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Selbstbestimmte Entwicklung

Beim Aufbau der Siedlung Lim steht Partizipation im Mittelpunkt

Von Ilona Schleicher *

Es brauchte gut ein Jahr, ehe nach ersten Konsultationen der Aufbau der Siedlung Lim im November 2008 beginnen konnte. Die Partizipation der Betroffenen war von Anfang an ein wichtiges Grundprinzip.

An den Diskussionsrunden über den Projektvorschlag der Gemeinde Huong Ho nahmen Vertreter des Rates der Gemeinde, der übergeordneten Verwaltung des Kreises und der Union der Freundschaftsorganisationen aus der Provinzhauptstadt Hue (HUEFO) teil. Mit einem Dekret über die »Graswurzel«-Demokratie hat die vietnamesische Regierung im Jahr 2003 den Kommunen weitreichende Mitwirkungsrechte bei der Wahl, der Durchführung und Evaluierung von Projekten zur Armutsbekämpfung und Entwicklung zugestanden. So saßen der Gemeindechef Phuoc und seine Kollegen nicht nur mit am Tisch, um der Form halber dem Dekret zu genügen. Fachleute des Kreises Huong Tra aus den Abteilungen für Landwirtschaft, für Bildung und Erziehung und von der schwergewichtigen Abteilung für Investitionen und Planung griffen die Vorstellungen aus der Gemeinde auf, diskutierten sie auf gleicher Augenhöhe, glichen sie mit den Kapazitäten des Kreises ab. Gemeinsam beantworteten sie Fragen von SODI, deren Klarstellung für eine entwicklungspolitische Begründung des Förderantrags beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung notwendig war. Schon beim ersten Treffen wurde auch deutlich, dass von den HUEFO-Freunden mehr als Übersetzungsleistungen zu erwarten war. Aber wie würden die Städter in der Praxis mit einem Projekt zur ländlichen Entwicklung klarkommen?

Le Van Anh, ehemaliger Bürgermeister von Hue und Vorsitzender von HUEFO, und seine jungen Mitarbeiter ließen schon durch ihre Art, wie sie mit den Leuten aus der Gemeinde fachsimpelten, Skepsis gar nicht erst aufkommen. Und nicht nur das. Gemeinsam mit dem Gemeindechef haben sie sich darum bemüht, bereits in einem frühen Stadium der Projekterarbeitung die Bevölkerung der Gemeinde und insbesondere die potenziellen Bewohner der geplanten Siedlung Lim durch eine umfassende Information über das Vorhaben einzubeziehen. Gleich nach der ersten Informationsveranstaltung haben sich sechs Familien als Bewerber für das Projekt eingetragen. Sie haben ihren Gemeindechef und die Städter bei ihren gemeinsamen »Feldbesuchen« während der Vorbereitung des Projekts begleitet und bei einem Becher Tee über die Zukunft gesprochen. Die mittlerweile Ortskundigen konnten ihren Gästen manchen guten Tipp geben, denn sie wussten, welche Quelle das meiste Wasser führt, wo die Erde leicht ins Rutschen gerät, wo Felsgestein den Brunnenbau erschwert.

Eines verrieten die Freunde aus Hue jedoch nicht gleich: Le Van Anh hat bereits 1967 die Universität Hanoi mit einem Diplom in Landwirtschaft abgeschlossen und später, bevor er Bürgermeister wurde, auch ein Training am Internationalen Reisforschungsinstitut auf den Philippinen absolviert. Nun gehört er zum Beraterstab der in Hanoi ansässigen Nichtregierungsorganisation »Nachhaltige Landwirtschaftliche Entwicklung«. HUEFO ist eine ihrer Partnerorganisationen. Beide teilen die Vision, Menschen in den ländlichen Gebieten zu befähigen, ihre Lebensverhältnisse in einer solidarischen Gesellschaft selbst zu gestalten und die Armut zu überwinden. Der Aufbau von Lim ist ein kleiner Schritt auf diesem Weg.

* Aus: Neues Deutschland, 13. Dezember 2008


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