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Die letzte Runde im Tauziehen um Zypern?

In der Schweiz beraten die Beteiligten in Klausur - Berichte und Meldungen vom 24. bis 31. März 2004

Es könnten historische Verhandlungen werden: Auf dem Bürgenstock bei Luzern (Schweiz) versuchen Griechisch- und Türkisch-Zyprioten mit Hilfe der Türkei und Griechenlands eine Einigung zum UN-Friedensfahrplan für Zypern zu erreichen. Dieser Plan sieht den EU-Beitritt eines wiedervereinigten Zyperns am 1. Mai 2004 vor. Sollten sich die Parteien nicht einigen können, wird am 1. Mai nur der griechisch-zypriotische Teil der Insel in die Europäische Union aufgenommen.
Wir dokumentieren im Folgenden eine Reihe von Artikeln und Kommentare, die hierzu während der Verhandlungstage erschienen sind.
Um das Ende vorwegzunehmen: Die Verhandlungen sind gescheitert.


EU-Beitritt sorgt für Zeitdruck

In der Schweiz gehen die Beteiligten des Insel-Konflikts ab heute in Klausur

Von Jan Keetman, Istanbul

Wird der kleine Schweizer Ort Bürgenstock in die Geschichtsbücher eingehen? Möglich ist das immerhin, denn dort beginnen heute die Verhandlungen, die die Lösung des Zypern-Problems bringen sollen.

Im Schweizer Ort Bürgenstock bei Luzern werden Weichen gestellt: hinsichtlich des nun seit über einem halben Jahrhundert schwelenden Zypern-Konflikts und der möglichen EU-Mitgliedschaft der Türkei. Ganz nebenbei wird auch die Frage aufgeworfen, was ist und wo endet Europa? Doch noch lange ist nicht ausgemacht, was bei den Gesprächen zwischen Griechenland, der Türkei und den beiden Seiten auf Zypern herauskommen wird. Der Plan sieht eine Kaskade wachsender Bedeutung vor: Nach Vorgesprächen sind zunächst die Außenminister beteiligt, bevor am 28. März die Regierungschefs zum Zuge kommen. Sie haben bis 31.März Zeit, die verwickelten Probleme zu lösen.

Der enge Zeitrahmen und die Beteiligung der Regierungschefs lassen nicht viel Raum für die aus Zypern-Verhandlungen zur Genüge bekannten endlosen Manöver. Die Linie der türkischen Regierung ist klar: Premierminister Tayyip Erdogan und sein Außenminister Abdullah Gül wollen eine Lösung, um sich die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit der EU nicht zu verscherzen. Zugleich wollen sie ein geschlossenes türkisches Siedlungsgebiet auf Zypern erhalten, wie es das vor 1974 nicht gab. Deshalb drängt insbesondere Gül darauf, dass das EU-Recht der Freizügigkeit auch nach dem Beitritt der Insel am 1.Mai nicht gelten soll – und auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht. Gül hält eine Einigung für möglich, aber eine Lösung »um jeden Preis« werde es mit der Türkei nicht geben, sagte er vor seiner Abreise in die Schweiz. Ankara trete für ein »dauerhaftes« Abkommen ein, das in der Zukunft nicht einfach wieder geändert werden könne.

Die Situation des griechischen Premiers Kostas Karamanlis ist wesentlich schwieriger und unklarer. Es ist sein erster Auftritt auf dem internationalen Parkett seit seinem Wahlsieg vor zwei Wochen. Zypern spielte im griechischen Wahlkampf keine Rolle und die Linie von Karamanlis ist bisher nicht klar geworden. Jedenfalls kann er es sich nicht leisten, den Inselgriechen ein unannehmbares Resultat vorzusetzen. Aber das ist schwierig. Umfragen zeigen, dass zwischen 60 und 75 Prozent der Inselgriechen den vorliegenden Plan von UN-Generalsekretär Kofi Annan ablehnen. Viele Griechen hatten auf Rückkehr in den Norden gehofft, doch nur wenige Gebiete werden zurückgegeben und für den Rest herrschen strenge Ansiedlungsbeschränkungen, die die türkische Seite womöglich noch verschärfen will.

