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Baskische Linke gründet Partei

Inhaftierter Arnaldo Otegi zum Generalsekretär von Sortu gewählt

Von Uschi Grandel *

Sortu (»Aufbauen«) heißt die neue Partei der baskischen Linken, die damit zehn Jahre nach der Illegalisierung von Batasuna wieder über eine legale Partei verfügt. Am letzten Samstag feierte die Partei in Iruñea (Pamplona) ihren Gründungsparteitag. Das Recht mußte sie sich allerdings erst vor dem spanischen Verfassungsgericht erkämpfen. Madrid hatte sich geweigert, Sortu ins Parteienregister aufzunehmen.

Im »Nationalen Rat«, dem 22köpfigen Führungsgremium der Partei, finden sich viele junge und außerhalb des Baskenlands unbekannte Aktivisten neben bekannten Sprechern der baskischen Linken. Zum Präsidenten des Nationalen Rats wurde der vierzigjährige Hasier Ariz gewählt. Er habe »mehr als das halbe Leben in verschiedenen politischen Strukturen gearbeitet«, sagte er, sei aber »in der Öffentlichkeit ziemlich unbekannt«. Innerhalb der baskischen Linken ist Ariz offensichtlich bestens bekannt. Denn über Monate hinweg hatten Tausende Mitglieder von Sortu in Vorbereitung der Gründung ihrer Partei nicht nur Programmdiskussionen geführt, sondern auch alle leitenden Funktionen basisdemokratisch gewählt. Denn Sortu will für eine andere Art der Politik stehen. Dazu gehört auch das einheitliche Gehalt von vierzehn monatlichen Zahlungen à 1500 Euro netto, das allen Parteiarbeitern und gewählten Repräsentanten gleichermaßen zusteht.

In die Leitung der Partei sollen Elemente direkter Demokratie einfließen. Politische Richtungsentscheidungen werden nicht dem Nationalen Rat allein überlassen. Die derzeit 450 Delegierten der lokalen Versammlungen kommen auch zwischen den Parteitagen zusammen, damit wichtige Entscheidungen unter direkter Beteiligung vieler Aktivisten getroffen werden. Das ist schon deshalb wichtig, weil Sortu die Arbeit in den Institutionen und die Arbeit in den Volksbewegungen als zwei Säulen ihrer Politik versteht, die Hand in Hand gehen müssen.

Für das Amt des Generalsekretärs, die höchste Stelle der Partei, wählten die Mitglieder Arnaldo Otegi, den langjährigen Sprecher der baskischen Linken. Wieviele Widerstände Sortu auf ihrem Weg noch überwinden muß, zeigt sich nicht zuletzt daran, daß Otegi für seine führende Rolle in der Ausarbeitung der neuen gewaltfreien Strategie der baskischen Linken, die im Oktober 2011 zum Ende des bewaffneten Kampfes von ETA führte, zu sechs Jahren Gefängnis verteilt wurde. Aus dem Gefängnis von Logroño schickte der Generalsekretär seiner Partei einen Brief, in dem er eine »Revolution in unseren Köpfen« forderte. »Sind wir uns bewußt«, fragt Otegi, »daß es hier und heute unsere gewaltige historische Aufgabe ist, eine große Mehrheit in der Bevölkerung dafür zu gewinnen, einen baskischen Staat zu gründen und ein alternatives soziales Modell aufzubauen?« Dazu dürfe man sich nicht auf dem Erreichten ausruhen, sondern müsse selbstkritisch und eigeninitiativ immer noch bessere Argumente suchen.

Die Bündnispolitik bleibt ein wichtiges Element der Politik der baskischen Linken. Eine breite linke Bewegung für baskische Unabhängigkeit zu schaffen, sieht Sortu als zentrale Aufgabe, um ihr Ziel eines unabhängigen, vereinten und sozialistischen Baskenlands zu erreichen. Die existierenden Bündnisse, die die baskische Linke in den letzten zwei Jahren gemeinsam mit kleineren linken und sozialdemokratischen Parteien gründete, sieht die Partei als positive Schritte auf diesem Weg. Mit der baskischen konservativen PNV seien keine strategischen, aber taktische Bündnisse für das Selbstbestimmungsrecht des Basken möglich. Mit der Regionalpartei der spanischen PSOE finde man punktuelle Gemeinsamkeiten vor allem im Kampf gegen Sozialabbau, die Zusammenarbeit sei jedoch schwierig, weil die PSE Forderung nach einem Selbstbestimmungsrecht nicht mittrage.

* Aus: junge Welt, Montag, 25. Februar 2013


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