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Rechtsradikale in Ungarn setzen "nationale Romastrategie" um

Von Jürgen Weber *

„Du musst den Kandidaten der Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orbán wählen, wenn du einen Bürgermeister der rechtsradikalen Jobbik verhindern willst, Alternativen dazu gibt es nicht“. Judit Nagy spricht von ihrem Heimatdorf, rund 300 Kilometer weiter, nahe der rumänischen Grenze. Sie ist Übersetzerin in Budapest und bei Amnesty International ehrenamtlich tätig. Wir sind mit ihr auf dem Weg in das gut eine Autostunde nordöstlich der ungarischen Hauptstadt gelegene Dorf Gyöngyöspata. Einige Meter nach dem Ortsschild findet sich eine weiße Tafel mit dem Hinweis auf Videoüberwachung, dahinter eine langgezogene Dorfstraße mit kleinen Einfamilienhäusern. Die „schwäbische Kehrwoche“ scheint hier gut organisiert zu sein und in den Vorgärten blühen die gleichen Blumen in rechteckigen Beeten. Haus um Haus, bis zur „Wehrkirche der Jungfrau Maria“ auf einer kleinen Anhöhe. Der Rasen dort ist kurz geschnitten. Alles ist ordentlich und sauber. Kein Mensch ist an diesem Sommernachmittag auf der Straße der 2800 Einwohner zählenden Gemeinde unterwegs. Nicht einmal eine Videokamera können wir entdecken.

Unterhalb des Ortskerns gelangen wir in eine kleine Talsenke am Rande des Dorfes – das Straßenbild wandelt sich abrupt. Keine Gehsteige mehr und kaum befestigte Straßen. Die gesamte Infrastruktur noch aus sozialistischen Zeiten. Hier treffen wir János Farkas. Er ist Sprecher der Minderheit von rund 400 Roma im Dorf. Das Klischee des „Fahrenden“ trifft auf ihn nicht zu: Seine Vorfahren sind seit 600 Jahren in dieser Gegend beheimatet, wie er uns sagt. János Farkas spricht kein Romanes, die Minderheitensprache der Roma, nur seine Muttersprache ungarisch. In dieser weiß er davon zu berichten, was es heißt, Rom in einem von der „Bewegung des besseren Ungarns“ kontrollierten Ort zu sein. Kontrolliert ist in diesem Teil der Gemeinde durchaus wörtlich zu nehmen: Am Strommasten unmittelbar vor seinem Haus ist zwischen allerlei wirr befestigten Kabeln eine Videokamera angebracht. Moderne Überwachungstechnologie in allen von Roma besiedelten Straßen im Dorf. János Farkas lebt in einem kleinen, unverputzten Haus mit 16 weiteren Familienangehörigen an einer Straße, deren Bilder im April 2011 um die Welt gingen. Uniformierte rechtsradikale Milizen belagerten unbehelligt von der ungarischen Polizei wochenlang die Roma-Siedlung, veranstalteten Aufmärsche, drohten den hier lebenden Roma und bewarfen ihre Häuser mit Steinen. Eine Pogromstimmung, die zum Ziel hatte, die Roma von hier zu vertreiben. Nachdem an einem Abend vor Ostern 2011 ein 13-jähriger Roma-Junge von den rechtsradikalen Marschierern bewusstlos geschlagen und schwer am Auge verletzt wurde, eskalierte die Situation. Bei Auseinandersetzungen gab es mehrere Verletzte unter Roma und rechtsradikalen Milizen. Erst jetzt, als sich die Roma zur Wehr setzten, schritt die Polizei ein und rund 300 Roma wurden vom Roten Kreuz für einige Tage aus Gyöngyöspata evakuiert.

