Verbote folgen Friedensangebot
Madrid antwortet auf baskische Offerten mit verstärkter Repression
Von Ralf Streck, San Sebastian *
Auf das Friedensangebot der linken baskischen Unabhängigkeitsbewegung und auf die Waffenruhe der Untergrundorganisation ETA antwortet Spaniens Regierung mit Repression.
Nachdem zwei Großdemonstrationen verboten worden waren, die am Sonnabend in Bilbao stattfinden sollten, wurden in der Nacht zum Dienstag neun Basken verhaftet. Sie sollen Mitglieder der in Spanien verbotenen Organisation EKIN (Aktion) sein, die nach Ansicht Madrids im ETA-Auftrag die baskische Linke steuere.
Schon am Wochenende hatte die Politik der sozialdemokratischen Regierung einen neuen repressiven Grad erreicht. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft verbot der Nationale Gerichtshof in Madrid eine Großdemonstration, die von der Solidaritätspartei (EA) und der Partei Aralar angemeldet worden war, um »Meinungsfreiheit« und »Alle Rechte für alle Menschen« zu fordern. Um das Verbot zu begründen, behauptete Richter Ismael Moreno, mit der Demonstration sei versucht worden, ein zuvor verordnetes anderes Verbot zu umgehen. Am Donnerstag hatte das Sondergericht bereits den Marsch der Plattform »Adierazi EH« (Äußere dich, Baskenland) untersagt. Die Plattform besteht aus Mitgliedern von 42 Parteien, Organisationen und Gewerkschaften. Adierazi EH handele in »Nachfolge« der verbotenen Partei Batasuna (Einheit) und folge der »Strategie der ETA«, hieß es. Staatsanwalt Javier Zaragoza hatte das Verbot beantragt, weil angeblich »die Strategie der Terrororganisation« unterstützt werden sollte.
Es ist kurios, Organisationen die Unterstützung der ETA vorzuwerfen, die sie stets verurteilt haben, nur weil auch Batasuna-Mitglieder zur Plattform gehören. Noch kurioser war das zweite Verbot deshalb, weil der Richter ausdrücklich darauf hinwies, dass die Anmelder »frei vom Makel des Unerlaubten« seien. Trotzdem behauptete er, mit dem Marsch solle versucht werden, »allgemeinen Terror« zu verbreiten. Dabei distanziert sich sogar Batasuna von der Gewalt der ETA, wodurch die Zusammenarbeit mit der Solidaritätspartei EA erst möglich wurde. Beide haben sich »ausschließlich auf demokratische Mittel« verpflichtet, um im Dialog den »politischen Konflikt zu überwinden«. Vor zwei Wochen forderten Batasuna und EA gemeinsam eine Waffenruhe von der ETA. Die bestätigte daraufhin, dass sie schon seit Monaten eine Waffenpause einhält.
Die geplanten Aktionen wurden abgesagt, um »kein Opfer von Provokationen zu werden und Krawalle zu vermeiden«. Madrid wolle mit Bildern von Zusammenstößen das »Anliegen der Demonstration« überdecken und »fundamentale Rechte aushebeln«, erklärte Sabin Intxaurraga, der die Demonstration angemeldet hatte und für EA einst Umweltminister im Baskenland war. Die Verbote haben jedoch seiner Meinung nach dazu beigetragen, eine »große Bewegung für die Bürgerrechte zu schmieden«. Während die Vereinte Linke davon sprach, dass »demokratische Rechte niedergetrampelt« würden, kritisierte die Baskisch-Nationalistische Partei (PNV) Madrids »unnötige Provokation«.
* Aus: Neues Deutschland, 15. September 2010
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