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Nur Kleingeld für Exxon

Venezuela verweigert Milliardenzahlungen an Ölkonzern. Weltbank-Urteil abgelehnt *

Venezuela will sich vom Erdölmulti Exxon nicht erpressen lassen. Nachdem der Konzern eine Klage gegen Caracas beim Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID), einem Ableger der Weltbank, eingereicht hat, kündigte der venezolanische Präsident Hugo Chávez am Sonntag (8. Jan.) während seiner Fernsehsendung »Aló, Presidente« an, kein Urteil dieser Institution anzuerkennen. Statt dessen werde Venezuela die Organisation verlassen.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist die Verstaatlichung der Erdölvorkommen im Orinoco-Gürtel durch die venezolanische Regierung im Jahr 2007, von der auch Exxon betroffen war. Daraufhin forderte der Konzern eine Entschädigung in Höhe von mindestens zehn Milliarden US-Dollar. Erst in der vergangenen Woche hatte ein Schiedsgericht der Internationalen Handelskammer in Paris geurteilt, daß Exxon lediglich ein Zehntel dieser Summe zustehe: 908 Millionen Dollar. Davon will Venezuela noch Schulden abziehen, die Exxon bei der Regierung hat, so daß effektiv lediglich 255 Millionen Dollar in die Konzernkassen fließen werden. Dieses Urteil erkenne Venezuela an, sagte Chávez. Zugleich warnte er Exxon vor Strafmaßnahmen gegen Citgo, das Tochterunternehmen des staatlichen venezolanischen Erdölkonzerns PdVSA in den USA.

Als Alternative zum Schiedsgericht der Weltbank will Chávez nun die Gründung einer solchen Institution im Rahmen der Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) anregen, um Streitigkeiten zwischen Unternehmen der Region vor Ort klären zu können, ohne daß die Parteien Organisationen in den USA oder Europa anrufen müßten.

Am Montag (9. Jan.) empfing Chávez in Caracas seinen iranischen Amtskollegen Mahmud Ahmadinedschad zu offiziellen Gesprächen. Der Staatschef, der nach Venezuela auch Nicaragua, Kuba und Ecuador besuchen wird, war in der Nacht vom venezolanischen Vizepräsidenten Elías Jaua auf dem internationalen Flughafen Maiquetia willkommen geheißen worden. Es ist der fünfte Besuch Ahmadinedschads in Venezuela seit seinem Amtsantritt 2005. Gemeinsam wollen die beiden Staatschefs am heutigen Dienstag in Managua an der Amtseinführung von Nicaraguas Präsident Daniel Ortega teilnehmen, der am vergangenen 6. November mit 62 Prozent der Stimmen im höchsten Staatsamt des mittelamerikanischen Landes bestätigt worden war.
(PL/jW)

* Aus: junge Welt, 10. Januar 2012


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