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Konfliktlösung braucht Bewegung

Konferenz im Europaparlament diskutiert Friedensfahrplan fürs Baskenland

Von Uschi Grandel *

Im Petra-Kelly-Saal des Euro­päischen Parlaments in Brüssel ging es am vergangenen Donnerstag (29. März) um die Frage, wie eine dauerhafte Lösung des Konflikts zwischen dem Baskenland und Spanien sowie Frankreich erreicht werden kann. Eingeladen hatte der Freundeskreis Baskenland im Europäischen Parlament gemeinsam mit den Fraktionen Allianz der Liberalen und Demokraten und Die Grünen/Europäische Freie Allianz. Der Saal war passend gewählt, denn das Gründungsmitglied der Partei Die Grünen Petra Kelly setzte sich einst für die Anerkennung deutscher Schuld an der Bombardierung der baskischen Stadt Gernika (spanisch: Guernica) im April 1937 ein, wofür ihr 1997 posthum den Friedenspreis von Gernika zuerkannt wurde.

Jonathan Powell, Büroleiter des ehemaligen britischen Premierministers Tony Blair, war Hauptredner der Konferenz. Powell war einer der internationalen Teilnehmer der baskischen Friedenskonferenz im Oktober 2011, die eine überwältigende Mehrheit baskischer Organisationen versammelte und die durch die Teilnahme internationaler Persönlichkeiten, wie des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan, weltweit Beachtung fand. Neben Bertie Ahern, Kofi Annan, Gerry Adams, Gro Harlem Bruntland und Pierre Joxe gehört auch Powell zu den Unterzeichnern der Abschlußerklärung dieser Konferenz, die als »Erklärung von Aiete« bekannt wurde.

In seiner Rede im Europaparlament bezeichnete Powell die Erklärung von Aiete als Durchbruch, mahnte aber, daß es nun wichtig sei, einen Prozeß zur Umsetzung des Aiete-Fahrplans in Gang zu bringen. Alle am Konflikt Beteiligten müßten sich für eine Lösung durch Dialog und Verhandlungen engagieren. Obwohl Powell mehrfach betonte, er wolle niemandem Vorschriften machen, sondern nur seine Erfahrungen aus dem nordirischen Friedensprozeß einbringen, so stand doch die Verweigerungshaltung der spanischen Regierung als Hauptthema im Raum. »Sie können einen Konflikt nicht wegwünschen, und Sie können ihn nicht durch polizeiliche Mittel aus der Welt schaffen«, sei seine Lehre aus dem Nordirland-Konflikt, sagte Powell. Verhandlungen zwischen ehemaligen Feinden seien im übrigen nicht dazu gedacht, inhaltliche Differenzen auszuräumen. »We agreed to disagree« (»Wir waren uns einig darin, daß wir nicht übereinstimmen«), war sein Resümee. Ein Vorgehen wie in Nordirland oder Südafrika habe zum einen das Ziel, die Auseinandersetzung auf die Ebene der Nutzung demokratischer und friedlicher Mittel zu heben. Zum anderen sei es dringend geboten, über die Folgen des Konflikts zu verhandeln. Es bedarf einer Lösung für die Gefangenen. Für die Opfer gehe es um Anerkennung und Versöhnung.

Die etwa hundert Teilnehmer waren sich einig, daß die Hilfe der europäischen Institutionen und auch einzelner Länder nötig sei, damit dieser Konflikt im Herzen Europas eine dauerhafte Lösung findet. Europa sollte für den Dialog aller beteiligten Seiten ohne Ausgrenzung werben und den Friedensfahrplan von Aiete unterstützen.

* Aus: junge Welt, Montag, 2. April 2012


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