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Chávez legt die Hand aufs Gold

Venezuela will illegales Schürfen in den Griff bekommen

Von Knut Henkel *

Gold hat in Zeiten der weltweiten Krise auch Venezuelas Staatschef Hugo Chávez lieber in direkter Reichweite und unter Kontrolle. Erst veranlasste er den Transport venezolanischer Goldreserven aus Übersee nach Caracas, nun wird auch die Förderung unter Kontrolle gebracht. Offizieller Grund dafür sind der Schmuggel und die zunehmende organisierte Kriminalität rund ums Gold. Inoffiziell könnte aber auch die Ressourcenmobilisierung für die nächsten Wahlen eine Rolle spielen.

La Paragua heißt ein Flusshafen im Südosten Venezuelas, wo seit Jahren der Goldrausch tobt. Einige zehntausend Männer und Frauen schürfen in der Region meist illegal nach dem gelben Metall, aber auch nach Diamanten. Der hohe Rohstoffpreis sorgt für einen Run in die Region. Das hat allerdings beachtliche Konsequenzen, denn Verschmutzungen mit Quecksilber sind eine direkte Folge.

Damit könnte alsbald Schluss sein. Hugo Chávez hat am Mittwoch (24. Aug.) ein Gesetz unterzeichnet, welches die Förderung und den Export von Gold dem Staat unterstellt. Dem Präsidenten ist es schon länger ein Dorn im Auge, dass Venezuela zwar über große Goldreserven verfügt, aber jährlich nur sechs Tonnen fördert. Mehr als doppelt so viel, so behauptete Chávez im Mai, werde illegal gefördert – und diese Menge möchte Venezuelas Präsident nun in die staatlichen Depots umleiten.

Kein schlechter Plan, denn schließlich leidet die Währung, der Bolívar fuerte, seit seiner Einführung unter der latenten Inflation. 20 bis 30 Prozent Preissteigerung sind in Venezuela nahezu normal und da dienen die Goldreserven schon mal als Rettungsanker. Die 154 Tonnen, über die die Zentralbank offiziellen Daten zufolge verfügt, haben derzeit einen Gegenwert von rund fünf Milliarden Euro – Tendenz steigend. Weitere 211 Tonnen im Wert von rund sieben Milliarden Euro lagern im Ausland, vor allem in den Depots der Bank of England. Diese Goldbarren werden in den kommenden Wochen in Caracas zurückerwartet und es ist geplant, die Goldreserven kontinuierlich aufzustocken.

Dazu will die Regierung den illegalen Abbau in die staatliche Kontrolle überführen. Das Gesetz 8413 sei, so Chávez, dessen Ende. Fortan sollen die kleinen illegalen Minen mit einer staatlichen Mehrheitsbeteiligung arbeiten oder gar nicht. Zudem wird ein Steuersatz von 13 Prozent für den Tagebau erhoben. Derzeit sind laut der Regierung in Caracas 890 000 Hektar für Bergbauaktivitäten konzessioniert, davon 138 000 unter staatlicher Regie. »All diese Konzessionen werden in den Staatsbesitz übergehen«, erklärte Chávez auf einer Pressekonferenz. Dabei wettere er erneut gegen die »Mafia, die die Hände im Goldgeschäft hat«. Offiziell fördern dürfen derzeit nur drei Unternehmen Gold in Venezuela: die staatliche Minverven, die russische Firma Rusoro und die kubanische Geominsal. Daran soll sich nichts ändern.

Der Staatschef hat insbesondere dem Wildwuchs den Kampf angesagt. Das könnte sich gerade für die Umwelt positiv auswirken, aber womöglich auch für die Staatskasse – angesichts der im nächsten Jahr anstehenden Wahlen sind zusätzliche Ressourcen sicher willkommen.

* Aus: Neues Deutschland, 26. August 2011


Von Harald Neuber Südamerika wappnet sich gegen die Krise

Treffen des Unasur-Bündnisses in Buenos Aires

Von Harald Neuber **


Die zwölf Mitgliedsländer des südamerikanischen Staatenbündnisses Unasur haben bei einem Sondergipfel in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires am Mittwoch weitreichende Maßnahmen beraten, um die Region vor der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu schützen. Bei dem Treffen im Tagungszentrum des Außenministeriums einigten sich die Chefdiplomaten maßgeblich auf drei Schritte: Neben einer regionalen Währung soll mit der »Bank des Südens« ein eigenes Kreditinstitut als Alternative zum Internationalen Währungsfonds und der Weltbank rasch gegründet werden. Zusätzlich wollen die Unasur-Mitgliedsstaaten eigene Gold- und Geldreserven aufbauen – Vorreiter ist hierbei Venezuela.

Der Sondergipfel in Buenos Aires wurde von keinem Vertreter einer linksgerichteten Regierung geleitet, sondern von der kolumbianischen Außenministerin María Emma Mejía, der amtierenden Generalsekretärin des Bündnisses. Für die Unasur soll ein unlängst eingerichteter Wirtschafts- und Finanzrat die Umsetzung der drei zentralen Maßnahmen beraten. Immerhin verbuchen die Staaten des linksgerichteten ALBA-Bündnisses ihre Geschäfte schon jetzt in der Rechnungswährung Sucre. Dieser Ansatz könnte bei einer koordinierten Geld- und Goldreservenpolitik erheblich gestärkt werden. Nach Auskunft der UNO-Wirtschaftskommission für Lateinamerika (CEPAL) verfügen die Unasur-Staaten über Reserven von knapp 600 Milliarden US-Dollar.

Nach den Beratungen kamen 18 Außenminister lateinamerikanischer Staaten und zwölf Vertreter ostasiatischer Regierungen zusammen. Das Kooperationsforum zwischen Lateinamerika und Ostasien (FOCALAE) strebt eine gemeinsame Industrialisierungs- und Entwicklungspolitik der beiden aufstrebenden Regionen an. Nach Angaben der kubanischen Nachrichtenagentur Prensa Latina berieten die Delegationen auch über Vorschläge zur Reform des Internationalen Währungsfonds.

** Aus: Neues Deutschland, 26. August 2011


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