Unter ihnen befand sich auch János Farkas, in dessen Küche wir nun, 16 Monate nach den ersten Übergriffen, sitzen. Er entschuldigt sich bei uns dafür, nicht mehr als einen löslichen Kaffee anbieten zu können. Leider fehle das Geld für mehr Gastfreundschaft. Wenn er über die Verhältnisse im Dorf spricht, hält es ihn nicht auf seinem Stuhl. Er geht immer wieder zum offenen Fester und wirft einen Blick auf die Straße.

Mitarbeiter des Roma-Projektes der Menschenrechtsorganisation „Hungarian Civil Liberties Union“ (HCLU) waren bis vor wenigen Wochen vor Ort, um die Selbstorganisation der Roma zu fördern. Die Projektleiterin der Organisation, Eszter Jovánovics, erklärte uns in Budapest, ein psychologischer Dienst habe festgestellt, dass die Roma-Kinder von Gyöngyöspata traumatisiert seien.

Die Lage im Dorf hat sich nicht entspannt. Das liegt in erster Linie daran, dass die Mehrheit des Dorfes nach den Übergriffen nicht auf Versöhnung mit der Minderheit setzte, sondern den Jobbik-Kandidaten Oszkár Juhász zum Nachfolger des zurückgetretenen Bürgermeisters wählte. Jobbik bedeutet im Wortsinn „Bewegung für ein besseres Ungarn“. János Farkas kommt vom Fenster zurück an den Tisch und erzählt uns, dass vor einigen Tagen der Notar des Dorfes bei ihm gewesen sei und vom Bürgermeister ausrichten ließ, dass er sich ab sofort Medienvertretern gegenüber nicht mehr äußern dürfe. Er sucht dennoch die internationale Öffentlichkeit, weil es das Einzige sei, was die Roma hier im Dorf schütze.

Hier im Nordosten Ungarns lebt ein großer Teil der rund 700.000 Roma im Land. Arbeit gibt es für sie praktisch keine, häufig leben sie in Ghettos am Rande der Dörfer, ihre Kinder werden in Schulen oft von den anderen Schülern getrennt und schlechter oder überhaupt nicht unterrichtet. Kaum Chancen auf Bildung. Kaum Chancen auf Arbeit. Als Roma stigmatisiert, ausgegrenzt und diskriminiert. Von vielen Medien und weiten Teilen der Bevölkerung werden sie zunehmend zu „Sündenböcken“ der allgemeinen sozialen Lage in der Wirtschafts- und Finanzkrise gemacht. Die Situation der Roma erscheint wie ein unaufhörlicher Kreislauf von Diskriminierung, Armut und Vertreibung - vergleichbar einem Wagenrad, dem internationalen Symbol der Roma. In diesem politischen Klima kann man mit der Hatz auf die unliebsame Minderheit politisch punkten und Wahlen gewinnen. Das haben die politischen Führer am rechten Rand längst erkannt und haben Rückenwind.

