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Spaniens Monarchie wankt

Königstochter Cristina wegen Verdachts auf Steuerbetrug vorgeladen

Von Ralf Streck, Madrid *

Die spanische Königstochter Cristina wird im März von einem Ermittlungsrichter vernommen. Es geht um die Korruptionsaffäre ihres Mannes, in die auch sie verstrickt sein soll.

Seit zwei Jahren wird gegen den Schwiegersohn des spanischen Königs ermittelt. Korruption, Steuerbetrug und Dokumentenfälschung werden ihm vorgeworfen. Nun zieht sich die juristische Schlinge auch um seine Gattin Cristina, die jüngste Tochter des Königspaares zu. Immer neue Details über die Verstrickungen der Infantin in dubiose Geschäfte ihres Mannes Inaki Urdangarin veranlassten am Dienstag Ermittlungsrichter José Castro, auch die Tochter von König Juan Carlos de Borbón als Beschuldigte vorzuladen. Cristina muss am 8. März zu Vorwürfen der Geldwäsche und des Steuerbetrugs in Palma de Mallorca aussagen. Ihr Anwalt Miquel Roca hat Widerspruch angekündigt. Er unterstrich seine Überzeugung, dass Cristina unschuldig sei.

Richter Castro glaubt jedoch, ausreichende Hinweise darauf zu haben, dass auch die 48-Jährige in jene Betrügereien verwickelt war, die dem Herzog von Palma vorgeworfen werden. Es geht um Vorgänge in der Firma Aizoon, die Urdangarin und Cristina 2003 gegründet hatten. Von denen will Cristina nichts gewusst haben, obwohl sie der Firma vorstand, die ihren Sitz in der gemeinsamen Wohnung in Barcelona hatte.

Ihre Darstellung wurde erschüttert, als Zeitungen enthüllten, dass auch Cristina Verträge unterzeichnet habe. Sie mietete für ihre Firma Räume im Palast Pedralbes für 12 000 Euro im Jahr und signierte so als Vermieterin und als Mieterin. Das Anwesen hatte das Paar 2004 für sechs Millionen Euro gekauft und für weitere knapp drei Millionen renovieren lassen.

Veröffentlicht wurden auch Abrechnungen einer Aizoon-Kreditkarte, die Cristina benutzte. Nach Ansicht der Ermittler dienten fiktive Ausgaben der Firma zur Steuerersparnis. Da das Geld aber für private Zwecke eingesetzt wurde, waren es Einkünfte, die zudem nicht deklariert wurden.

Aizoon-Gewinne, die an Cristina gingen, seien ebenfalls nicht als Einkommen angegeben worden, begründet der Richter auf 227 Seiten sein Vorgehen. Die Firma habe dazu gedient, Geld zu waschen. Dieses Geld kam fast komplett von der Stiftung Nóos. Etwa sechs Millionen Euro sollen über Nóos aus Kassen der Regionalregierungen der Baleareninseln und Valencias veruntreut und auch auf Konten Urdangarins und Cristinas geflossen sein. Rechnungen für Sport- und Tourismusveranstaltungen waren überhöht, abgerechnete Leistungen wurden nie erbracht, weshalb auch gegen Mitglieder der jeweiligen Regionalregierungen ermittelt wird.

Weil Staatsanwalt Pedro Horrach schon vor einem Jahr Cristinas Vorladung verhinderte, wird ihm in der Öffentlichkeit vorgeworfen, wie ihr Verteidiger aufzutreten. Beobachter sehen darin den Versuch der konservativen Regierung, über ihr Ministerium das Königshaus zu schützen, weil mit der Monarchie ein Pfeiler des Staats wankt. Die von Diktator Franco restaurierte Monarchie macht eine schwere Krise durch. Juan Carlos, der 1975 kurz vor dem Tod des Diktators von Franco als Nachfolger bestimmt wurde, ist in etliche Skandale verwickelt und soll auch dem Schwiegersohn geholfen haben.

