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Raus aus Afghanistan - Kriegsdrohungen gegen Iran stoppen - Bundeswehr darf nicht zur Interventionsarmee werden

Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag zum Antikriegstag 2010

  • Friedensbewegung und Gewerkschaften gemeinsam
  • Zahlreiche Aktionen im ganzen Land
  • Gegen Afghanistan-Krieg und Bundeswehrreform
  • Nazi-Aufmarsch verhindern!
Kassel, 30. August - Die politischen Übereinstimmungen zwischen Gewerkschaften und Friedensbewegung waren lange nicht mehr so groß wie in diesem Jahr, stellte der Bundesausschuss Friedensratschlag in einer Erklärung zum Antikriegstag (1. September) fest. Die über 150 Veranstaltungen im ganzen Land sind ein deutlicher Beweis für den wachsenden Protest gegen den Kriegs- und Aufrüstungskurs der Bundesregierung.

Zum traditionellen Antikriegstag am 1. September, dem Jahrestag des Überfalls der deutschen Wehrmacht auf Polen, womit 1939 der Zweite Weltkrieg entfesselt wurde, rufen Gewerkschaften und Friedensgruppen im ganzen Land zu Veranstaltungen und Aktionen auf. Das Spektrum reicht von Informationsveranstaltungen und Podiumsdiskussionen über Mahnwachen und Info-Stände bis zu Kundgebungen. In einem zentralen Aufruf des DGB werden die zentralen Forderungen der Friedensbewegung angesprochen: "Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Keine Auslandseinsätze!"

Im Mittelpunkt zahlreicher Veranstaltungen steht der Afghanistankrieg. Nach Auffassung von Gewerkschaften und Friedensbewegung muss er beendet werden, die Bundeswehr umgehend abgezogen werden, damit ziviler Wiederaufbau eine Chance erhalten. Ein im Sommer gestarteter gemeinsamer Aufruf der großen Friedensorganisationen ("Den Krieg in Afghanistan beenden - zivil helfen") wird bei den Aktionen zur Unterschrift ausliegen. Die Kriegsgegner wollen damit der breiten Ablehnung des Krieges in der Bevölkerung eine Stimme verleihen.

Viele Friedensgruppen und -organisationen nutzen die Aktivitäten zum Antikriegstag dieses Jahr auch zum Gedenken an das Massaker von Kunduz vor einem Jahr. Am 4. September 2009 waren auf Befehl eines deutschen Offiziers zwei Tanklastzüge in der Nähe von Kunduz bombardiert worden; dabei starben ca. 140 Menschen, darunter mindestens 100 Zivilisten. In einer Erklärung des Friedensratschlags zum Tag des Gedenkens an die Opfer von Kunduz heißt es: "Die Bundeswehr wird durch unverantwortliche Regierungs- und Parlamentsbeschlüsse immer tiefer in die Verbrechen des Afghanistankrieges verstrickt. Auch sie tötet Unschuldige. Sie erhöht die Anzahl ihrer Truppen und verstärkt die Kriegshandlungen." Am 4. September werden in zahlreichen Städten Mahnwachen zur Erinnerung an das Kunduz-Massaker stattfinden.
[Hier geht es zum Kunduz-Aufruf des Friedensratschlags: "Schluss mit dem sinnlosen Sterben in Afghanistan"]

Der Bundesausschuss Friedensratschlag warnt aber auch vor einer weiteren Zuspitzung in dem Konflikt mit dem Iran. Es gibt nach wie vor einflussreiche Kreise im Westen, insbesondere in den USA und Israel, die auch vor einem Krieg gegen Iran nicht zurückschrecken. Solchen Abenteurern gilt es rechtzeitig das Handwerk zu legen. Wer wirklich daran interessiert ist, dass der Iran nicht in den Besitz von Atomwaffen kommt, muss dafür sorgen, dass der Beschluss der New Yorker Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag vom Mai 2010 umgesetzt wird: Der Nahe Osten soll zu einer atomwaffenfreien Zone werden. Dazu gehört auch Israel, das sich von seinen vermuteten 250 Atomsprengköpfen verabschieden müsste.

Verteidigungsminister zu Guttenberg hat mit seiner Initiative zu einer radikalen Reform der Bundeswehr nicht nur Beifall und Kritik von den etablierten Parteien sowie vom Bundeswehrverband erhalten. Die Friedensbewegung und der DGB reagieren mit lautstarkem Protest. Beim DGB heißt es: "Wir fordern Regierung und Parteien auf, den Umbau der Bundeswehr zur weltweit aktiven Interventionsarmee zu stoppen und an der Wehrpflicht festzuhalten." Der Friedensratschlag und mit ihm die überwiegende Zahl bundesweiter, regionaler und lokaler Friedensorganisationen lehnen demgegenüber nicht nur den Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee ab, sondern weinen der Wehrpflicht keine Träne nach. Sie diente schon bisher lediglich als Rekrutierungsbasis für länger dienende Zeitsoldaten. Sie ist schon lange keine Garantie mehr für die Beibehaltung des "Leitbilds des 'Staatsbürgers in Uniform'", wie der DGB formuliert.

Als eine besondere Provokation empfindet es die Friedensbewegung, wenn am 4. September die Alt- und Neonazis in Dortmund zu einem "nationalen Antikriegstag" aufrufen. Dagegen ist breiter demokratischer Widerstand notwendig. Der Friedensratschlag unterstützt die Aktion "Dortmund stellt sich quer" und hofft, dass der braune Aufmarsch verhindert werden kann. Es ist ein abgeschmackter Gipfel der Heuchelei, wenn ausgerechnet die Neonazis, die aus ideologischen Gründen immer den Krieg verherrlicht haben, nun so tun, als hätten sie etwas mit der Antikriegsbewegung gemein. Dieses Täuschungsmanöver darf nicht gelingen.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski, Kassel


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