Der parlamentarische Ombudsmann für Minderheiten, Ernö Kallai, zieht in seinem Schlussbericht das Resümee, dass die „nationale Romastrategie“ der Fidesz-Regierung „gegen die Menschenwürde“ gerichtet sei. Kallai ist nach diesem Bericht nicht mehr im Amt, die Stelle wurde gestrichen und stattdessen ein „Staatssekretär für Romafragen“ eingesetzt. Dies ist nur ein Beispiel dafür, weshalb die Politik Orbáns und seines ungarischen Bürgerbunds Fidesz nicht nur von Menschenrechtlern und liberalen Geistern in Europa wie ein Orkan gegen die bröckelnden Grundfesten der jungen Demokratie Ungarns empfunden werden. Doch im Sog des Umbaus der „nationalen Ressourcen“ durch die Fidesz-Regierung nähert sich von weit rechts ein gewaltiges Wetterleuchten: Auf dem Parteitag Ende Mai grollte der Fraktionsvorsitzende der drittstärksten Fraktion im ungarischen Parlament und Vorsitzender der rechtsradikalen Jobbik, Gábor Vona, gegen den Ministerpräsidenten und prophezeite dessen Abwahl bei den ungarischen Parlamentswahlen 2014. Wahlsieger und stärkste Partei sollen dann die Rechtsradikalen selbst werden. Die Jobbik fischt erfolgreich in der Zweidrittelmehrheit der Wählerschaft der ungarische Regierungspartei. Zumal es in der Amtszeit des Viktor Orbán weiter wirtschaftlich bergab geht im Land. Die jüngsten Umfragen sehen die rechtsradikale Jobbik mit einem Prozentanteil von 20% bis 25% doppelt so stark wie bei der Parlamentswahl 2010. Zusammen kamen die beiden nationalen Kräfte Ungarns, Fidesz und Jobbik, vor zwei Jahren auf über 80% der Wählerschaft. Genügend Potenzial für den 33-jährigen Rechtsaußen Gábor Vona, vor den 700 Jobbik-Delegierten die Machterlangung im Budapester Parlamentsgebäude an der Donau zum obersten Ziel der Partei auszurufen. Vor ihm am Rednerpult prangt auf den Farben der ungarischen Flagge der Schriftzug „Nur die Nation!“. Die Programmatik seiner Partei dreht sich dabei um ein einziges Thema: Die so genannte Roma-Kriminalität. Auf der einen Seite die große ungarische Nation, auf der anderen die Schuldigen an der Krise des Landes. Nur in einem solchen Klima ist erklärbar, dass im Budapester Nehru Park das Denkmal für die im Holocaust ermordeten Roma mit Sprüchen wie „Zigeuner ins Gas“ und Hundekot beschmiert wurde. Bereits zum dritten Mal haben Bürgerinnen und Bürger das 2006 errichtete Denkmal von Schändungen gereinigt, weil sich Stadtverwaltung und Bezirk dafür nicht zuständig fühlen. Bei unserem Besuch ist das Mahnmal beschädigt.

Der Jobbik-Vorsitzende Gábor Vona machte auf dem jüngsten Parteitag keinen Hehl daraus, wie er sich die „Lösung der Zigeunerfrage“ vorstellt. Am Beispiel Gyöngyöspata habe die Öffentlichkeit „Jobbik in Aktion und aus erster Hand erleben können“. Wo der Fidesz versage, schreite Jobbik zur Tat, so deren Vorsitzender. Wie diese Taten aussehen sollen, lassen die Rechtsradikalen nicht offen. Demnach will Jobbik eine landesweite „Bürgermiliz“ aufstellen, die für „Ruhe und Ordnung“ sorgen soll. Alle Roma sollen zur Arbeit eingeteilt werden, wer sich sträubt, kommt in Lager, auch "Maßnahmen zur Geburtenkontrolle" bei Romafrauen, um die „ausufernden demographischen Verschiebungen zum Nachteil des Ungarntums“ aufzuhalten, wurden bereits vorgeschlagen. Die Kinder sollen den Eltern entzogen und in Spezialheimen zu guten Ungarn erzogen werden. Vorschläge, die auf breiten, positiven Widerhall bei großen Teilen der Bevölkerung stoßen, wie die deutschsprachige Zeitung „Pester Lloyd“ aus Budapest schreibt. „Habt ihr das verlassene Haus da drüben gesehen“, János Farkas deutet aus dem Fenster die Straße hinauf, „sie sind in Kanada“. In Gyöngyöspata haben rund 60 Roma das Wenige, was sie hatten, verkauft und in Kanada politisches Asyl beantragt, berichtet er. Vertreter der kanadischen Regierung seien neulich im Dorf gewesen, doch der Jobbik-Bürgermeister habe sie nicht empfangen. Auch in seiner Straße hätten sie sich umgesehen.

