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65 Jahre nach dem Atombombenabwurf:

Die Welt sieht nach Hiroshima und fordert atomare Abrüstung. Acht Beiträge zum Hiroshima-Tag 2010

Anlässlich des 65. Jahrestags der ersten Atombombenabwürfe über Hiroshima und Nagasaki veröffentlichten die Tageszeitungen "Neues Deutschland" und "junge Welt" eine Reihe von Artikeln zum Thema. Wir dokumentieren eine Auswahl davon sowie zusätzlich Auszüge aus der Rede des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon bei der Gedenkfeier in Hioroshima.

Hiroshima und Nagasaki – ein beispielloses Verbrechen

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hat zum 65. Jahrestag der Atombombenangriffe auf Hiroshima und Nagasaki eine totale atomare Abrüstung gefordert. Nur mit der Abschaffung der Kernwaffen könne man dafür sorgen, dass sie nie wieder eingesetzt würden, sagte Ban am Donnerstag in der japanischen Stadt Nagasaki bei einem Treffen mit Überlebenden des Atombombenabwurfs.

Die USA hatten am 6. August 1945 eine Atombombe auf Hiroshima abgeworfen. Drei Tage später folgte eine Atombombe auf Nagasaki. Als erster UNO-Generalsekretär nimmt Ban an diesem Freitag in Hiroshima am Gedenken teil. Erstmals ist auch ein US-Botschafter anwesend.

Auch der Weltkirchenrat verlangte die Abschaffung aller atomaren Waffen. Regierungen und Zivilgesellschaft müssten die Unverletzlichkeit und Heiligkeit des Lebens mit aller Entschlossenheit schützen, erklärte der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, Olav Fykse Tveit, am Donnerstag in Genf. Das Gebot zum Schutz des Lebens finde sich bereits in der Bibel. Atombomben würden auch 65 Jahre nach ihrem ersten Einsatz die Menschheit bedrohen und einen dauerhaften Frieden gefährden, sagte Tveit. Als weitere Altlast sei die Welt seit 1945 zudem in zwei Lager geteilt: »In eine Handvoll Staaten, die auf dem Recht bestehen, Massenvernichtungswaffen zu besitzen, und in die Mehrheit der Staaten, die darauf verzichten«, so der norwegische Theologe.

Die internationale Ärzteorganisation gegen den Atomkrieg (IPPNW) appellierte an die deutsche Bundesregierung, sich für eine Nuklearwaffenkonvention einzusetzen, die die vollständige weltweite Abrüstung von Kernwaffen festschreibt.

Die LINKE rief dazu auf, den verbalen Bekenntnissen nun endlich Taten folgen zu lassen. Zur atomaren Abrüstung gebe es keine Alternative. Parteichefin Gesine Lötzsch erklärte: »Wir sagen ganz deutlich: Wer auf Atomwaffen setzt, macht die Welt unsicherer und riskiert unsere Zukunft.«

Als Folge der Atomangriffe 1945 waren Hunderttausende sofort getötet worden oder später an den Folgen der Verstrahlung gestorben. Bei der Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag im Mai 2010 bekannten sich alle Teilnehmerstaaten grundsätzlich zur Abschaffung von Atomwaffen.

Neues Deutschland, 6. August 2010


Obama schickt seinen Botschafter

USA-Präsidenten lehnten die Einladung nach Hiroshima bisher stets ab

Von Max Böhnel, New York


Zum ersten Mal seit dem Abwurf von Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki vor 65 Jahren gedenkt auch ein USA-Offizieller der Opfer in Japan.

Die Einladung des Bürgermeisters von Hiroshima, an der Gedenkfeier für die Opfer am 6. August teilzunehmen, nahm Präsident Barack Obama nicht an. Der Grund: Der Druck der rechten Republikaner und mancher Leute aus den eigenen Reihen, vor allem aber aus dem Pentagon, war zu stark. Obama hätte sich innenpolitisch einiges verscherzt. Stattdessen wurde in Washington entschieden, John Roos, den USA-Botschafter in Tokio, nach Hiroshima zu entsenden. Als erster offizieller Vertreter der USA-Regierung überhaupt wird er am »Hiroshima Peace Memorial« einen Kranz niederlegen. Ob sich Roos, ein kalifornischer Rechtsanwalt, wichtiger Wahlkampfhelfer Obamas und seit einem Jahr im Amt, näher äußern wird, darüber schwieg sich das Außenministerium bisher allerdings aus.

Die erstmalige Teilnahme eines USA-Offiziellen an der Veranstaltung in Hiroshima hat einen hohen Symbolwert. Gleichzeitig spiegeln sich darin aus USA-Sicht aber auch innen- und außenpolitisch-diplomatische Interessen wieder.

Tatsächlich hatten die Stadt Hiroshima und mit ihr die Tokioter Regierungen seit 1998 Obamas Vorgänger William Clinton und George Bush Junior sowie deren jeweilige Botschafter in Japan zur Teilnahme eingeladen – aber ohne Erfolg. Seit Jahrzehnten herrscht in den USA die vom Pentagon stets wiederholte Meinung vor, die Atombombeneinsätze seien notwendig gewesen, um Japan zur Kapitulation zu bewegen, und damit legitim. Deshalb waren USA-Offizielle bis dato angewiesen worden, solchen Gedenkveranstaltungen fernzubleiben.

