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Authentisch

José Mujica / Der ehemalige Guerillero ist als Staatspräsident Uruguays gerade auf Deutschland-Besuch

Von Martin Ling *

Sie nennen ihn »Pepe« und das chinesische Elektrofahrzeug, mit dem er 2010 seine Antrittsfahrt durch die Massen zelebrierte, »Pepemobil«: Der 76-jährige José Mujica ist vermutlich Uruguays populärster Präsident aller Zeiten, nicht trotz, sondern wegen seiner Biografie - ein einfacher Mann mit einer schwierigen, wiewohl geradlinigen Geschichte.

Früh kam der Sohn einer baskisch-italienischstämmigen Familie vom Stadtrand Montevideos zur Politik, schon als Aktivist der Schüler- und Studentenbewegung. Daneben arbeitete er in der elterlichen Blumenzucht - eine Tätigkeit, die er heute als Hobby auf seinem Bauernhof pflegt, den er als Wohnsitz der Präsidentenvilla vorzieht.

Die Option auf die Präsidentenvilla lag ihm nicht in der Wiege und auch später deutete nichts darauf hin. Stattdessen saß Mujica fast 15 Jahre in Haft, die meisten davon während der uruguayischen Militärdiktatur, deren Überwindung er sich mit seinen Mitstreitern der Stadtguerilla Tupamaros verschrieben hatte. Er gehörte zu den sogenannten Geiseln des Regimes, mit deren Exekution die Militärschergen für den Fall eines neuen Anschlages drohten. Dieses Schicksal ging an Mujica vorüber, das der Folter und der Einzelhaft nicht. Doch zurückzublicken ist seine Sache nicht: »Was ich durchgemacht habe, kann keiner wiedergutmachen, Wahrheit ist wichtiger als Rache«, gibt er sich versöhnlich gegenüber den Tätern.

Erst die Amnestie nach dem Übergang zur Demokratie 1985 brachte ihm die Freiheit und eröffnete ihm den Weg zu einer politischen Karriere, an die er in seinen kühnsten Träumen nicht zu denken gewagt hatte: vom Abgeordneten über den Landwirtschaftsminister bis hin zum Präsidenten des Linksbündnisses Frente Amplio. Ins Amt eingeführt wurde er im März 2010 von der Präsidentin des Senats - seiner Lebensgefährtin seit 1972, Lucia Topolansky, einst eine Stadtguerillera, die er 2005 heiratete.

Mujica betrachtet sich inzwischen als libertärer Sozialist und meint rückblickend: »Unser Fehler war der Glaube, das Recht auf Zerstörung zu haben, um etwas Neues aufzubauen.« Jetzt baut er an einem sozialeren Uruguay.

* Aus: neues deutschland, 19. Oktober 2011

Deutsch-uruguayische Gespräche **

Bundesaußenminister Guido Westerwelle ist am 18. Oktober mit dem Präsidenten Uruguays, José Mujica, und dem Außenminister des südamerikanischen Landes, Luis Almagro, zusammengetroffen.

Im Mittelpunkt des Gesprächs standen die bilateralen Beziehungen zwischen beiden Ländern sowie die Entwicklung der Handelsbeziehungen zwischen der Europäischen Union und den Staaten des Mercosur.

Beide Seiten betonten die Qualität der Beziehungen zwischen beiden Ländern und ihre Bereitschaft, diese weiter zu intensivieren. Außenminister Westerwelle hatte das Land im März 2010 besucht. Als Ergebnis des damaligen Besuchs ist unter anderem die Stelle eines Langzeitlektors des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) an einer uruguayischen Hochschule geschaffen worden, der die Bildungszusammenarbeit zwischen beiden Ländern stärken

Uruguay und Deutschland pflegen traditionell sehr gute Beziehungen. In Uruguay leben etwa 10.000 Deutsche und Doppelstaatler, hinzu kommen etwa 40.000 Deutschstämmige, was im Verhältnis zur Größe des Landes - gut drei Millionen Einwohner - einen sehr hohen Anteil darstellt. Deutschland war 2010 wichtigster Importeur uruguayischer Waren innerhalb Europas. 29 deutsche Unternehmen sind in Uruguay aktiv.

Freier Handel zwischen der EU und dem Mercosur

Deutschland habe auch ein großes Interesse an einem baldigen Abschluss eines Abkommens zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur, unterstrich der Bundesaußenminister.

Der südamerikanische Staatenbund, dem neben Uruguay Brasilien, Argentinien und Paraguay angehören, und die EU verhandeln nach längerem Stillstand seit 2010 wieder über ein Assoziierungsabkommen. Die nächste Verhandlungsrunde wird Anfang November in Montevideo stattfinden.

** Quelle: Website des Auswärtigen Amtes, 18. Oktober 2011




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