4450 Asylanträge ungarischer Bürgerinnen und Bürger liegen den kanadischen Behörden allein aus 2011 vor. Im ersten Jahr der Fidesz-Regierung 2010 waren es noch 2350 Personen, die um politisches Asyl ersuchten. Juden, Intellektuelle und vor allem Roma machen politische Verfolgung in ihrer ungarischen Heimat bei den Behörden in Kanada als Fluchtgrund geltend. Menschen aus Ungarn stellen somit den drittgrößten Flüchtlingsanteil, der das nordamerikanische Land erreicht. Die Budapester Rechtsanwältin des „European Roma Right Centre“ Judit Geller bestätigt den Besuch der kanadischen Delegation auch beim ERRC. „Die kanadische Regierung ist irritiert, dass eine so bedeutende Anzahl von Menschen aus einem Mitgliedsland der Europäischen Union flieht“, so die Rechtsanwältin.

Die Regierung im kanadischen Ottawa prüft unterdessen, die Visumspflicht für Ungarn wieder einzuführen, die nach Beitritt zur EU aufgehoben wurde. So könnte sie die Einreise aus Ungarn wieder unterbinden. Die Behörden informieren sich mittlerweile aber auch über die Fluchtgründe ungarischer Bürgerinnen und Bürger. Bereits im vergangenen Jahr hatte ein Sprecher der kanadischen Romagemeinde in Toronto bei der Regierung angemahnt, „Kanada sollte nicht einfach davon ausgehen, dass solche Asylanträge unbegründet sind“. Nach seiner Einschätzung handle es sich vielmehr um „ein abscheuliches Wiedererwachen des Faschismus“. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch der Präsident des Verbandes der polnischen Roma mit Sitz in Auschwitz, Roman Kwiatkowski, gegenüber der polnischen Tageszeitung Gazeta Wyborcza: „Keine andere Minderheit wird in Europa so sehr diskriminiert wie die Roma. Ihre Situation gleicht so langsam derjenigen der Juden vor dem Zweiten Weltkrieg.“

Roma-Kinder in Gyöngyöspata sind vom Schwimmunterricht im öffentlichen Bad ausgeschlossen und werden in getrennten Klassen unterrichtet. Das ist kein Einzelfall in Ungarn. Eszter Jovánovics vom unabhängigen Roma-Programm der HCLU erklärt, dass es vielerorts getrennte Klassen und unterschiedliches Unterrichtsniveau gäbe. Die Segregation der Kinder führe zu stereotypem Verhalten und Vorurteilen auf der einen und geringen Bildungschancen auf der anderen Seite. Diese Form der Diskriminierung, so Jovánovics, führe wiederum zu Armut auch in der nächsten Generation.

Die so genannte nationale Romastrategie der Fidesz-Regierung sollte jedoch wegweisend für die Romastrategie der Europäischen Union sein und Armut und Diskriminierung überwinden, so die wohlklingende Zielsetzung während der ungarischen Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 2011. Der ehemalige Ombudsmann für Minderheiten, Ernö Kallai, bescheinigt dem Programm der Regierung ganz andere Folgen. Er sieht insbesondere durch das Beschäftigungsprogramm als zentrale Maßnahme der „nationalen Romastrategie“ der Fidesz-Regierung Menschenwürde und Menschenrechte vielfach verletzt. Maßnahmen, die innerhalb der Europäischen Union kaum kritisch hinterfragt und vom deutschen Botschafter Matei Hoffmann in Budapest als vorbildlich gelobt werden. So ist auf der Homepage der Deutschen Botschaft aktuell zu lesen, die ungarische Regierung habe „wichtige politische Projekte, etwa die EU-Strategie für den Donauraum und die EU-Roma-Rahmenstrategie, vorangetrieben“.