Das konservative »American Enterprise Institute« gab sich ob der Präsenz des USA-Botschafters wenig besorgt und bemühte dafür die Realpolitik. Michael Auslin, der Japan-Experte des Instituts, sagte lediglich, Ross' Anwesenheit bei der Gedenkfeier in Hiroshima spiegele das gewachsene enge Verhältnis zweier internationaler Bündnispartner wieder.

Die ebenfalls konservative Webseite »Daily Caller« war da wesentlich schärfer und nannte Barack Obama den »Chef-Entschuldiger«. Den Botschafter zu entsenden könne in Japan die Auffassung erhärten, dass die USA mit ihrer Entscheidung, Atombomben über den beiden Städten abzuwerfen, nicht richtig gelegen hätten.

Aus den Reihen der in Washington beheimateten Denkfabrik »Carnegie Endowment« verlautete dagegen die Auffassung, der Auftritt des Botschafters entlaste die Obama-Regierung mit Blickrichtung auf einen geplanten Japan-Besuch im November. Der Trip Obamas soll im Anschluss an einen G20-Gipfel in Seoul stattfinden. Obama werde sich dank des Roos-Einsatzes im November »weder auf eine Entschuldigungstour begeben müssen, noch sei er der Kritik der Republikaner ausgesetzt«, hieß es seitens des »Carnegie Endowment«.

Neues Deutschland, 6. August 2010


Ein Gebot der Menschenwürde

Japan 65 Jahre nach dem Atombombenabwurf: Bürgermeister Akiba fordert stärkeres Engagement Tokios für nukleare Abrüstung und Nein zum US-amerikanischen Nuklearschirm

Von Sebastian Maslow, Sendai


65 Jahre nach dem Abwurf der ersten Atombombe auf Hiroshima erinnert sich der heute 84-jährige Toshio Hironaka an die Schrecken jenes Tages. Als Rechtswissenschaftler engagiert er sich seit Jahren für den Erhalt der japanischen »Friedensverfassung« und für die nukleare Abrüstung.

Als am Morgen des 6. August 1945 um 8.15 Uhr die Bombe über der Stadt detonierte, reparierte Toshio Hironaka, zum Fahrdienst eingezogen, seinen Lastwagen in Ujina, dem Hafen- und Industriegebiet im Süden Hiroshimas. Nur wenige Stunden später fuhr er mehrere Male die Strecke zum südlichen Rand des Explosionszentrums, um Verletzte einzusammeln und zum Hafen zu transportieren. Über Fotografien und Karten des zerbombten Hiroshima gebeugt, skizziert Hironaka seine Odyssee in den ersten Stunden nach der Detonation. Nur wenige, die er auf seinen Lastwagen lud, hätten den 6. August überlebt, befürchtet er.

Erst am Tag darauf konnte Hironaka aufbrechen, um in den Trümmern seinen Vater zu suchen. Den Blick auf verkohlte Leichen gerichtet, musste der damals 19-jährige Student die Hoffnung bald aufgeben.

Hironaka lebt heute im nordjapanischen Sendai. Als Überlebender und Zeuge der Ereignisse vom 6. August 1945 hat der renommierte Rechtswissenschaftler eine Schlussfolgerung gezogen: Japans »Friedensverfassung« muss bewahrt werden, und die Tokioter Regierung muss sich für nukleare Abrüstung einsetzen.

In einer Presseerklärung am Montag dieser Woche (2. Aug.) erklärte auch Tadatoshi Akiba, Bürgermeister von Hiroshima, er wolle sich dafür einsetzen, dass Japan im internationalen Engagement für nukleare Abrüstung und für die Reduzierung der Militärausgaben eine Führungsrolle übernimmt.

Zwar trat Japan 1976 dem Atomwaffensperrvertrag bei, doch da hatte es sich längst dem US-amerikanischen Atomwaffenschild untergeordnet, der die außen- und sicherheitspolitischen Grundlinien in Tokio und Washington mit Beginn des Kalten Krieges bestimmte und sie bis heute bestimmt. Bürgermeister Akiba will die japanische Regierung daher in konkreten Schritten zu einem Verzicht auf den Nuklearwaffenschirm und zur Einhaltung der nichtnuklearen Prinzipien bewegen.

Japan hatte versprochen, Nuklearwaffen weder herzustellen noch zu besitzen oder ins Land zu lassen. Im Zusammenhang mit Artikel 9 der japanischen Verfassung, in dem das Land auf das Recht der Kriegsführung und auf die Unterhaltung von Streitkräften verzichtete, bilden diese drei Prinzipien die Säulen der pazifistischen Nachkriegsordnung.

Professor Hironaka spricht sich vehement gegen den »Schutz« durch US-amerikanische Kernwaffen aus. »Als Opfer von Atombomben hat sich Japan gegen die Herstellung solcher Waffen ausgesprochen. Also muss man auch zum Schutz durch Atomwaffen nein sagen.« Stattdessen habe Tokio durch seine Politik die Atomwaffen legitimiert. Ein weiterer Beleg dafür seien geheime Zusatzprotokolle zum 1960 erneuerten Bündnisvertrag zwischen Japan und den USA, in denen Tokio der Einführung von Nuklearwaffen stillschweigend zustimmte. Trotz massiven Widerstands der Öffentlichkeit, erinnert sich Toshio Hironaka, wurde Tokio durch dieses Bündnis fest in die Sicherheitsarchitektur Washingtons eingebunden.

