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"Chávez tritt nicht ab"

Venezuela: Partei des Präsidenten will Volksinitiative für Verfassungsänderung starten

Von André Scheer *

Spätestens im Februar« soll Venezuela über einen Verfassungszusatz abstimmen, durch den eine erneute Kandidatur des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez bei den Wahlen 2011 ermöglicht werden soll. Das forderte Chávez, der auch Vorsitzender der Vereinten Sozialistischen Partei (PSUV) ist, am Montag (1. Dez.) bei der Amtseinführung des neuen Bürgermeisters von Valencia, Edgar Parra Oquendo. »Ich werde nicht zulassen, daß weiter mit diesem Thema gespielt wird, denn es ist sehr ernst«, wies er Darstellungen der oppositionellen Medien zurück, die unterstellen, es gehe ihm darum, »ewig« an der Macht zu bleiben.

Bereits am Sonntag (30. November) hatte Chávez erläutert, daß er vorgehabt habe, die Niederlage beim Referendum vor einem Jahr über die von ihm selbst vorgeschlagene Verfassungsreform zu akzeptieren und die Macht nach den nächsten Präsidentschaftswahl an eine neue Führungspersönlichkeit abzugeben. Die Ereignisse nach den Wahlerfolgen oppositioneller Kandidaten in Caracas und einigen Bundesstaaten hätten ihn jedoch davon überzeugt, daß dies noch nicht möglich sei. »Wenn ich so eine Opposition sehe, die kubanische Ärzte angreift, gegen Barrio Adentro vorgeht, einen Mercal plündert, in Miranda die Wohnhäuser beschlagnahmt, die wir bereits vergeben haben, dann kann ich nur eines sagen: Uh, Ah, Chávez no se va (Chávez tritt nicht ab)!« Sein Abtritt komme erst, wenn Gott und das Volk dies wollten, nicht wenn es einigen »halben Yankees« in den Kram passe.

Nach den Erfolgen oppositioneller Kandidaten bei den Wahlen des Oberbürgermeisters der Hauptstadt Caracas sowie der Gouverneure einiger Bundesstaaten war es zu Ausschreitungen von Oppositionellen gekommen, die sich als Beauftragte der neuen Amtsinhaber ausgaben und die Räumung von Einrichtungen kommunaler Räte und der sozialen Missionen verlangten. Konkret bedroht von den Maßnahmen der neuen Behörden sehen sich die Teilnehmer der Bildungsprogramme, die nun um das Erreichen ihrer Schulabschlüsse fürchten. Zu Tausenden gingen in Caracas deshalb bereits Teilnehmer und Mitarbeiter der »Mission Ribas« auf die Straße, die in den Kursen dieses Programms ihren Schulabschluß nachholen.

Im Gegensatz zu der Verfassungsreform im vergangenen Jahr, die ein umfangreiches Paket von Änderungen enthalten hatte und von der Regierung knapp verloren wurde, soll diesmal nur die Frage der Möglichkeit einer Wiederwahl des Präsidenten zur Debatte stehen. Da Chávez nicht erneut eine Verfassungsänderung vorschlagen kann, soll die PSUV Unterschriften für eine Volksinitiative sammeln. Der venezolanischen Verfassung zufolge können 15 Prozent der Wahlberechtigten durch ihre Unterschrift eine Verfassungsänderung beantragen. Nach gegenwärtigem Stand entspricht das etwas mehr als 2,5 Millionen Unterstützer, die für den Antrag gewonnen werden müssen, und damit weniger als beispielsweise die PSUV als eigene Mitgliederzahl angibt. Innerhalb von 30 Tagen nach der formellen Übergabe des Antrags und der Unterschriften muß der Nationale Wahlrat (CNE) dann das Referendum über die vorgeschlagene Verfassungsänderung durchführen.

Die Kommunistische Partei Venezuelas (PCV) unterstützt trotz der wiederholten Kritik des Präsidenten die Wiederwahl und ruft zu einer breiten Diskussion über die Verfassungsänderung auf. Yul Jabour vom PCV-Politbüro sagte, die Wiederwahl des Präsidenten sei »gegenwärtig eine Notwendigkeit«. Die unbeschränkte Möglichkeit der Wiederwahl von Volksvertretern sei nach Ansicht der Kommunisten Teil der Vertiefung der Demokratie. »Am Ende muß es die Entscheidung des Volkes sein, ob jemand wiedergewählt wird oder nicht, ob er sein Amt gut oder schlecht ausgefüllt hat. Aber es sollte nicht das Gesetz sein, das die Wiederwahl verbietet«, so Jabour.

* Aus: junge Welt, 3. Dezember 2008


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