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Das letzte Wort hat das Volk

Um Zypern wiederzuvereinen, müssen Kompromisse geschlossen und Ressentiments abgebaut werden

Von Christiane Sternberg, Nikosia *

Die Führer der griechischen und der türkischen Zyprer, Dimitris Christofias und Dervis Eroglu, kommen am heutigen Donnerstag (7. Juli) mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in Genf zu einer neuen Gesprächsrunde über eine Lösung im Zypern-Konflikt zusammen. In Zyperns Presse wird heftig spekuliert über mögliche Resultate des heute in Genf stattfindenden Gipfeltreffens von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon mit dem Präsidenten der griechischen Zyprer, Dimitris Christofias, und dem Volksgruppenführer der Zyperntürken, Dervis Eroglu. Der Chefdiplomat der UNO hält mit den trilateralen Meetings persönlich die Dynamik der aktuellen Friedensverhandlungen in Gang, die seit ihrem Beginn vor knapp drei Jahren mehr als einmal zu stagnieren drohten.

Seit dem letzten Zypern-Gipfel im Januar haben die Verhandlungsführer und ihre Beauftragten sich mit der Frage beschäftigt, ob die bisher geschlossenen internationalen Verträge der beiden Teilstaaten auch in einem vereinten Zypern Bestand haben werden und wie die Kompetenzen der Polizeikräfte auf Bundes- und Länderebene verteilt sein sollen. Aber über kritische Punkte herrscht noch immer Uneinigkeit: Ob Rückgabe vor Entschädigung gelten soll für die Grundstücke, von denen die Besitzer beim Einmarsch des türkischen Militärs 1974 vertrieben wurden, wie viele der im türkisch-zyprischen Norden angesiedelten Festlandstürken die gesamtzyprische Staatsbürgerschaft bekommen werden und ob die Türkei ihren Garantieanspruch behalten darf. Einig zu sein scheinen sich beide Seiten immerhin darüber, dass die Verhandlungen sich nicht ewig ergebnislos fortführen lassen. Christofias bezeichnete die Übernahme der EU-Präsidentschaft durch Zypern im zweiten Halbjahr 2012 als »natürliche Deadline«.

Mit welchen Lösungsvorschlägen im Gepäck sich die Delegationen aus Zypern auf den Weg nach Genf machen, erfährt die zyprische Bevölkerung hingegen nicht. Christofias ließ lediglich verlauten, er sei gut vorbereitet. Eroglu erklärte, die türkisch-zyprische Seite habe eine Strategie ausgearbeitet, auf welchen Gebieten man zu Zugeständnissen bereit sei und ergänzte: »Mein Volk sehnt eine Lösung des Zypern-Problems stärker herbei als die Zyperngriechen.« Dies wiederum wies Christofias als »türkische Propaganda« zurück.

Dieser ewige Zwist und das langwierige Ringen um Kompromisse lassen die Bevölkerung resignieren. Zwar wünschen sich zwei Drittel aller Zyprer eine Wiedervereinigung, doch nur zehn Prozent vertrauen noch darauf. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie der bikommunalen Initiative »Cyprus 2015«. Während die Zyperngriechen eine starke Bundesregierung bevorzugen, sind die Zyperntürken eher an größeren Machtbefugnissen ihres türkisch-zyprischen Teilstaates interessiert, um nicht von der griechisch-zyprischen Mehrheit vereinnahmt zu werden. Das ökonomische Ungleichgewicht auf der Insel bereitet beiden Volksgruppen große Kopfschmerzen. Die Zyperngriechen fürchten, dass die Kosten der Wiedervereinigung größtenteils an ihnen hängen bleiben, während die Zyperntürken vermuten, der reichere Süden würde sie wirtschaftlich dominieren. Die Debatte um Rückgabe oder Entschädigung werde auf beiden Seiten eher von Prinzipienreiterei als von konstruktiven Dialogen geprägt. Und die Sicherheitsfrage bezeichnet die Studie ganz klar als »Dilemma«: Obwohl das Potenzial eines erneuten Konflikts zwischen den Volksgruppen alle gleichermaßen beunruhigt, sehen aus ihrer unterschiedlichen Erfahrung heraus die Zyperntürken die Türkei als Garant für ihre Sicherheit, die Zyperngriechen betrachten die Großmacht im Norden hingegen als Bedrohung.

Sollten bei den Vereinigungsgesprächen tatsächlich bahnbrechende Kompromisse gefunden werden, müssten sie der Bevölkerung behutsam beigebracht werden. Eine gemeinsame Informationskampagne schlagen die Friedensaktivisten von »Cyprus 2015« vor, bei der Vorteile oder Nachteile des Vereinigungsplans für beide Volksgruppen ehrlich erläutert werden, um Verständnis füreinander zu wecken. Gelingt es der politischen Elite beider Seiten nicht, die seit Jahrzehnten gewachsenen Ressentiments ihrer Landsleute abzubauen, wird das Volk beim Referendum selbst den schönsten Plan zu Fall bringen.

* Aus: Neues Deutschland, 7. Juli 2011


Greek Cypriot and Turkish Cypriot leaders agree to greater UN role in talks – Ban

7 July 2011 – Secretary-General Ban Ki-moon said today that the leaders of the Greek Cypriot and Turkish Cypriot communities had accepted his offer for an enhanced United Nations mediation role in talks aimed at reunifying the Mediterranean island, adding that he expected both sides to reach convergence on core issues by October.

In remarks to reporters after meeting with Greek Cypriot leader Dimitris Christofias and his Turkish Cypriot counterpart, Dervis Eroglu, in Geneva, Mr. Ban said that both leaders had made it clear that they intended to reach a comprehensive solution as soon as possible.

“I stated to Mr. Christofias and Mr. Eroglu that while I agreed that the negotiations must be Cypriot-led and Cypriot-owned, I was prepared to offer an enhanced United Nations involvement, without prejudice to this central principle,” said Mr. Ban. “I am happy to report that both leaders have accepted my offer,” he added.

He said that both sides have been working steadily to take the negotiations forward since he last met them in January, but progress has been far too slow, with some important issues remaining untouched.

“We have identified some of the difficulties that are standing in the way of reaching a comprehensive agreement, and we have discussed the need to significantly intensify the negotiations. I have also raised with both the leaders the importance of looking ahead at the objective rather than focusing on the problem in minute detail,” said the Secretary-General, adding that the meeting had taken place in a positive atmosphere.

He said he was impressed with the commitment of both sides to agree on the details for creating a united Cyprus.

“I have every expectation that by October the leaders will be able to report that they have reached convergence on all core issues, and we will meet that month in New York,” said Mr. Ban.

“This will take the Cyprus negotiations close to their conclusion and would allow me to give a positive report to the Security Council on the matter. It would also pave the way for me to work with the parties towards convening a final international conference,” he added.

The Secretary-General said that both Mr. Christofias and Mr. Eroglu had agreed to begin to build support for a comprehensive agreement, stressing that that they must renew their communities’ hope and enthusiasm for a solution. The two leaders also acknowledged the need to begin to prepare their respective communities for the compromises required for a settlement and the prospect of living together in a united Cyprus, he added.

The UN has been facilitating talks between the Greek Cypriot and Turkish Cypriot leadership with a view to the eventual establishment of a Federal Government with a single international personality, consisting of a Turkish Cypriot Constituent State and a Greek Cypriot Constituent State, each of equal status.

The world body has maintained a peacekeeping force – known by its acronym UNFICYP – on the island since 1964, with a current strength of nearly 1,000 uniformed personnel and 150 international and national civilian staff.

** Source: UN News Centre; www.un.org


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