Die militärische Präsenz der USA in Japan sorgt seitdem wiederholt für innenpolitische und bilaterale Konflikte, wie die Kontroverse um die Verlegung des US-Luftwaffenstützpunkts Futenma auf der Insel Okinawa gezeigt hat, die im Frühjahr dieses Jahres zum Rücktritt von Premier Yukio Hatoyama führte.

Auch für Takashi Yamane, Experte für Sicherheits- und Verteidigungspolitik der Kommunistischen Partei Japans, ist ein Nein zu US-amerikanischen Atomwaffen eine historische Verpflichtung Japans. Besonders im Atomwaffensperrvertrag sieht Yamane das Potenzial für ein nachhaltiges internationales Engagement seines Landes, zumal dieser Prozess im Mai dieses Jahres – bei den Protesten gegen den Stützpunkt auf Okinawa – wieder an Dynamik gewonnen hat.

So wie Yamane fordert Katsuko Kataoka, Direktorin der japanischen Vertretung der Internationalen Ärzte für die Verhütung von Atomkriegen (IPPNW), dass die Tokioter Regierung in Sachen nuklearer Abrüstung Führungsstärke beweist.

Bisher haben sich Japans Regierungen jedoch zunehmend vom Nachkriegspazifismus distanziert. Bereits 1954 wurden unter der Bezeichnung »Selbstverteidigungskontingente« Streitkräfte gebildet. Spitzfindige Gesetzesauslegungen und Verfassungszusätze erlaubten diesen »Selbstverteidigungskontingenten« später auch die Teilnahme an »unbewaffneten« Friedensmissionen in Irak und an Hilfseinsätzen für die USA in Afghanistan.

Trotz der Verpflichtung, weniger als ein Prozent seines Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben, zählt Japans etwa 240 000 Mann starke Truppe heute zu den weltweit modernsten Streitkräften – getragen von einem Militärbudget in Höhe von jährlich 40 bis 45 Milliarden US-Dollar.

Besonders aus Anlass von Kontroversen mit China und Nordkorea werden in Nippon immer wieder Stimmen laut, die eine weitere Modernisierung des Militärs und eine Reform von Artikel 9 der Verfassung fordern. Vor allem die nukleare Bewaffnung der Koreanischen DVR seit 2006 hat bei Konservativen in Japan den Drang nach eigenen Atomwaffen verstärkt. Mit der Umwandlung seiner Militärbehörde in ein Verteidigungsministerium 2007 hat Japan angedeutet, dass es gewillt ist, seine militärische Handlungsfähigkeit auszubauen.

Bis heute kämpfen viele Überlebende der Atombombeneinsätze des Jahres 1945 um eine staatliche Anerkennung. Viele seien an Strahlungsrückständen erkrankt, erklärt Katsuko Kataoka, würden aber offiziell nicht als Opfer anerkannt. Amtlich zählt Japan etwa 226 000 Menschen, die an den Folgen der Bombenabwürfe leiden und über 70 Jahre alt sind. Doch trotz 2009 erlassener Richtlinien würden nicht einmal zwei Prozent der Überlebenden als Hibakusha registriert, beklagt Takashi Yamane.

Professor Hironaka meint, ein Engagement für den Erhalt der japanischen »Friedensverfassung« lasse sich heute nur noch schwer mit dem Begriff »Pazifismus« erklären. Der Krieg, wie er ihn in Hiroshima erleben musste, sei eine Verletzung der Menschenwürde. 65 Jahre nach Hiroshima und Nagasaki gebiete der Schutz der Menschenwürde den Verzicht auf Krieg und erst recht den Einsatz von Atomwaffen zur Lösung von Konflikten.

Neues Deutschland, 6. August 2010


Atomwaffen sind größte Bedrohung

Verhandlungen über globale Abrüstung nötig

Von Peter Strutynski


Es dauerte nur wenige Wochen vom ersten Atomtest im US-Bundesstaat New Mexico und bis zum ersten Praxistest in Hiroshima. Am 16. Juli 1945 war die im Manhattan-Projekt entwickelte Atombombe auf dem Testgelände bei Alamogoro gezündet worden. Die Explosion konnte nichts Definitives über die tödliche Wirkung aussagen. 20 Tage später detonierte eine Bombe mit dem niedlichen Namen »Little Boy« in Hiroshima, drei Tage später eine weitere namens »Fat Man« über Nagasaki.

Japan war zu dieser Zeit faktisch militärisch besiegt. Doch die USA fürchteten, die Sowjetunion könnte Einfluss auf die Nachkriegsordnung Japans beanspruchen. Der Atombombeneinsatz sollte die japanische Kapitulation beschleunigen und einen sowjetischen Kriegseinsatz verhindern. Zugleich sollten die Bomben der Sowjetunion als Mahnung gereichen: Seht her, wir verfügen über die tödlichste Waffe seit Menschengedenken und sind bereit sie einzusetzen!

