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Obamas Frau gegen Atomwaffen

Ein Porträt von Susan Burk, US-Sonderbeauftragte für die Nukleare Nichtverbreitung

Von Wolfgang Kötter *

Auf der Vorbereitungssitzung für die Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag Anfang Mai musste sie sich vertreten lassen, weil die Anhörungen im US-Senat noch nicht abgeschlossen waren. Denn US-Präsident Obama hat Susan Flood Burk als seine Sonderbeauftragte für die Nukleare Nichtverbreitung ausgewählt.

Auf sie wartet eine gigantische Aufgabe. Als Lebensretterin muss sie den für die internationale Sicherheit unverzichtbaren Vertrag über die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen (NVV) vor dem Ende bewahren. Dessen weiteres Schicksal entscheidet sich höchstwahrscheinlich auf der vom 3. bis 28. Mai nächsten Jahres in New York tagenden Überprüfungskonferenz.

Der zurzeit 191 Staaten unfassende Vertrag kam vor über vier Jahrzehnten als Damm gegen eine drohende Flut von Atomwaffenbesitzern zustande. US-Präsident John F. Kennedy befürchtete damals 10 bis 20 Nuklearstaaten allein in den 60er Jahren. Dazu ist es auch dank der völkerrechtlichen Barriere NVV nicht gekommen. Denn er beruht auf einem Dreiklang von Verpflichtungen: Die Nuklearstaaten verhandeln über die Abrüstung ihrer Atomwaffen, Länder ohne Atomwaffen erwerben keine, und alle Länder haben Zugang zu friedlicher Atomenergienutzung. Doch jahrelang wurde diese Balance verletzt, allen voran durch die Nuklearmächte, die ihre Abrüstungsverpflichtung schlichtweg ignorierten. Sollte sich im kommenden Frühjahr das Debakel von 2005 wiederholen, als es nicht gelang, auch nur zu einer einzigen inhaltlichen Frage übereinzustimmen, droht eine Massenflucht aus dem Vertrag und eine Lawine neuer Atomwaffenbesitzer.

Susan Burk kennt sich mit den wechselseitiger Abhängigkeiten und widerstreitenden Interessen im schwierigen Geflecht der nuklearen Nichtverbreitung gut aus. Nach einem Studium der Regierungslehre an der Georgetown University erwarb sie 1976 einen Master der Politikwissenschaft vom Trinity College in Washington. Ihre berufliche Karriere im State Department brachte die zweifache Mutter frühzeitig mit der internationalen Diplomatie in Kontakt. Auf der Überprüfungskonferenz von 1995 trug sie als Leiterin der US-Delegation maßgeblich dazu bei, dass es gelang, den NVV unbefristet zu verlängern. Doch dann folgte die massive abrüstungsfeindliche Politik der Bush-Regierung, die auf dem Feld der Rüstungskontrolle weithin verbrannte Erde hinterließ. Was die neue US-Frau gegen Atomwaffenverbreitung nun in Sachen Schadensbegrenzung konkret tun will, hat sie bei der Anhörung im außenpolitischen Senatsausschuss deutlich gemacht. Susan Burk kündigte volles Engagement an: “Gemeinsam mit meinen Kollegen im State Department und anderen Regierungsstellen wie auch mit anderen NVV-Anhängern werde ich daran arbeiten, die Grundlagen dafür zu legen, dass die Überprüfungskonferenz in 2010 den Vertrag als effektive rechtliche und politische Barriere gegen die nukleare Verbreitung stärkt.“ Sie will die von Barack Obama verkündete Vision einer atomwaffenfreien Welt ins wirkliche Leben umsetzen. Dafür seien konkrete Einzelschritte erforderlich. Sie zählt dazu das Inkrafttreten des Nuklearen Teststoppvertrages, ein Nachfolgeabkommen zum russisch-amerikanischen START-Vertrag über die Reduzierung strategischer Offensivwaffen, ein Verbot für militärisches Spaltmaterial und eben die Konsolidierung des Atomwaffensperrvertrages.

Die Herausforderung ist gewaltig. Viele werden am Ausgang der NVV-Überprüfungskonferenz den Erfolg der auf Kooperation in der multilateralen Arena ausgerichteten Außenpolitik Barack Obamas messen.

Dieser Beitrag ist dieser Tage zur Veröffentlichung im "Neuen Deutschland" vorgesehen.


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