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Batasuna setzt auf den politischen Kampf

Debatte um künftige Strategie der baskischen Partei abgeschlossen

Von Ralf Streck, San Sebastian *

Monatelang hat die Basis der in Spanien verbotenen baskischen Partei Batasuna (Einheit) debattiert, um die Politik der baskischen Linken neu zu bestimmen. Nach den Debatten in vielen Dörfern, Kleinstädten und Stadteilen verabschiedeten nun 600 Vertreter auf vier Regionalversammlungen das Dokument »Zutik Euskal Herria«, was »Aufrechtes Baskenland« oder »Baskenland in Bewegung« bedeutet.

Die baskische Partei Batasuna (Einheit) beschreitet neue Wege. Das hat der Abschluss des selbstkritischen Diskussionsprozesses der Parteibasis deutlich gemacht. Das Ziel ist, »einen demokratischen Rahmen zu schaffen, im dem alle politischen Projekte, eingeschlossen das Projekt der Unabhängigkeitsbewegung, verwirklicht werden können«. Doch für die Schaffung eines unabhängigen, vereinten und sozialistischen Baskenlands wird »exklusiv auf den Einsatz von politischen und demokratischen Mitteln« gesetzt.

Das ist keine taktische Ablehnung der Gewalt der ETA, sondern eine strategische Neubestimmung. Der bewaffnete Kampf der Untergrundorganisation wird aus einer kritischen Analyse der Entwicklung der vergangenen Jahre ablehnt, auch wenn die ETA nicht ausdrücklich verurteilt wird. Für die Mehrheit der baskischen Linken ist klar, dass deren bewaffnete Aktionen den Bestrebungen inzwischen mehr schaden als nutzen.

Beigetragen hat zu dieser Erkenntnis auch das Erstarken der Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien, wo keine Gruppe bewaffnet auftritt. Deshalb basiert die Strategie der baskischen Linken nun ausschließlich »auf der Akkumulation der sich verstärkenden Kräfte und der Aktivierung der Bevölkerung, um die Konfrontation auf die politische Ebene zu bringen«. Dort seien die am Konflikt beteiligten Staaten Spanien und Frankreich schwach. Ausdrücklich wird damit auf die Zivilgesellschaft als Motor für Veränderungen gesetzt.

Die gesamte Unabhängigkeitsbewegung müsse die Bedingungen schaffen, dass sich deren Initiativen entfalten könnten. Es wird an die ETA appelliert, die den Prozess grundsätzlich gutheißt und seit Monaten keinen Anschlag ausgeführt hat. »Allein der Kampf der breiten Masse, in den Institutionen und auf ideologischer Ebene«, könne zur »Veränderung des Kräfteverhältnisses führen«. Das gelte auch für die internationale Unterstützung, die der Prozess brauche. Um die Arbeit auf institutioneller Ebene voranzubringen, benötige man eine legale Partei. Diese müsse später auch an den »Allparteiengesprächen« teilnehmen, in denen ein »Abkommen« zur Konfliktlösung ausgehandelt werden soll. Damit wird eine Methode übernommen, die Grundlage des Friedensprozesses war, der 2007 scheiterte.

Die Reaktionen auf den Vorstoß gehen weit auseinander. Die Kräfte, mit denen Batasuna für die Souveränität zusammenwirken will, begrüßen ihn. Die größte baskische Gewerkschaft ELA hatte diesen Schritt lange gefordert, um eine Aktionseinheit mit der Gewerkschaft LAB bilden zu können, die Batasuna nahe steht. »Wir sind zufrieden«, sagte der Gewerkschaftschef Txiki Muñoz. Dass es sich um einen »Schritt in die richtige Richtung« handelt, bekräftigte auch der Chef der Baskischen Solidaritätspartei (EA) Pello Urizar, der eine gemeinsame Wahlplattform nicht ausschließt. Gefordert werden nun Entspannungsgesten aus Madrid, um den Prozess zu fördern. Urizar verlangt die Abschaffung des Parteiengesetzes, das für das Verbot von Batasuna geschaffen wurde. Positiv, wenn auch reservierter, zeigten sich auch die große Baskisch-Nationalistische Partei (PNV) und die Vereinte Linke (IU).

Die rechte spanische Volkspartei (PP), die sich von der Franco-Diktatur nie distanzierte, sieht dahinter nur ein Manöver vor den Kommunalwahlen 2011. Die PP fordert eine Verschärfung des Parteiengesetzes, um »ETA-Batasuna« weiter aus den Institutionen auszuschließen. Das hat auch damit zu tun, dass sie seit 2009 mit den Sozialisten (PSOE) die Autonome Baskische Gemeinschaft (CAV) regieren kann, weil viele Wähler von Batasuna wegen der Verbote keine Wahloption hatten und ungültig wählten.

Ähnlich ablehnend zeigte sich auch die PSOE. Doch sie hatte auch 2003 behauptet, als Batasuna den letzten Friedensplan vorlegte, es gäbe darin nichts Neues und verlangte »Taten statt Worte«. Doch dann wurde aus dem Plan die Grundlage für die Friedensverhandlungen.

* Aus: Neues Deutschland, 18. Februar 2010


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