Die UdSSR zog bald nach: 1949 mit der Atombombe, 1955 mit der Wasserstoffbombe. Das Gleichgewicht des Schreckens etablierte sein zweifelhaftes Angstregime des Kalten Krieges. Dazu kamen Großbritannien, Frankreich, später China als weitere offizielle Kernwaffenstaaten. Ihnen folgten Indien, Pakistan, Israel sowie Nordkorea mit eigenen größeren und kleineren Nuklearpotenzialen.

In den nächsten Jahren werden neue Staaten hinzu kommen – wenn nicht endlich Ernst gemacht wird mit der Abrüstungsverpflichtung aus dem Atomwaffensperrvertrag. Trotz zahlreicher Sonntagsreden über »Global Zero« (weltweit null) sind die Großmächte nicht bereit, mit gutem Beispiel voran zu gehen und ihre Arsenale wirklich auf null zu reduzieren. Wer Angst hat vor der iranischen Bombe, muss für einen atomwaffenfreien Nahen Osten antreten – so wie es die Überprüfungskonferenz in New York gefordert hat. Und wenn Iran nur auf den Verdacht hin, es könnte den Besitz von Nuklearwaffen anstreben, von der EU mit den schärfsten Wirtschaftssanktionen bestraft wird – wie müssen dann die Sanktionen gegen einen Staat wie Israel aussehen, der nachweislich seit Jahren über mehr als 200 Kernwaffen verfügt?

Es führt kein Weg an der atomaren Abrüstung vorbei, die zunächst jene Staaten beschreiten müssen, die diese Waffen haben. Der 6. und der 9. August dürfen deshalb keine Tage des ritualisierten Gedenkens werden, sondern sie müssen Anstöße zur politischen Gegenwehr gegen die Atommächte liefern. So versteht die Friedensbewegung die Aktionen von über 90 Initiativen zum Hiroshima-Tag. Sie reichen vom Fahrradmarathon in Heilbronn über nächtliche Lichterdemonstrationen bis zu Aktionen auf öffentlichen Plätzen und an Gedenkorten (z.B. Hiroshima-Park in Kiel, Hiroshima-Ufer in Kassel).

Die Hauptforderung der Friedensbewegung an die Atomwaffenstaaten lautet: Verhandelt endlich über eine Nuklearwaffenkonvention mit dem Ziel »Global Zero«! Und an die Bundesregierung: Verlangen Sie von Barack Obama ultimativ den Abzug der US-Atomwaffen von deutschem Boden!

Der Autor ist Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag

Neues Deutschland, 6. August 2010


Als müsste ihr die Brust zerspringen

Sadae Kasaoka, eine Überlebende aus Hiroshima, erzählt ihre Geschichte

Von Till Mayer


Frau Sadae Kasaokas Ort des Erinnerns ist unscheinbar. Nicht so beindruckend wie die Ruine des Friedensdenkmals im Herzen der Stadt, dessen Kuppel aus Stahlträgern Ehrfurcht lehrt. Nicht so ergreifend wie der grasbewachsene Hügel im »Peace Memorial Park«, der die Asche von 70 000 Menschen birgt. Es ist ein Flussabschnitt mit hohen Dämmen links und rechts. Dahinter reihen sich Hochhäuser, durch einen dünnen Grünstreifen und Straßenasphalt vom Wasser getrennt.

Frau Kasaoka kann nicht einmal sicher sein, dass dies der richtige Ort zum Erinnern ist. Verloren steht sie auf dem Damm, blickt ihn entlang, auf der Suche nach einem Zeichen aus der Vergangenheit. Sie kann keines mehr entdecken.

»Früher, zu meiner Kindheit, sah hier alles anders aus. Nicht diese hohen Dämme und Häuser«, erzählt die alte Dame. Ein Nachbar will hier ihre Mutter zuletzt gesehen haben, damals am 6. August 1945, nachdem die Bombe auf ihre Heimatstadt gefallen war. Als ein gigantischer Feuersturm über das Stadtzentrum brauste. Ihre Mutter muss schwerste Verbrennungen erlitten haben. Sie befand sich nahe dem Hypozentrum. In dem Chaos nach der Explosion wurde sie von ihrem Mann getrennt.

Zeit heilt nicht alle Wunden

»Ohne jedes Wissen, was aus ihrem Mann und ihren Kindern geworden ist. Keinen Abschied nehmen zu können, wie muss das meine Mutter gequält haben. Mir selber tut es weh, wenn ich daran denke«, erklärt Sadae Kasaoka.

Es sind Augenblicke der Erinnerung, in denen Frau Kasaoka meint, ihre Brust müsste einfach zerspringen. Weil es sie wundert, dass so viel Schmerz dort Platz findet. Nach all den Jahren, das hat sie gelernt, wird Trauer nicht weniger. Zeit heilt nicht alle Wunden. Besonders wenn das Schicksal selbst einen Abschied verwehrt.