Die Verfassung gibt den Türken, obwohl sie allenfalls ein Viertel der Bevölkerung stellen, fast die gleichen Rechte wie der griechischen Mehrheit. Es stellt sich die Frage, ob so eine Verfassung funktioniert. Andererseits kann nur so garantiert werden, dass die Minderheit nicht von der Mehrheit unterdrückt wird. Schließlich wird Zypern als einziger Staat in der EU auf unabsehbare Zeit eine erhebliche Einschränkung seiner Souveränität hinnehmen müssen. Größe und Bewaffnung der zyprischen Armee werden stark beschränkt, was zum Gefühl führt, der Türkei im Zweifelsfall ausgeliefert zu sein. Dazu kommt, dass die Türkei, Griechenland und Großbritannien weiter Garantiemächte bleiben. Das heißt Zypern kann seine Verfassung nicht aus eigener Kraft ändern und die Türkei könnte sich bei einem militärischen Eingreifen wie 1974 auf ihre Rolle als Garantiemacht berufen.

An allen diesen Punkten wird Karamanlis nur wenig ändern können, und dabei ist das nur ein Teil der griechischen Sorgen. Da ist zum Beispiel die Frage, mit welcher türkischen Minderheit sie es künftig zu tun haben werden. Die alte ist seit 1974 etwa zur Hälfte ausgewandert. Wer von den zugewanderten Anatoliern darf bleiben und wer beim Referendum über Zypern abstimmen? Schließlich droht die Wiedervereinigung Zyperns ähnlich wie die deutsche ökonomische Probleme ersten Ranges hervorzubringen. Die Umsiedlungen und eventuelle Entschädigungen werden Milliarden Dollar oder Euro verschlingen, die aus Washington und Brüssel in dieser Höhe kaum fließen werden. Gleichzeitig fürchten die Griechen, Touristen an den Norden zu verlieren.

Angesichts dieser kaum zu lösenden Probleme kann man seine Zweifel daran haben, ob in Bürgenstock der Zypern-Konflikt wirklich beendet werden kann. Daran ändert auch nichts, dass Kofi Annan schließlich als Schiedsrichter auftreten und die letzten strittigen Punkte nach Gutdünken entscheiden wird, ehe der so veränderte Annan-Plan Türken und Griechen auf Zypern zum Referendum vorgelegt wird.

Indessen steht der Sieger der Verhandlungen schon fest, obwohl er gar nicht direkt beteiligt ist. Großbritannien bleibt Garantiemacht und behält seine Basen auf der Insel, die nicht wenig dazu beitragen, dass die Briten heute noch die Rolle einer kleineren Großmacht spielen.

Aus: Neues Deutschland, 24. März 2004

Zeit der Entscheidung

Voraussichtlich letzte Runde bei Gesprächen über die Wiedervereinigung Zyperns

Von Knut Mellenthin

Am heutigen Mittwoch beginnt in der Schweiz die voraussichtlich letzte Runde der Verhandlungen über eine Wiedervereinigung Zyperns, nachdem die seit Februar geführten Gespräche zwischen Vertretern der beiden Landesteile offenbar noch keinen Durchbruch gebracht haben. In den kommenden Tagen werden sich auch die Außenminister Griechenlands und der Türkei an den Verhandlungen beteiligen. In der Schlußphase Mitte nächster Woche sollen die Regierungschefs beider Staaten und UNO-Generalsekretär Kofi Annan hinzukommen.

Der Präsident der international nur von Ankara anerkannten Türkischen Republik Nordzypern, Rauf Denktasch, will an seiner in der letzten Woche bekanntgegebenen Entscheidung festhalten, sich an den Gesprächen in der Schweiz nicht zu beteiligen. Statt dessen soll die türkisch-zypriotische Seite jetzt durch den in Opposition zu Denktasch stehenden Regierungschef Mehmet Ali Talat vertreten werden. Der nationalistische Hardliner Denktasch behält sich damit die Option vor, im Fall einer Einigung gegen das Verhandlungsergebnis zu polemisieren. Die Frage ist, ob Talat, der erst seit den Wahlen im Dezember vorigen Jahres an der Macht ist und nur über eine denkbar knappe Mehrheit verfügt, sich dem Vorwurf aussetzen wird, die türkische Bevölkerung Zyperns »verraten« zu haben.

Der sogenannte Annan-Plan, der den Verhandlungen zugrunde liegt, ist vor allem für die türkische Seite schwer zu verdauen. Er sieht die Verkleinerung des türkischen Teils von jetzt über 36 Prozent der Insel auf nur noch 29 Prozent vor. Etwa 65 000 Menschen, fast ein Drittel der türkisch-zypriotischen Bevölkerung, sollen zwangsweise umgesiedelt werden. Viele von ihnen sind Bauern, und auf türkischer Seite wird argumentiert, daß die geforderten Gebietseinbußen die besten Anbauflächen des noch stark von der Landwirtschaft abhängigen Nordzypern betreffen würden. Auf der anderen Seite geht vielen griechischen Zyprioten der Annan-Plan noch nicht weit genug. Eine Einigung ist schwer vorstellbar, weil beide Seiten den Plan zu ihren Gunsten verändern wollen und davon ihre Zustimmung abhängig machen.

