Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Umsturzversuch aufgedeckt

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Opposition wegen Plänen zu Mord an Präsident Nicolás Maduro. US-Botschafter in Kolumbien Dokumenten zufolge verwickelt

Von Lena Kreymann *

In Venezuela hat die Staatsanwaltschaft für kommenden Montag führende Oppositionelle des lateinamerikanischen Landes vorgeladen, um sie zu möglichen Verwicklungen in Pläne zum Staatsstreich und zur Ermordung des venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduros zu befragen. Dies erklärte dem lateinamerikanischen Fernsehsender TeleSur zufolge die Generalstaatsanwältin am Mittwoch abend (Ortszeit) und betonte, daß neben diesen Ermittlungen gegen Führungspersönlichkeiten der venezolanischen Rechten auch weiteren Anzeigen nachgegangen würde, die auf eine Gefährung der nationalen Souveränität des Landes verweisen.

Am Mittwoch vergangener Woche hatte Jorge Rodríguez, Bürgermeister des Bezirks Libertador der Hauptstadt Caracas, den E-Mail-Verkehr zwischen venezolanischen Regierungsgegnern vorgestellt.

Den Ausführungen des Führungsmitglieds der Regierungspartei PSUV zufolge geht aus den im Internet veröffentlichten E-Mails hervor, daß Oppositionelle um die rechte Politikerin María Corina Machado Pläne zur Ermordung des venezolanischen Präsidenten und weiterer hochrangiger venezolanischer Politiker gefaßt hatten.

»Ich denke, die Stunde ist gekommen, die Kräfte zu bündeln, die notwendigen Anrufe zu tätigen sowie die Gelder zu sammeln, um Maduro zu ermorden, und der Rest wird dann von alleine zusammenzubrechen«, heißt es demnach in einer E-Mail von Machado an Diego Arria, ehemaliger Vertreter Venezuelas bei der UNO und Expräsidentschaftskandidat. Weitere beteiligte Regierungsgegner sind der Exgouverneur des Bundesstaates Carabobo, Henrique Salas Römer, und der Anwalt Gustavo Tarre.

Die Opposition plante dem Schriftwechsel zufolge auch Angriffe auf das öffentliche Nahverkehrssystem, wie sie seit dem 12. Februar diesen Jahres mehrfach stattgefunden hatten. An diesem Tag hatten in Venezuela gewaltsame Proteste von Regierungsgegnern begonnen, bei denen nach offiziellen Angaben bislang 41 Menschen ums Leben gekommen sind. »Mit diesen Beweisen ist belegt, daß die Studentenproteste nicht spontan waren«, erklärte dazu Bürgermeister Rodríguez. Er unterstrich, daß die Umsturzpläne »in der aktuellen Phase« gestoppt worden seien.

Aus den Dokumenten geht außerdem hervor, daß der erst Anfang April ernannte Botschafter der USA in Kolumbien, Kevin Whitaker, in die Verschwörung verwickelt war. »Kevin Whitaker hat mir bereits wiederholt seine Unterstützung bestätigt und neue Schritte angeregt«, heißt es in einer weiteren Mail von Machado. Das State Department dementierte die Beteiligung des US-Botschafters an solchen Plänen, wie die Nachrichtenseite noticias24.com berichtete. Machado erklärte der venezolanischen Zeitung El Nacional zufolge den digitalen Briefwechsel bereits am Tag vor dessen Veröffentlichung für gefälscht.

Maduro forderte die USA unterdessen auf, zu den Vorwürfen Stellung zu beziehen. »Ich habe vom State Departement dringend eine Erklärungen erbeten über alle Informationen, nach denen höchste Funktionäre in den Plan zur Ermordung des Präsidenten der Bolivarischen Republik Venezuela verwickelt waren«, sagte der Amtsträger am vergangenen Dienstag. Die venezolanische Regierung plant TeleSur zufolge zudem, in der Angelegenheit vor US-Gerichte zu ziehen. Maduro betonte außerdem, daß alle Informationen zu den Plänen auf legalem Wege erlangt worden seien.

Es ist nicht das erste Mal, daß seit dem Amtsantritt Maduros von derartigen Umsturzplänen berichtet wird. Erst Ende März dieses Jahres waren drei Generäle der Luftwaffe unter dem Vorwurf verhaftet worden, mit der venezolanischen Rechten einen Staatsstreich vorbereitet zu haben.

* Aus: junge Welt, Freitag, 6. Juni 2014


Zurück zur Venezuela-Seite

Zur Venezuela-Seite (Beiträge vor 2014)

Zurück zur Homepage