Frau Kasaoka hatte nicht die geringste Chance, ihre Mutter zu finden. Sie musste sich um ihren Vater kümmern, der bis zur Unkenntlichkeit verbrannt war. Ihr älterer Bruder brachte ihn auf einer Schubkarre zum schwer beschädigten Haus der Familie. Der junge Mann hatte die ganze Stadt abgesucht, um auch seine Mutter zu finden. So weit es im Chaos ging, so weit es die Flammen zuließen. Das Feuer, das nicht aufhörte zu brennen, bevor das ganze Stadtzentrum eingeäschert war. 70 000 von 76 000 Gebäuden wurden zerstört oder beschädigt. Vermutlich 70 000 bis 90 000 Menschen starben in unmittelbarer Folge, als die Bombe in 580 Meter Höhe über einem Krankenhaus zündete: als ein Feuerball mit einer Innentemperatur von über einer Million Grad Celsius. Mit 3000 bis 4000 Grad Celsius Hitze tobte das Feuer infolge der Explosion über Straßen, Häuser, Bäume und Menschen.

Durch die Verstrahlung und die Folgen ihrer Brandverletzungen kamen in den folgenden Wochen weitere Zehntausende ums Leben. Bis Jahresende 1945 stieg die Zahl der Bombenopfer auf schätzungsweise 140 000. Bis heute sterben »Hibakushas«, die Atombombenüberlebenden, an Krebserkrankungen, die auf die Strahlenkontamination zurückzuführen sind. Im Register der Atombombenopfer stehen 263 945 Namen.

Frau Kasaoka denkt beim Atombombenabwurf weniger an Zahlen als an Gesichter vertrauter Menschen, die ihr plötzlich fremd waren. »Hätte ich nicht seine Stimme gehört, ich hätte meinen eigenen Vater nicht erkannt. Sein Gesicht war völlig geschwollen, seine Kleidung verbrannt, sein Körper völlig schwarz und glänzend«, erinnert sie sich. Sie braucht eine Pause, bevor sie weitererzählen kann.

Als die Bombe explodierte, stand sie nahe dem Fenster ihres Elternhauses, 3,8 Kilometer vom Hypozentrum entfernt. Durch Zufall hatte sie einen Tag vom Arbeitsdienst frei. Am nächsten Tag sollte sie in einer Rüstungsfabrik ihren Einsatz beginnen. »Das Glas des Fensters färbte sich in ein tiefes Rot, nein es war eine Mischung aus Orange und dem Licht der aufgehenden Sonne. Dann barst das Fenster«, erklärt die 78-Jährige. Es grenzt an ein Wunder, dass die damals 13-Jährige Sadae nur einige Schnittwunden erlitt.

Die Verbrennungen ihres Vaters gingen dagegen tief. Löst sich die verkohlte Haut, sieht darunter das rote Fleisch hervor. »Es war ein so schrecklicher Anblick. Es stank, die Fliegen kamen und setzten sich auf die Wunden. Bald begannen die Maden darin zu kriechen«, sagt Frau Kasaoka. Die Rentnerin streckt beim Erzählen kurz hilflos die Arme aus, wirkt für einen Augenblick wieder wie das Schulmädchen Sadae: ohne Medikamente, ohne Salben für ihren Vater. Ein Mädchen, das mit ihren 13 Jahren nicht weiß, wie es in solch einer Situation bestehen soll.

Nur Asche und Haare als Erinnerung

Ihr Vater fragte nach seiner Frau, bat immer wieder um Wasser. Doch in der Stadt hieß es, man dürfe den »Verbrannten« nichts zu Trinken geben, weil sie sonst sterben. »Das war Unsinn. Bis heute bedauere ich, dass ich ihm nichts gegeben habe. Wie hat er deswegen noch leiden müssen.«

Frau Kasaoka senkt den Kopf, berichtet, wie sie Tomaten und Gurken erntete. Sie wollte aus Gemüse und Kartoffeln einen Brei machen, um ihn zur Kühlung auf das verbrannte Fleisch zu legen. Dabei sah Teenager Sadae »Geister« schweigend am elterlichen Feld vorbeiziehen. Eine Gruppe völlig weißer Gestalten, von deren Armen und Beinen eigenartige Fetzen herabhingen. Erst später verstand das Mädchen, dass es Bombenopfer waren. Von der Asche wie mit Puderzucker bestäubt, die herabhängenden Fetzen, das war verbrannte, sich schälende Haut.

Am 8. August starb der Vater. Den Leichnam verbrannten sie am Strand mit Holz, das sie aus Ruinen gezogen hatten. Links und rechts von ihnen stieg weiterer Rauch auf. Der Tod roch nach verbranntem Fleisch. Und ein 13-jähriges Mädchen hoffte vergebens, dass der Albtraum endet. Bis heute ist die alte Frau davon überzeugt, damals Irrlichter gesehen zu haben: »Sie sahen wie Seelen von Toten aus. Die Atombombe raubte jäh das Leben so vieler Unschuldiger und mit ihnen all ihre Träume und Hoffnungen.«

Nicht viel später erfuhr sie das Schicksal ihrer Mutter. Sie soll auf die vorgelagerte Insel Ninoshima evakuiert worden sein. Dort stand der Name der Gesuchten auf einer Liste. Sie starb am gleichen Tag wie ihr Mann. Sadeas Bruder kam mit Asche und Haaren von der Insel zurück. Die Asche war vermengt mit der von unzähligen anderen, die gleichzeitig auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden waren. »Wir wussten nicht einmal, von welchen Menschen die Asche stammte«, sagt die 78-Jährige.

