"Keine vollwertige Zivilklausel - aber ein Schritt in die richtige Richtung"
Uni Freiburg nimmt in ihre Grundordnung eine Berichtspflicht des Rektors auf über militärische Forschung auf - Erklärung des AStA
Am 29. Januar 2014 nahm der Senat der Uni Freiburg folgende Formulierung in die Grundordnung der Universität auf:
"Unter Wahrung der Wissenschaftsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 Grundgesetz (GG) sind Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung auf friedliche Ziele ausgerichtet. Das Rektorat unterrichtet den Senat und den Universitätsrat jährlich durch einen Bericht über die Einhaltung der
Zielsetzung nach Satz 1; der Bericht ist in geeigneter Weise öffentlich
zugänglich zu machen. Bericht und Unterrichtung der Öffentlichkeit nach
Satz 2 müssen die Rechte Betroffener und Dritter, insbesondere die
Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG) und das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1
Abs. 1 GG) wahren."
Im Folgenden dokumentieren wir eine Erklärung des AStA hierzu.
Zivilklausel gefordert, Berichtsplicht bekommen – dennoch ein Schritt in die richtige Richtung
Die Studierendenvertretung begrüßt die Aufnahme einer Berichtspflicht des Rektors über militärische
Forschung an der Universität in die Grundordnung. Diese wurde, auf langjährige studentische
Initiative hin, in der heutigen Senatssitzung vom 29. Januar 2014 einstimmig beschlossen.
Schon seit langem forderte die Studierendenvertretung die Einführung einer echten Zivilklausel in die
Grundordnung, durch welche sich die Universität klar zu ausschließlich ziviler Forschung und gegen
die Kooperation mit Rüstungsunternehmen oder auch dem Militär positionieren sollte. Als "Verfassung"
der Universität ist die Grundordnung das oberste Leitwerk für alle zentralen und dezentralen
Einrichtungen der Universität.
"Was heute verabschiedet wurde, ist in unseren Augen keine vollwertige Zivilklausel", stellt Rebecca
Leins, Vertreterin der Studierendenvertretung im Senat, fest. Von Seiten der Studierenden kann dies
also nur als Kompromisslösung angesehen werden. Zwar gibt es durch die jährliche Berichtspflicht
für die Rektorin oder den Rektor nun ein gewisses Maß an Transparenz. "Uns fehlt jedoch weiterhin
eine klare und verbindliche Positionierung der Universität in Form von Sanktionsmechanismen", sagt
Anne Schäfer, Sprecherin der studentischen Mitglieder im Senat. "Nur dadurch kann sichergestellt
werden, dass die Vorgaben der Grundordnung auch eingehalten werden", ergänzt Charlotte Großmann,
ebenfalls studentische Vertreterin im Senat.
Die Studierendenvertretung fordert daher weiterhin "[...] eine klare zivile und friedliche Ausrichtung
der gesamten Universität. Insbesonders muss eine Selbstverpflichtung in Form einer starken Zivilklausel
umgesetzt werden [...]." Siehe Protokoll des Studierendenrates vom 07.01.2014 [im Kasten weiter unten]
Dennoch ist die beschlossene Änderung der Grundordnung ein erster Schritt in die richtige Richtung. Dem stimmt auch Julian Zimmer vom Vorstand der Studierendenvertretung zu: "Es wird Zeit, dass
sich die Uni zu ihrer gesellschaftlichen Verpflichtung bekennt und den Frieden aktiv voran treibt."
Freiburg, den 30.01.2014
StuRa Positionsantrag
Einreicher: Die Linke.SDS Freiburg, CampusGrün Freiburg, AgD, Jusos HSG
Grundsatzpositionierung der Studierendenschaft für eine friedliche
Universität
Antragstext:
Die öffentlichen Hochschulen sollen in ihrer Lehre und Forschung dazu beitragen
gesellschaftliche Konflikte zu erörtern und zu lösen, die Ursachen von Krieg und
Frieden zu erforschen sowie Strategien friedlicher Konfliktlösungen zu Entwickeln
und für internationale Zusammenarbeit eintreten. Eine öffentliche und
demokratische Wissenschaft darf nicht zur Entwicklung und Produktion von
Militärgütern beitragen, jegliche Forschung die bisher in diese Richtung stattfindet
muss offengelegt werden.
Deswegen fordert die Studierendenschaft eine klare zivile und friedliche
Ausrichtung der gesamten Universität. Insbesonders muss eine
Selbstverpflichtung in Form einer starken Zivilklausel umgesetzt werden, in der jegliche Unterstützung für militärische Forschung und Rüstungsforschung
untersagt wird und die ALU sich dazu verpflichtet Forschung und Lehre nur für friedliche und zivile Zwecke zu betreiben. Dabei muss auch das Miteinbeziehen von Personal und Vertreter*innen des Militärs und der Rüstungsindustrie in die Lehre unterbleiben.
Die Studierendenvertretung und deren Gremien und Organe bekennen sich in
ihrer Arbeit zu dieser Grundsatzposition.
Begründung:
Bildung und Wissenschaft stehen in der Verantwortung, zur Lösung der
drängenden gesellschaftlichen Probleme beizutragen und für menschenwürdige
Lebensverhältnisse und Frieden weltweit zu forschen. Die Universitäten sollten
und können Kriegs- und Friedensursachen ergründen, Strategien ziviler
Konfliktlösungen entwickeln und für internationale Zusammenarbeit und
Völkerverständigung eintreten.
Dem steht entgegen, dass Rüstungsunternehmen und Militär in alle Bereiche der
Forschung drängen: Die Informationsstelle Militarisierung Tübingen listet allein 60 zivile deutsche Hochschulen auf, an denen sich Wissenschaftler*innen mit
wehrtechnischen und wehrmedizinischen Fragestellungen befassen.
Die Freiheit der Wissenschaft entbindet nicht von der sogenannten Treue zur Verfassung. Die im Grundgesetz festgeschriebene Würde des Menschen, die Friedensfinalität und das Sozialstaatsgebot sind nicht losgelöst von der Wissenschaftsfreiheit. Sie bilden eine Einheit – und zwar aus guten Gründen: Sowohl das Grundgesetz als auch die darin verankerte Wissenschaftsfreiheit sind
Konsequenzen aus der Einsicht und dem Vermächtnis „Nie wieder Krieg, nie
wieder Faschismus“. Wissenschaft darf nie wieder für menschenwidrige
Partikularinteressen in Dienst genommen werden.
Die Abhängigkeit der Forschung von privaten Geldgeber*innen widerspricht
dagegen tatsächlich der Wissenschaftsfreiheit. Frieden und eine zivile
Orientierung der Wissenschaft sind dagegen keine Partikularinteressen, sondern liegen im Menschheitsinteresse und stellen daher keine Einschränkung dar.
Der gesellschaftliche Bedarf für bestimmte Innovationen und die wissenschaftlichtechnischen
Möglichkeiten, diese zu entwickeln, entstehen nicht erst dadurch,
dass das Militär oder die Rüstungsindustrie diesen Bedarf artikuliert. Es hat zwar zivile Abfallprodukte durch Entwicklungen im militärischen Bereich gegeben – wie
der Vorläufer des World Wide Webs. Aber es waren ausgesprochen teure
Nebenprodukte, deren Entwicklung für den zivilen Bereich auf Umwegen verlief. Ein gezielter Einsatz der gleichen Ressourcen zur Entwicklung von Produktivkraft
und Technologie im zivilen Bereich würde sehr viel schneller, produktiver, für die
Beteiligten erfreulicher und mit eindeutigem humanen Nutzen Erfolg bringen.
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