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EU will Truppen nach Zentralafrika schicken

Hunderttausende auf der Flucht vor Gewalt. Millionen auf Nothilfe angewiesen *

Die Europäische Union plant die Entsendung von Soldaten in die Zentralafrikanische Republik. Über einen entsprechenden Vorschlag der EU-Außenbeauftragten beraten die für Sicherheitspolitik zuständigen Botschafter der 28 EU-Staaten erstmals am heutigen Freitag, sagten EU-Diplomaten in Brüssel. Dabei geht es um einen Einsatz in Bataillonsstärke: Das wären 700 bis 1000 Mann.

In dem Vorschlag heißt es, die EU-Soldaten könnten entweder zur Sicherung des Flughafens der Hauptstadt Bangui oder aber zum Schutz der wichtigsten Verbindungsstraße zwischen der Zentralafrikanischen Republik und dem benachbarten Kamerun eingesetzt werden. Im Land befinden sich bereits 1600 französische Soldaten sowie 4500 Soldaten einer Truppe der Zentralafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft.

Eine Vorentscheidung über den Einsatz von Soldaten der EU soll am 20. Januar bei einem Treffen der EU-Außenminister fallen. Diplomaten sagten, danach werde es noch mehrere Wochen dauern, bis die Truppe zusammengestellt und einsatzbereit sei. Bisher ist noch unklar, welche Staaten sich beteiligen.

Frankreichs Präsident François Hollande hatte beim EU-Gipfel im Dezember in Brüssel die Unterstützung der anderen EU-Staaten für den Einsatz in Zentralafrika gefordert. »Die Linke weist alle Überlegungen scharf zurück, europäische Soldaten in die Zentralafrikanische Republik zu entsenden«, so Christine Buchholz, friedenspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke. »Der bisherige Einsatz französischer und afrikanischer Truppen hat die Situation nur weiter chaotisiert und Öl ins Feuer gegossen. Was die Menschen brauchen, ist die dringende Aufstockung der humanitären Hilfe. Europa kann mehr tun, um Maßnahmen wie die anlaufende Polioimpfung durch UNICEF zu unterstützen.«

In Zentralafrika tobt ein blutiger Krieg zwischen christlichen und muslimischen Milizen. Dieser Machtkampf hat nach Angaben des UN-Büros für die Koordinierung von Nothilfe in Genf dazu geführt, daß rund 785000 Menschen auf der Flucht sind. 2,2 Millionen der rund fünf Millionen Einwohner seien auf Nothilfe angewiesen.

Erst am Donnerstag morgen hatten Kämpfer der muslimischen Miliz Seleka in dem Ort Boyali nordöstlich der Hauptstadt Bangui einen Christen bei lebendigem Leib verbrannt und mehrere weitere verletzt. Die Tat war vermutlich ein Vergeltungsakt für den Tod von 40 Muslimen. Sie waren am Mittwoch von christlichen Bürgermilizen getötet worden.

Der Übergangspräsident der Zentralafrikanischen Republik, Michel Djotodia, steht einem westlichen Diplomaten zufolge kurz vor seinem Rücktritt. Die Nachbarstaaten hätten zuvor Druck auf den ehemaligen Rebellenführer ausgeübt, die Zügel des Krisenlandes in andere Hände zu legen. Djotodias Rebellenbündnis Seleka hatte bei einem Putsch im März die Macht übernommen.

* Aus: junge Welt, Freitag, 10. Januar 2014


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