Für Sadae ging das letzte Stück ihrer alten Welt unter. Ein Jahr später bekam das Mädchen einen Hautausschlag, dann drei schwarze Einbuchtungen in ihrem Arm, die für Monate nicht heilten. Sie hatte Angst, wie so viele andere zu sterben. Denn die Überlebenden begriffen, dass es nicht nur das Feuer vom Himmel war, das ihnen das Leben und die Kraft raubte. Die Spuren auf der Haut verschwanden, aber sie litt weiter an Blutarmut.

Andere Wunden vernarbten nur langsam. Das junge Mädchen vermisste seine Eltern. Sadaes Jugend war freudlos, ein Trümmerfeld wie ihre Heimatstadt. Sie wohnte bei ihren Großeltern, musste wenigstens nicht in einem Waisenhaus leben wie so viele andere Kinder und Jugendliche. »Es waren grausame Jahre«, erinnert sie sich.

Frau Kasaoka absolvierte die Oberschule und blieb in ihrer Stadt. In einer Stadt, in der schwarze Flecken auf einer Granitstufe anzeigen, wo ein Mensch gesessen hat, als ein gleißender Blitz seinen Schatten in den Stein schrieb. In der alles voller trauriger Erinnerungen ist. In der fast alle Bäume neu gepflanzt werden mussten, weil die alten den Feuersturm nicht überstanden hatten.

Wohin hätte sie sonst auch gehen können. »Hibakushas« wurden im Nachkriegsjapan bedauert, aber nicht unbedingt gerne in Firmen eingestellt. »Wer die Bombe überlebt hatte, der galt als besonders anfällig für Krankheiten. Es ist traurig, das sagen zu müssen, aber wir wurden regelrecht diskriminiert«, ärgert sich Frau Kasaoka.

Hibakusha zu sein war ein Makel

Die junge Frau musste Demütigungen erfahren: bei der Arbeitssuche, bei der Suche nach einem Bräutigam. »Für Männer war ich als Hibakusha als Ehefrau völlig unakzeptabel, wie ein Mensch mit Makel.« Sie blieb und sah, wie ihre Stadt langsam und dann mit immer schnelleren Schritten wiedererstand, wuchs und gedieh.

Endlich kam wieder Glück in das Leben der jungen Frau. Mit 25 Jahren heiratete sie. Das Paar bekam zwei Kinder. Eine kleine Familie, manchmal dachte Frau Kasaoka, ihr Herz müsste vor Stolz zerspringen.

Das Glück war jedoch nicht von Dauer. Ihr Mann war wie sie ein Hibakusha. Mit 35 Jahren starb er an Krebs. Vermutlich Spätfolgen der Strahlung. Fassungslos musste Frau Kasaoka selbst erfahren, dass sich die Bombe nach Jahren weiter ihre Opfer holt. Als Angestellte verdiente die junge Witwe nun den Unterhalt ihrer Familie. »Es war schwer, sehr schwer.«

»Ich habe lange gebraucht, bis ich mich vor wenigen Jahren entschlossen habe, meine Geschichte weiterzugeben. Es schmerzt, sie zu erzählen, aber es ist wichtig dass es jeder hört: Die Atombombe ist die Ausgeburt des Bösen. Es gibt nichts, gar nichts, das ihren Einsatz und ihren Besitz rechtfertigt. Ich kann nicht verstehen, warum die Amerikaner sie nicht auf unbewohntes Gebiet geworfen haben. Wir hätten doch trotzdem ihre Sprengkraft gesehen. Und wie konnten sie nur eine zweite Bombe werfen?« Bis heute hat sich keine USA-Regierung bei den Opferfamilien entschuldigt, bedauert Frau Kasaoka: »Immer wieder frage ich mich: Was fühlten die Verantwortlichen damals, als sie den Befehl zum Abwurf gegeben haben?«

Das Telefon klingelt. Ihr jüngerer Bruder ist am anderen Ende. Eine kurze Diskussion. »Wissen Sie, mein Bruder sagt, unsere Mutter kann niemals an diesem Flussabschnitt gelegen haben. Weil es von hier keine Evakuierungen nach Ninoshima gegeben haben soll. Er nennt einen anderen Ort. Aber ich kann es fühlen, glaube es fest. Sie war hier und hat auf dieses Wasser geblickt und an uns gedacht.«

Neues Deutschland, 6. August 2010


Appell aus Hiroschima

Konferenz in Japan: 65 Jahre nach dem ersten Atombombenabwurf sind Ächtung und Abschaffung der Massenvernichtungswaffe dringender denn je

Von Reiner Braun *


Die Abschaffung der Atomwaffen steht wieder und grundsätzlicher als jemals zuvor auf der Agenda der internationalen Politik, trotz der enttäuschenden Ergebnisse der Konferenz zum Atomwaffensperrvertrag im Mai 2010 in New York. Das war der einheitliche Tenor eines internationalen Kongresses vom 2. bis zum 4.August in Hiroschima. An ihr nahmen mehr als 300 Aktivisten aus 27 Ländern teil.