Die für eine Verständigung noch verfügbare Zeit ist äußerst knapp. Am 1. Mai soll auf jeden Fall die Republik Zypern, die den griechischen Bevölkerungsteil der Insel repräsentiert, in die EU aufgenommen werden. Vorher sollen am 20. April in beiden Landesteilen Volksabstimmungen über die Ergebnisse der jetzt stattfindenden Vereinigungsverhandlungen durchgeführt werden. Für die Punkte, über die es bis Mitte nächster Woche keine Einigung gibt, soll Annan in den zur Abstimmung stehenden Text seine eigenen Vorschläge einsetzen.

Die Regierung in Ankara steht unter starkem Druck, sich für ein positives Verhandlungsergebnis einzusetzen, weil davon die Aussichten ihres eigenen Beitrittswunsches zur EU abhängen. Auch die griechische Republik Zypern steht vor der Aufgabe sich kompromißbereit zu zeigen. Falls sie nämlich den Schwarzen Peter für das Nichtzustandekommen einer Einigung erhält, könnte die EU ihre bisherige Nichtanerkennung Nordzyperns überprüfen, wie der britische Außenminister Jack Straw offen androhte.

Aus: junge Welt, 24.03.2004

Ein Drama ohne Happy End

Die Vereinigung Zyperns droht zu scheitern – mit gewaltigen Folgen für die EU (Auszüge)

Von Christiane Schlötzer

(...) Die Wiedervereinigung der seit 30 Jahren geteilten Insel, nach einem klugen Drehbuch von UN und EU, sollte das erste europäische Meisterstück zur Erweiterung der Union zum 1. Mai werden. Wie es aussieht, muss sich die EU aber darauf einstellen, dass der Coup nicht gelingen könnte. Eine Überwindung der anachronistischen Insel-Teilung würde so viele Probleme lösen. Am meisten profitieren würden die Zypern-Türken, die nach Jahrzehnten der Isolation EU-Bürgerrechte genießenwürden. Zweiter großer Gewinner wäre die Türkei, denn ein Zypern-Frieden würde es den EU-Regierungschefs so gut wie unmöglich machen, EU-Beitrittsgespräche mit Ankara abzulehnen.

Profitieren würde zudem Griechenland von einer dauerhaften Entspannung des türkisch-griechischen Nachbarschaftsverhältnisses. Der Gewinner aber wäre auch die EU selbst, weil sie mit einer Zypern-Lösung im unruhigen östlichen Mittelmeer beweisen könnte, dass sie selbst Frieden stiften kann. Schließlich war es die Aussicht auf die EU-Perspektive für das geteilte Zypern, die den Verhandlungsprozess in Gang gebracht hat. Diese Hoffnung brachte Zehntausende von Zypern-Türken auf die Straße, zu den wohl größten Pro-EU-Demonstrationen, die es vor der Erweiterung in Europa gab. (...)

Die EU könnte also zufrieden sein. Aber sie hat übersehen, dass das geteilte Zypern Fakten geschaffen hat, die schwerer zu überwinden sind als der Stacheldraht. Der reiche griechische Süden der Insel hat viel weniger Interesse an einer Vereinigung als der arme türkische Norden. Konkret sorgen sich bereits griechisch- zyprische Tourismusunternehmer um ihre Gäste, falls die bei offener Grenze den unberührten Norden entdecken sollten. Viele Zypern-Griechen glauben zudem, sie könnten einen für die eigene Seite politisch günstigeren Vereinigungs- Plan aushandeln, wenn ihre Republik am 1. Mai – ohne den türkischen Nachbarn – erst einmal in der EU ist. So ist keineswegs gewiss, dass die Volksabstimmung am 20. April auf griechischer Seite ein Ja zur Wiedervereinigung bringt, was wiederum die letzten Nationalisten auf türkischer Seite schon frohlocken lässt. (...)

