Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Ringen um Friedensprozess

Otegi fordert von ETA Einhaltung der Waffenruhe - Treffen zwischen Zapatero und Rajoy endet ergebnislos

Von Ingo Niebel *

Hektische Aktivitäten um den zukünftigen Umgang mit dem baskisch-spanischen Konflikt prägten am Montag die politische Agenda im Baskenland und in Madrid. In der Hauptstadt Spaniens wurde nach einer Position gesucht, wie der Zentralstaat nach dem mutmaßlichen ETA-Attentat von Barajas weiter agiert. Derweil präsentierte die baskische Seite neue Initiativen zur Rettung des Friedensprozesses.

Für Verhandlungsweg

Arnaldo Otegi forderte als Sprecher der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung alle politischen Kräfte des Baskenlandes dazu auf, eine gemeinsame Basis zu schaffen, »die es erlaubt, einen multilateralen Dialog« zu führen. Die spanische Regierung und die Untergrundorganisation ETA sollten eben diesen politischen Prozeß mittragen. Dafür sei es notwendig, so Otegi auf einer Pressekonferenz, daß einerseits Madrid »die demokratischen Bedingungen garantiert, die den Beginn eines politischen Lösungsprozesses für das Baskenland ermöglichen«. Andererseits verlangte er von ETA, die »Verpflichtungen und Ziele vom 22. März 2006« aufrechtzuerhalten. An diesem Tag hatte die Organisation ihre »dauerhafte Waffenruhe« verkündet.

Kurze Zeit nach Otegis aufsehenerregendem Auftritt in Donostia (span: San Sebastián) kam es dann zu einem nicht angekündigten Treffen zwischen dem spanischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero (PSOE) und dem Führer der konservativen Volkspartei (PP), Mariano Rajoy. Beide Politiker konnten sich auf keine gemeinsame Linie einigen. Regierungssprecherin María Teresa Fernández de la Vega beklagte, daß Zapateros Vorschläge bei Rajoy auf »taube Ohren« stießen. Der Postfrankist vermißte bei dem Sozialdemokraten »klare Ideen« und verlangte die Rückkehr zu einer repressiven Politik, deren Ziel die »Zerschlagung der ETA« sei. Der militärische Weg wird allerdings laut Umfrage der Madrider Zeitung El País von einer absoluten Mehrheit nicht getragen: 55 Prozent der spanischen Bevölkerung befürworten demnach den Verhandlungsweg im Umgang mit dem »Terrorismus«.

Auch die rechts von Batasuna stehenden Parteien versuchen derzeit einiges, damit niemand die in den vergangenen Monaten des »Friedensprozesses« mühsam errichteten Brücken wieder abreißt. So hat der Ministerpräsident des baskischen Drei-Provinzenparlaments Juan José Ibarretxe (PNV) für Samstag zu einer Demonstration »Für Frieden und Dialog« in Bilbo (span. Bilbao) aufgerufen (jW berichtete).

Streit in der PSOE

Der Vorsitzende des baskischen Landesverbandes des PSOE, Patxi López, hat inzwischen doch noch die Unterstützung seiner Partei zugesagt. Seine Haltung widerspricht der von Zapatero, der das Ende des Friedensprozesses erklärt hatte. Aber auch Ibarretxes Engagement läuft quer zur Strömung, die sein Vorsitzender Josu Ion Imaz in der christdemokratischen PNV repräsentiert. Imaz hatte verkündet, es gäbe keine Gespräche mit Batasuna, solange diese die Attentate von ETA nicht verurteilte. Ibarretxe ignorierte ihn und sprach im Beisein von Imaz’ ärgstem Rivalen, Joseba Egibar, mit Batasuna-Vertretern. Die baskischen Sozialdemokraten von Eusko Alkartasuna (EA) und der baskische Landesverband der Vereinigten Linken, Ezker Batua (EB-IU), unterstützen den Kurs ihres Koalitionspartners.

* Aus: junge Welt, 9. Januar 2007


Zurück zur Spanien-Seite

Zurück zur Homepage