Sie zeichneten ein anderes Bild von der Weltlage, als es die europäische Perspektive vermittelt, und machten bewußt, wie groß aktuell die Gefahr des Einsatzes von Nuklearwaffen in Asien ist. So berührt der Konflikt in und um Korea immer auch die Frage, bei welchem Grad an Zuspitzung vor allem die USA bereit sind, Atomwaffen einzusetzen. Aber auch: Wie weit treibt Nordkorea seine verbale Atomwaffenkriegsrabulistik? Wann wird von Provokationen, die auch zur innenpolitischen Ablenkung besonders in Südkorea dienen, wieder auf Diplomatie und Entspannung gesetzt?

Wettrüsten

In Südasien belauern sich Pakistan und Indien mit Atomwaffen und sichern ihre eigenen Einflußsphären nicht nur in Afghanistan, sondern auch in Nepal und weiteren angrenzenden Staaten auf Kosten des anderen ab. Beide Länder versuchen, durch Wettrüsten Überlegenheit zu gewinnen. Allein deswegen wächst die Kriegsgefahr – auch die eines atomaren Schlagabtausches. Terroranschläge können hier schnell zu einer Eskalation führen.

Zugleich bauen die USA ihre atomar bestückten Militärbasen in der Region massiv aus. Okinawa, die Philippinen, Guam sind nur einige Stichworte. Überall wehrt sich die Bevölkerung, die Friedensbewegungen leisten in diesen Ländern oft unter schwierigen undemokratischen Bedingungen eine intensive Aktions- und Aufklärungstätigkeit. Ihre Berichte und Erfahrungen gehörten zu den Höhepunkten in Hiroschima.

Beeindruckend auch die Hibakushas, die Überlebenden der Atombombenabwürfe von 1945. Seit 65 Jahren streiten sie gegen die Massenvernichtungswaffen. Sie mußten bis zum Jahr 2009 – unterstützt von der japanischen Sektion des »Internationalen Verbandes von Juristen gegen Atomwaffen« (IALANA) – für die rechtliche Anerkennung als Kriegsopfer und für einen finanziellen Ausgleich kämpfen. Ihre Berichte waren und sind erschütternde Dokumente der Folgen des verbrecherischen Einsatzes dieser Waffen. Ihr »Nie wieder!«, aber auch ihr Mut und ihre Beharrlichkeit sind Zeugnisse eines unermüdlichen Engagements, das keinen Kongreßteilnehmer unbewegt ließ.

Insgesamt vermittelte die Konferenz den Eindruck neuer Stärke der Anti­atomwaffenbewegung. Es scheint, als bilde sich ein Potential heraus, das politischen Einfluß erlangen kann. Dazu gehören vielfältige politische Kräfte aus den Staaten des Südens, aus den Schwellenländern. Dazu zählen die Friedensbewegungen der einzelnen Länder und globale Zusammenschlüsse, aber auch die immer lautstärker auftretenden besorgten früheren Minister und Regierungschefs, die sich für das Verbot der Atomwaffen einsetzen. Hinzu kommen atomwaffenkritische Militärs und Diplomaten und sogar einige Staaten des Westens. Der US-amerikanische Friedensaktivist Joe Gerson legte in seiner Rede eindrucksvoll dar, daß diese Entwicklung bis weit ins konservative politische Lager dazu geführt hat, daß Atomwaffen heute ein »dirty word – ein schmutziges Wort« sind.

Kriegstreiber

Das Ziel – die völlige Beseitigung – ist aber noch in weiter Ferne. Roland Nivet vom »Mouvement de la Paix« in Frankreich wies darauf hin, daß jene Kräfte, die auf Besitz von Nuklearwaffen und Drohung mit ihnen beharren, die sogar an deren Modernisierung festhalten, stark sind. Der Gewerkschafter Ancheta Bustillos von den Philippinen benannte klar ein Haupthindernis: »Ihr müßt an die NATO ran, den Kriegstreiber und Atomwaffenfetischisten per se.«

Mehrere Redner machten in ähnlicher Weise darauf aufmerksam, wo die Rüstungs- und Kriegsfanatiker sitzen, die jeden Fortschritt verhindern: in den Vereinigten Staaten. Die Fakten der US-Politik besagten etwas anderes, hieß es, als alle Erklärungen über Abrüstung von US-Präsident Barack Obama. Alle Staaten, die über Atomwaffen verfügen, so die einhellige Auffassung, wollen sie als Zeichen ihres Anspruchs auf globale Dominanz behalten.

Das Fazit der Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer lautete übereinstimmend hoffnungsvoll: Wir haben das Thema Abschaffung aller Atomwaffen auf die Tagesordnung der internationalen Politik gebracht. Wir haben Regierungen dazu bewegt, die Nuklearwaffenkonvention nicht mehr als utopisch und unrealistisch zu verdammen. Wir werden auch die gesellschaftlichen Mehrheiten gewinnen, die die Beseitigung der Atomwaffen ermöglichen werden, und zwar, wie eine ältere Teilnehmerin aus Korea sagte: »Zu meinen Lebzeiten«. Analog erklärte ihr Landsmann UN-Generalsekretär Ban Ki Moon vor seiner Ankunft in Hiroschima, er werde das noch erleben. Er ist 72 Jahre alt.

Ihre Fortsetzung fand die internationale Konferenz in einem nationalen Friedenskongreß in Hiroschima. An der Eröffungsveranstaltung nahmen mehr als 7500 Menschen teil. Allein diese enorme Zahl zeigt: In Japan bewegt das Thema Frieden und Atomwaffen– anders als in der Bundesrepublik– nach wie vor einen großen Teil der Bevölkerung, ist tief verankert.