Süddeutsche Zeitung, 26. März 2004

Diplomatisches Seilziehen vor Annans Ankunft zu Zypern-Gesprächen

Das diplomatische Seilziehen um eine Einigung im Zypern-Konflikt ist am Freitag in eine weitere Runde gegangen. Ab Samstag sollen die Verhandlungen durch die Anwesenheit von Uno- Generalsekretär Annan vorangebracht werden. Aus diplomatischen Quellen verlautete, Annan werde wenn nötig bis Ende Monat auf dem Bürgenstock bleiben. Der Uno-Generalsekretär ist der Schirmherr der Gespräche und setzt sich seit Jahren für eine Lösung des Zypern-Konflikts ein.
Ein Uno-Sprecher vor Ort sagte, auch am Freitag seien weitere Gespräche auf informeller und diplomatischer Ebene zwischen den Parteien vorgesehen. Ob jedoch am Abend die angekündigten Vier-Parteien-Gespräche stattfinden werden, stand am Morgen noch nicht fest.
Bei den Gesprächen auf dem Bürgenstock bei Luzern versuchen Griechisch- und Türkisch-Zyprioten mit Hilfe der Türkei und Griechenlands eine Einigung zum Uno-Friedensfahrplan für Zypern zu erreichen. Dieser sieht den EU-Beitritt eines wiedervereinigten Zyperns am 1. Mai vor. Zypern ist seit 1974 geteilt.

Neue Zürcher Zeitung (online), 26. März 2004

Uno will Zypern-Gespräche retten

Zur Rettung der festgefahrenen Zypern-Verhandlungen will die Uno bei den Gesprächen in der Innerschweiz einen erweiterten Wiedervereinigungsplan vorlegen. Der Uno-Generalsekretär ist am 27. März auf dem Bürgenstock eingetroffen.

Der ergänzte Entwurf soll den Konfliktparteien am 28. oder 29. März vorgelegt werden, wie es am 27. März in Uno-Kreisen hiess. Der erweiterte Entwurf des Uno-Wiedervereinigungsplans sei sehr umfangreich und könne "mehrere tausend Seiten" umfassen, sagte ein Diplomat. Beim neuen Entwurf soll es sich um eine völlig überarbeitete Version des bisherigen Uno-Plans handeln, der für Zypern eine Konföderation zwischen dem türkischen und dem griechischen Inselteil nach Schweizer Vorbild vorsieht.

Am Samstag traf UN-Generalsekretär Kofi Annan auf dem Bürgenstock ein, wie ein UN-Sprecher vor Ort bestätigte. Annan will sich zuerst vom UNO-Sonderbeauftragten Alvaro de Soto und dessen Team über den Stand der seit 24. März andauernden Gespräche informieren lassen, bevor er selber an den Verhandlungen teilnimmt. Der UN-Generalsekretär soll voraussichtlich bis Ende des Monats auf dem Bürgenstock bleiben.

Wie aus UNO-Quellen verlautete, wird am 29. März auch die Teilnahme von EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen bei den Gesprächen im hermetisch abgeriegelten Hotelkomplex hoch über dem Vierwaldstättersee erwartet.

Auch die USA beobachten die Verhandlungen sehr genau, wie der Sprecher des Außenministeriums, Richard Boucher, nach Angaben der griechisch-zyprischen Nachrichtenagentur cna sagte. Die USA seien durch zwei Botschafter vor Ort präsent und Außenminister Colin Powell wäre nötigenfalls bereit, persönlich in die Verhandlungen einzugreifen, sagte Boucher.

Am 26. März hatte bereits die EU-Kommission mitgeteilt, dass Brüssel ein Abkommen zur Wiedervereinigung Zyperns akzeptieren werde. Die Union würde den EU-Beitritt eines wiedervereinigten Zyperns jedoch bevorzugen. Sie wäre auch bereit, die Punkte des UN-Plans zu Zypern an EU-Prinzipien anzupassen.

Der türkische Aussenminister Abdullah Gül sagte jedoch nach seiner Rückkehr aus Brüssel auf den Bürgenstock, die EU-Vorschläge seien für seine Regierung "nicht zufriedenstellend", wie die Agentur cna berichtete. Die Türkei und die türkischen Zyprioten verlangen vor einer Einigung dauerhafte Ausnahmeregelungen von verschiedenen EU-Gesetzen.

