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Geopolitik mit Milliardendeals

Venezuelas Präsident Chávez baut Zusammenarbeit mit Rußland aus

Von Harald Neuber *

Lateinamerika entwickelt sich »zu einem wichtigen Faktor in der neu entstehenden multipolaren Weltordnung«. Das erklärte der amtierende russische Ministerpräsident Wladimir Putin nach einem Arbeitstreffen mit dem venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez am Donnerstag abend (25. Sept.) in seinem Amtssitz Nowo-Ogarjowo außerhalb Moskaus. Chávez war zu Beginn seines zweitägigen Besuches zunächst mit Putin und am Freitag mit Präsident Dmitri Medwedew zusammengekommen.

Wie schon bei seiner letzten Reiseetappe in Peking unterzeichnete der venezolanische Staatschef auch in Moskau zahlreiche Abkommen. Vor allem im militärischen Bereich bauen beide Staaten ihre Zusammenarbeit aus. Bereits von 2005 bis 2007 waren nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Itar-Tass ein Dutzend entsprechender Verträge mit einem Gesamtwert von umgerechnet 4,4 Milliarden US-Dollar geschlossen worden. Die künftigen Kontakte sollen nach Aussagen der Beteiligten über herkömmliche Rüstungsgeschäfte hinausgehen.

Putin stellte neben Hilfen für Venezuela beim Ausbau ziviler Atomtechnologie auch eine Intensivierung der »technisch-militärischen Kooperation« in Aussicht. »Wir sind bereit, diese Zusammenarbeit bei Verteidigungstechnik weiter zu diskutieren«, sagte der Ministerpräsident. Zugleich gab der Kreml bekannt, die Kreditlinie für Venezuela auf umgerechnet eine Milliarde US-Dollar anzuheben.

Vor wenigen Tagen erst war Sergej Chemezow, der Chef des russischen Rüstungskonzerns Rostechnologi, in Caracas zu Gast. Als Mitglied einer Delegation unter Leitung des russischen Vizepremiers Igor Setschin vereinbarte er die Lieferung mehrerer Kampfflugzeuge, Militärhubschrauber und Waffen aus russischer Produktion.

Künftig sollen nach Putins Angaben auch die Seestreitkräfte beider Staaten enger zusammenarbeiten. Vier russische Kriegsschiffe sind bereits in venezolanische Gewässer unterwegs, um Mitte November an einem mehrtägigen Manöver mit der Marine des südamerikanischen Landes in der Karibik teilzunehmen. Auf wirtschaftlicher Ebene wollen die Führungen beider Staaten ein gemeinsames Energiekonsortium gründen. An dem zwischenstaatlichen Konzern wären die Staatsunternehmen PdVSA (Venezuela) sowie Lukoil und Gasprom (Rußland) beteiligt. »Es wäre das größte Unternehmen dieser Art weltweit«, so Chávez. Vereinbart wurde in Moskau – wie zuvor in China –zudem die Gründung einer binationalen Entwicklungsbank mit Geldern aus dem Energiegeschäft.

Am Freitag nachmittag (26. Sept.) flog Chávez nach Lissabon weiter.

* Aus: junge Welt, 27. September 2008

Weitere Meldungen aus Moskau

Kreml dankt Chavez für Empfang russischer Bomber

MOSKAU, 26. September (RIA Novosti). Die militärtechnische und Wirtschaftskooperation steht am Freitag im Mittelpunkt des Treffens von Hugo Chavez und Dmitri Medwedew. Venezuela erhält einen milliardenschweren Kredit, Russland dankt für den Empfang seiner Bomber.

Im Vorfeld des Gesprächs sagte ein Kreml-Beamter zu RIA Novosti: „Die militärtechnische Kooperation zwischen Russland und Venezuela entwickelt sich positiv, indem sie sich auf ein einschlägiges Regierungsabkommen sowie die internationalen Verpflichtungen und Völkerrechtsnormen stützt“.

Russland gewähre Venezuela demnächst einen Kredit in Höhe von einer Milliarden US-Dollar für die Umsetzung des militärtechnischen Kooperationsprogramms.

„Nicht zu übersehen ist in diesem Zusammenhang etwa, wie freundlich die Besatzungen der russischen Tu-160-Flugzeuge in Venezuela jüngst empfangen wurden. Im November soll ein russischer Marine-Verband mit dem Atomkreuzer ‚Pjotr Weliki’ an der Spitze“ Venezuela besuchen“, so der Kreml-Beamte.

Russland und Venezuela investieren Milliarden in gemeinsames Öl- und Gaskonsortium

ORENBURG, 26. September (RIA Novosti). Die Energieministerien von Russland und Venezuela haben am Freitag ein Memorandum of Understanding unterzeichnet. Bis Frühjahr 2009 soll nun ein gemeinsames Öl- und Gaskonsortium entstehen.

Wie der russische Energieminister Sergej Schmatko mitteilte, folgt dem unterzeichneten Memorandum demnächst ein Regierungsabkommen, das die Öl- und Gaskooperation zwischen Russland und Venezuela regeln wird.

Dieses Abkommen beinhalte die Gründung eines Konsortiums, an dem sich der venezolanische Staatskonzern PDVSA sowie einige russische Großunternehmen beteiligen würden.

„PDVSA wird die Kontrolle haben“, so Schmatko. Russland sei voraussichtlich durch die Konzerne Gazprom, Rosneft, Surgurneftegas, Lukoil und TNK-BP vertreten.

Wie Gazprom-Chef Alexej Miller sagte, werde sein Konzern das Konsortium auf der russischen Seite leiten.

„Es geht um hundert Millionen und Milliarden US-Dollar als Investitionen. Zunächst muss natürlich entschieden werden, welche Vorkommen ausgebeutet werden“, so Miller.

Chavez befürwortet Russlands Handlungen im Kaukasus und lobt die Tu-160-Bomber

ORENBURG, 26. September (RIA Novosti). Bei seinem Treffen mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew hat der venezolanische Präsident Hugo Chavez Moskau den Rücken im Kaukasus-Konflikt gestärkt, die Gründung eines neuen Ölkonsortiums angekündigt und russische Tu-160-Bomber gelobt.

Medwedew empfing Chavez am Freitag in der Südural-Stadt Orenburg. „Ich möchte dafür danken, dass die Übung unserer Langstreckenbomber, die bei euch jüngst zu Gast waren, so gut organisiert wurde“, so der russische Präsident.

Auch Chavez bezeichnete die Ankunft der Bomber als guten Kooperationsbeitrag: „Wir sind von diesen wunderbaren Flugzeugen entzückt“.

Medwedew kündigte neue Kooperationsabkommen an: „Ich spreche sowohl von der wirtschaftlichen als auch von der militärtechnischen Zusammenarbeit“.

Chavez präzisierte: „Es gibt eine ganze Reihe von ernsthaften Fragen. Das betrifft etwa die Gründung einer russisch-venezolanischen Bank oder den Vorschlag zur Gründung eines Öl- und Gaskonsortiums zwischen Gazprom und PDVSA, den du uns mit Putin zukommen lassen hast“. PDVSA (Petróleos de Venezuela, S.A.) ist ein staatlicher Ölkonzern Venezuelas.

„Ich möchte unsere resolute Unterstützung für Russlands Handeln im Kaukasus bestätigen. Wir kennen die Ursachen dieses Konfliktes sehr gut. Wir wissen, wie das friedliche Volk Südossetiens überfallen wurde“, so Chavez weiter.

** Alle Meldungen: Russische Nachrichtenagentur RIA Novosti, 26. September; http://de.rian.ru




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