* Der Autor nimmt für die deutsche Sektion der IALANA und für das »Internationale Netzwerk von Ingenieuren und Wissenschaftlern für globale Verantwortung« (INES) an den Konferenzen in Hiroschima teil.

junge Welt, 6. August 2010


Erklärung der Weltkonferenz gegen Atomwaffen 2010

Wir dokumentieren Auszüge aus der Resolution der Internationalen Konferenz gegen Atom- und Wasserstoffbomben vom 2. bis 4. August in Hiroschima:

(…) Die Doktrin der »nuklearen Abschreckung« ist ein wesentliches Hindernis bei der Verwirklichung einer atomwaffenfreien Welt. Wir fordern den Verzicht auf die Doktrin des atomaren Erstschlags. Weiterhin fordern wir ein Verbot des Einsatzes von Atomwaffen. Wir lehnen den Aufbau und die Modernisierung der nuklearen Arsenale ab. Raketenabwehrsysteme, die entwickelt wurden, um die Vorbereitung für den Erstschlag zu unterstützen, lehnen wir ebenfalls ab. Darüber hinaus fordern wir den Abzug von Atomwaffen aus ausländischen Land- und Seegebieten. Wir unterstützen die Entwicklung und die Ausweitung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen Osten und in anderen Gebieten. Das Problem der nuklearen Entwicklung Nordkoreas muß mit den friedlichen Mitteln des Dialogs gelöst werden, dazu gehören die Sechs-Parteien-Gespräche über die Abrüstung der koreanischen Halbinsel.

Wir lehnen Krieg, Aggression sowie die Androhung und Benutzung von Gewalt ab. Wir lehnen die Besetzung des Irak und den Militäreinsatz in Afghanistan ab. Wir rufen zur Achtung der Staatssouveränität und zum Abzug aller ausländischen Truppen auf. Wir stehen solidarisch mit dem palästinensischen Volk für seine Rechte als Nation. Wir weiten unsere Solidarität auf alle Bewegungen aus, die ausländische Militärbasen ablehnen und deren Beseitigung fordern. Wir lehnen militärische Bündnisse ab, die potentielle Gegner voraussetzen wie z. B. die NATO und der Vertrag über gegenseitige Kooperation und Sicherheit zwischen Japan und den USA, und unterstützen eine neue, friedliche Weltordnung, die auf der Charta der Vereinten Nationen basiert.

Nicht länger soll nur eine Handvoll großer Mächte die Welt beherrschen. Wir stehen an der Schwelle einer neuen Welt, in der alle Länder das Völkerrecht beachten, ihre Funktionen gleichberechtigt ausüben und durch aktive Teilnahme der Gesellschaft unterstützt werden. (...)

junge Welt, 6. August 2010



Achieving nuclear-weapon-free world is possible, Ban tells Hiroshima ceremony

6 August 2010 – Standing shoulder to shoulder with survivors of the bombing of Hiroshima, a deeply moved Secretary-General on Friday paid respect to all those who perished there 65 years ago and stressed that the time has come to realize the dream of a world free of nuclear weapons.

“A more peaceful world can be ours,” Ban Ki-moon said in remarks to the Hiroshima Peace Memorial Ceremony held in Japan.

Mr. Ban, the first UN Secretary-General to take part in the ceremony, was one year old when the atomic bombs fell on Hiroshima and Nagasaki in August 1945, resulting in the deaths of more than 200,000 people.

More than 400,000 more people have died – and are continuing to die – since the end of the Second World War from the impacts of those bombs.

“Only later in life could I begin to understand the full dimension of all that happened here,” said the UN chief.

Mr. Ban has made nuclear disarmament and non-proliferation a top priority, and put forward a five-point plan in 2008 that includes recommendations on increasing security, verification, establishing a legal framework for nuclear disarmament, transparency and conventional weapons.

“Our moment has come,” he said, noting recent progress on the issue, including new leadership from the most powerful nations, new engagement in the Security Council, and new energy from civil society.

At the same time, it is vital to keep up the momentum, he said, adding that he will convene a Conference on Disarmament in New York in September, where he will push for negotiations towards nuclear disarmament.

He also highlighted the need for disarmament education in schools, including translating the testimonies of the survivors in the world's major languages, as well as teaching that “status and prestige belong not to those who possess nuclear weapons, but to those who reject them.”

The Secretary-General arrived in Hiroshima after spending what he described as “a profoundly moving day” in Nagasaki, where he toured the Atomic Bomb Museum and met with a number of survivors. He also laid a wreath at the monument located at ground zero, and visited a separate memorial for Korean victims.

He said his visit to Nagasaki had strengthened his conviction that nuclear weapons must be outlawed, and he urged all nations to support his five-point action plan and agree to negotiate a nuclear weapons convention at the earliest possible date.

“Together, we are on a journey from ground zero to Global Zero – a world free of weapons of mass destruction. That is the only sane path to a safer world.

“Let us realize our dream of a world free of nuclear weapons so that our children and all succeeding generations can live in freedom, security and peace,” Mr. Ban stated.

Source: UN News Centre, 6 August 2010; ww.un.org


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