Nach: Neue Zürcher Zeitung (online), 28.03.2004

Neuer Plan von Kofi Annan

Am 29. März legte Kofi Annan seinen vermutlich endgültigen Plan für eine Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Insel vor. Annan übergab das 220 Seiten starke Dokument den Konfliktparteien, das über 9.000 Seiten Erläuterungen verfügt.
An der letzten Runde der Verhandlungen, die am 31. März beendet werden sollen, nehmen der griechische Regierungschef Kostas Karamanlis und der türkische Premier Tayyip Erdogan teil. Mit der jetzt vorgelegten Überarbeitung seines Friedensplanes von 2002 wollte Annan beiden Seiten noch einmal entgegenkommen. Einzelheiten des neuen Dokuments wurden nicht veröffentlicht.
Erste Reaktionen der Zypern-Griechen aber klangen wenig begeistert. Annan habe ihnen "ein Sandwich und eine Tasse Kaffee gegeben", der türkischen Seite aber "ein Essen mit fünf Gängen mit Champagner", sagte ein Delegationsmitglied. Die türkische Seite reagierte dagegen zustimmender. Beide Seiten müssten sich bewusst sein, dass "keiner Bürgenstock als Sieger verlassen kann", sagte Serdar Denktasch, Außenminister der türkischen Republik Nordzypern. Nach Berichten des türkischen Senders NTV hat Annan den Wunsch der griechischen Seite zurückgewiesen, türkische Siedler von einer Volksabstimmung auf der Insel über den Vereinigungsplan auszuschließen. Nach dem Plan sollen 45.000 aus der Türkei zugezogene Siedler auf der Insel bleiben können. Etwa 80.000 sollen dort aber bereits leben.
Annan soll dagegen dem türkischen Wunsch entsprochen haben, dass auch nach einem späteren EU-Beitritt eine geringe Zahl türkischer Soldaten auf der Insel bleiben dürfe. Der neue Plan soll dafür den türkischen Kanton des neuen Staates verkleinern und zugleich weniger Griechen erlauben, sich sofort im türkischen Norden niederzulassen. Die türkische Seite möchte aber zudem erreichen, dass die Einschränkungen der Niederlassungsfreiheit wesentlich länger gelten als die im Annan-Plan vorgesehenen 15 Jahre. Die EU will jedoch keine Dauer-Ausnahmen von den Freizügigkeitsrechten der Union erlauben, wenn ein wiedervereinigtes Zypern am 1. Mai Mitglied der EU würde.
Gibt es bis zum 31. März keine Einigung, will UN-Generalsekretär Annan einen Plan vorlegen, über den die 800.000 Zyprer am 20. April in einem Referendum abstimmen sollen. Auf dieses Vorgehen hatten sich beide Parteien im Februar in New York geeinigt.
(Quelle: Süddeutsche Zeitung, 30.03.2004)

Verhandlungen gescheitert - Jetzt Volksabstimmung über UN-Plan

Nach dem Scheitern der Zypern-Verhandlungen wird die Bevölkerung der geteilten Mittelmeer-Insel noch im April direkt über den UN-Plan zur Wiedervereinigung abstimmen. Die Vertreter der türkischen und griechischen Volksgruppe Zyperns sowie Griechenlands und der Türkei hatten sich nach einwöchigen Verhandlungen in der Schweiz ohne Einigung getrennt.

Die zyprische Bevölkerung habe die Wahl zwischen einer Lösung des Jahrzehnte alten Konfliktes oder gar keiner Lösung, sagte UN-Generalsekretär Kofi Annan. Zu viele Chancen seien in der Vergangenheit verpasst worden. Trotz weiterer Kompromissvorschläge Annans konnten sich die Verhandlungspartner bis zum Ablauf der Frist um Mitternacht (31. März/1. April) nicht auf eine gemeinsame Fassung des UN- Plans einigen. Insbesondere die griechischen Zyprer meldeten Bedenken an. Die türkische Seite werde aus ihrer Sicht bevorzugt.

Bei einem Scheitern der Verhandlungen war der UN- Generalsekretär von beiden Seiten bevollmächtigt worden, die verbliebenen Streitpunkte zu regeln und seinen Plan der griechischen und türkischen Volksgruppe auf Zypern in getrennten Referenden zur Abstimmung vorzulegen. "Es stellte sich leider als unmöglich heraus, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen", erklärte der griechische Ministerpräsident Kostas Karamanlis. Der türkische Regierungschef Recep Tayyip Erdogan forderte die Bevölkerung Zyperns indirekt auf, dem UN-Plan zuzustimmen.

US-Außenminister Colin Powell begrüßte die Ankündigung Annans, den Wiedervereinigungsplan am 24. April zur Abstimmung zu stellen. "Das ist ein historischer Moment und ein kraftvolles Signal der Versöhnung", sagte Powell in Berlin.

Der UN-Vorschlag sieht die Bildung eines eigenständigen und föderalen Staates vor, der aus zwei gleichberechtigten Teilstaaten beider Volksgruppen besteht. Besonders umstritten waren zuletzt die Bedingungen für die Rückkehr griechischer Zyprer in den nur von Ankara anerkannten, seit 1974 türkisch besetzten Nordteil der Insel.
Nach einer Umfrage des griechisch-zyprischen Fernsehens in Nikosia wollen 74 Prozent der griechischen Zyprer gegen den Plan stimmen und nur vier dafür. 22 Prozent zeigten sich unentschieden.


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