Sein Ansehen sinkt, seit ihm 2013 die Ehrenmitgliedschaft im World Wildlife Fund aberkannt wurde, nachdem seine Teilnahme an einer Elefantenjagd aufflog. Nach diversen Operationen tritt der König, der ans Abdanken nicht denkt, nur noch mit Krücken auf. Am Montag, einen Tag nach seinem 76. Geburtstag, zeigte er sich in einer Ansprache vor Militärangehörigen überfordert. Als Chef der Streitkräfte verlor er mehrfach den Faden und versprach sich immer wieder. Das Schwanken der Monarchie ist für die Zeitung »El Mundo« eine Metapher für die Lage der Regierung, die wegen zahlreicher Korruptionsskandale ebenfalls schwer angeschlagen ist.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 9. Januar 2014


Infantin angeklagt

Korruption und Unterschlagung in Spaniens Königsfamilie. Prinzessin Cristina de Borbón vorgeladen

Von Carmela Negrete **


Die Tochter des spanischen Königs Juan Carlos, Cristina de Borbón, muß sich im März vor Gericht verantworten. Wie der Richter José Castro vom zuständigen Gericht in Mallorca am Dienstag mitteilte, wird die Infantin wegen Geldwäsche sowie Veruntreuung öffentlicher Mittel vorgeladen. Die 48 Jahre alte Prinzessin habe sich zusammen mit ihrem ebenfalls angeklagten Ehemann Iñaki Urdangarín der Steuerhinterziehung schuldig gemacht. Beide hätten von dem Unternehmen Aizoon SL Mittel erhalten, ohne diese gegenüber den Behörden anzugeben, hieß es in der Erklärung der Justiz. Die Firma ist Eigentum des blaublütigen Ehepaars, und offenbar nutzten beide diesen Umstand, um private Kosten wie eine Renovierung des Jagdschlosses Pedralbes, Reisen und Familienfeste als Firmenausgaben zu deklarieren. Insgesamt soll es um eine Summe von rund einer Million Euro gehen.

Cristina de Borbón hatte selbst unter anderem Rechnungen für Haushaltsdienstleistungen im Palast abgezeichnet. Offenbar hatte sie sogar versucht, eine Putzfrau »schwarz« zu beschäftigen. Das sei jedoch mißlungen, weil die Angestellte einen ordentlichen Arbeitsvertrag brauchte, um die Aufenthaltsgenehmigung für Spanien zu bekommen. »Eine Politikwissenschaftlerin mit Abschluß an der Universidad Complutense und einem Master in internationalen Beziehungen der Universität New York – es wäre eine Beleidigung dieser Frau, zu glauben, daß jemand mit dieser Erfahrung und Bildung nur ein Blumenkübel gewesen sein könnte, der nichts weiß und nichts sagt und nur in der Gegend rumsteht«, kommentierte der Kolumnist Ignacio Escolar schon Anfang vergangenen Jahres im Internetportal eldiario.es, als noch nicht gegen die Prinzessin, sondern nur gegen ihren Gatten ermittelt wurde.

Hinter dieser Affäre steht als größerer Skandal, daß sich das Unternehmen von Cristina und Urdangarín aus Mitteln der gemeinnützigen Stiftung Nóos finanzierte. Diese Einrichtung, die sich offiziell zu dieser Zeit vor allem um die Ausrichtung von Kongressen kümmerte, hatte dafür staatliche Fördermittel und Subventionen erhalten, diese aber für ganz andere Zwecke abgezweigt. Schon 2006 fragte die sozialistische Opposition im Regionalparlament der Balearen die Regierung nach dem Verbleib von 1,2 Millionen Euro, die der Stiftung für eine winzige Konferenz zu touristischen Themen zugeflossen waren. Nach und nach kamen daraufhin immer mehr Details über die Machenschaften der Fundación Nóos ans Licht, in deren Umfeld ein ganzes Korruptionsnetzwerk entstanden war. Der Königspalast in Madrid reagierte darauf, indem das Ehepaar nicht mehr bei offiziellen Anlässen im Kreis der Familie erschien. Statt dessen siedelten Cristina und Urdangarín in die USA über.

** Aus: junge Welt, Freitag, 10. Januar 2014


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