Baskische Parteien ausgebootet
In Madrid verfeindet, wollen Sozialisten und Konservative in Vitoria gemeinsam regieren
Von Ralf Streck, San Sebastián *
Alles deutet darauf hin, dass die spanischen Sozialisten (PSOE) mit der konservativen Volkspartei
(PP) die »Autonome Baskische Gemeinschaft« (CAV) regieren werden. Auf einem Treffen der in
Spanien heftig verfeindeten Parteien wurde beschlossen, die »historische Chance« zu nutzen, dass
erstmals nach dem Tod des Diktators Franco im Jahr 1975 die Sozialisten den Regierungschef
stellen.
Im Baskenland spricht viel für einen Regierungswechsel. Zwar hat die Baskisch-Nationalistische
Partei (PNV) die Wahlen am vorvergangenen Sonntag mit 39 Prozent klar gewonnen. Doch ihr sind
die Koalitionspartner abhanden gekommen, die ihr eine Mehrheit im Regionalparlament sichern
würden. So hofften die moderaten Nationalisten auf eine große Koalition mit der PSOE, die bereits in
den 80er Jahren mitregiert hatte.
Ein entsprechendes Angebot der PNV lehnte die PSOE ab, obwohl es einschloss, ihnen im Madrider
Zentralparlament eine Mehrheit zu verschaffen. Denn in Spanien regiert die PSOE mit einer
Minderheit gegen die starke PP, die bei den Wahlen vor einem Jahr den knappen Vorsprung weiter
verringern konnte. So benötigte die PSOE zum Jahreswechsel die Stimmen der PNV zur
Verabschiedung des Haushalts.
Der PSOE-Forderung, den Regierungschef im Baskenland zu stellen, kann die PNV jedoch nicht
nachkommen. Sie nannte es einen »institutionellen Putsch«, dass die mit 31 Prozent der Stimmen
schwächere Partei den Lehendakari-Posten haben will.
Zumal auch die PSOE und die PP zusammen nicht die Mehrheit der Wählerstimmen hinter sich
wissen. Die Mehrheit von einem Sitz ist allein dem Ausschluss der Linksnationalisten zuzuschreiben,
die bisher neun Sitze hielten. Mehr als 100 000 Menschen wählten die »Verbotenen«, deren
Stimmen ungültig wurden. Viele gingen nicht zur Wahl, die Wahlbeteiligung lag 15 Prozent unter der
von 2004.
Dass sich die Feinde in Spanien hier zu einer Front vereinen, wird die in der Wirtschaftskrise
angeschlagene Zentralregierung weiter schwächen. Denn die PSOE hat kaum Ersatz für die PNVStimmen.
Die katalanischen Nationalisten der CiU fordern, für die Unterstützung müsse die
meistgewählte Partei Kataloniens mit Hilfe der Sozialisten in den Regierungssitz in Barcelona
zurückkehren. So müsste Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero die Linksregierung in
Barcelona opfern, um Patxi López, den sozialistischen Spitzenkandidaten, im Baskenland zum
Regierungschef zu küren.
Oder er müsste mitten in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten für jede dringende
Maßnahme mühsam immer neue Mehrheiten suchen. Die langen Streits bieten der PP weiteren
Raum zur Profilierung. Eigentlich müsste es für die PSOE eine Lehre sein, dass sie gerade die
Macht in Galicien wieder an die PP verloren hat, die gestärkt zum Sturm auf Madrid bläst. Und ohne
klare Mehrheit könnten in der Krise schneller Neuwahlen anstehen, als es den Sozialisten lieb sein
kann.
Die schwache Linke bietet sich nicht mehr als Stimmenbeschaffer an. Von der PSOE-Politik grenzt
sich die Vereinte Linke (IU) ab. Lange hatte Gaspar Llamazares die IU mit seinem Schmusekurs zur
PSOE in den Niedergang geführt, aus dem sie der Kommunist Cayo Lara nun herauszuführen
versucht. Im Baskenland hat die IU eine ihrer letzten Bastionen verloren. Sie erhielt nur noch einen
Sitz. Wie im spanischen Parlament hat sie nun keinen Fraktionsstatus mehr. Dabei hoffte sie, von
den Verboten zu profitieren.
Denn anders als in Spanien insgesamt ist die Linke im Baskenland weiter stark, aber die Wähler
gaben ihre Stimme lieber einer verbotenen baskischen Partei. Javier Madrazo hat inzwischen die
Verantwortung für das Wahldebakel übernommen und seinen Rücktritt vom Posten des baskischen
IU-Vorsitzenden angekündigt.
* Aus: Neues Deutschland, 9. März 2009
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