Armee Menschenrechtsverletzungen
an den kleingewerblichen
Bergleuten verübten.
Die Profiteure des Diamantenhandels
sind nach Auffassung von
Menschenrechtlern Präsident Robert
Mugabe und die politische
Elite seiner Zanu-PF-Partei. Finanzminister
Tendai Biti, der Mugabes
Erzrivalen Premierminister
Morgan Tsvangirai nahesteht, bestätigt,
dass die 22 Millionen Euro
aus Diamantengeschäften vor
dem Verbot nicht in der Staatskasse
gelandet seien.
KP-Kritiker warnen, die Menschenrechtsverletzungen
werden
sich nun erneut zuspitzen. Noch
heute werden Bergleute in Marange
beschossen, geschlagen und
von Polizeihunden attackiert, so
Human Rights Watch (HRW). »Die
Behandlung ist unmenschlich, degradierend
und barbarisch. Marange-
Diamanten sind mit Missbrauch
behaftet«, warnt HRW-Expertin
Tiseke Kasambala und fordert
Händler weltweit dazu auf,
den Kauf von Simbabwes Diamanten
zu verweigern.
Bislang sollen sich lediglich die
USA entschlossen haben, Marange-
Importe trotz der KP-Entscheidung
zu blockieren. »Wir haben
weiterhin Vorbehalte gegenüber
Marange«, erklärte Brad
Brooks-Rubi, Sonderbeauftragter
für Konfliktdiamanten im US-Außenministerium.
Überall sonst auf
der Welt könnte nun jeder neuerworbene
Diamantenring symbolisch
mit Blut beschmiert sein.
* Aus: neues deutschland, 7. November 2011
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