Kallai weist in seinem Bericht aus diesem Jahr am Fall Gyöngyöspata nach, dass das Beschäftigungsprogramm gezielt für rassistisch motivierte Schikanen eingesetzt wird, an deren Ende der vollständige Existenzentzug stehen kann, mit dem durchaus erwünschten Ziel, die ungarischen Roma aus den Wohnorten zu vertreiben. Zudem sieht er insbesondere durch die in der Strategie mögliche „Verschickung“ der zur Arbeit angehaltenen Roma an ferne Arbeitsorte mit der Unterbringung in Behelfsunterkünften lagerähnliche Zwangsarbeitsbedingungen. Kallai weist in diesem Zusammenhang in seinem Bericht neben dem Verlust der menschlichen Würde auf grundsätzlich menschenrechtlich geächtete Ungleichbehandlungen der Roma und Verstöße gegen das Recht auf Familie hin.

Die Budapester Rechtsanwältin Judit Geller stimmt dieser Einschätzung des Kallai-Berichts aus ihrer Erfahrung durchaus zu. Sie führt für Musterprozesse gegen institutionelle Diskriminierung auf nationaler Ebene und vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Liste der Verfahren ist lang: Diskriminierung bei der Arbeitssuche, in den Bereichen Wohnen und Bildung, aber auch Ungleichbehandlung von Behörden oder Übergriffe der Polizei zählen zu den häufigen Fällen. Beispielsweise machen Kommunen in Ungarn die Auszahlung von Sozialleistungen an Roma davon abhängig, ob bei „Hausbesuchen“ durch Gemeindevertreter die Ordnung innerhalb der Wohnung gewährleistet ist. Dabei handelt es sich nicht nur um eine diskriminierende Ungleichbehandlung, sondern um einen Verstoß gegen Grundrechte wie die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Würde des Menschen. Judit Geller warnt aber davor, nur nach Osteuropa zu blicken: „Gravierende Fälle von Diskriminierung und Verfolgung gibt es beispielsweise auch in Frankreich oder Italien“, so die Rechtsanwältin. „Antiziganismus ist ein gesellschaftliches Problem in ganz Europa“, ergänzt sie.

Auch der Bürgermeister in Gyöngyöspata macht „Hausbesuche“ bei Roma-Familien in Begleitung seiner Jobbik-Miliz und sieht „nach dem Rechten“ und der Ordnung in den Wohnungen.

Alle Roma-Familien in Gyöngyöspata sind abhängig vom Jobbik-Mann im Rathaus. Er leitet das kommunale Beschäftigungsprogramm der „nationalen Romastrategie“ der Fidesz-Regierung. Demnach werden keine Sozialleistungen mehr an Roma ausbezahlt, sondern die Bezieher für rund 180,- Euro im Monat zur gemeinschaftlichen Arbeit herangezogen. Wer sich dieser Arbeit verweigert, verliert drei Jahre lang das Recht auf soziale Leistungen durch den ungarischen Staat.

In Gyöngyöspata entscheidet dies der Bürgermeister und die Roma werden im Beschäftigungsprogram von seinen Jobbik-Leuten beaufsichtigt. „Wir sind auf diese Arbeit angewiesen“, erklärt Farkas, „es gibt sonst keine Arbeit für uns“. Sie sammeln beispielsweise Holz für die Dorfgemeinschaft. Nur rund 1/10 davon dürfen die Roma selbst behalten, so Farkas. Holz, welches sie dringend für den Winter zum Heizen bräuchten. „Verstehen sie?“, so der Roma-Sprecher, „wenn kein Holz da ist, weil wir es ringsum schon eingesammelt haben, kommt es im Winter zur so genannten Roma-Kriminalität“. Einmal hat er sich beim Innenministerium beschwert, weil sie von den Jobbik-Leuten immer wieder angewiesen wurden, in privaten Häusern und Gärten im Dorf Arbeiten zu verrichten. „Alles in Ordnung“, kam von dort zurück, so Farkas. Die Rechtsradikalen machten nicht einmal Halt davor, die Roma im staatlichen Beschäftigungsprogramm die Straßen säubern und schmücken zu lassen, bevor die Jobbik einen ihrer uniformierten Umzüge gegen „Zigeuner-Terror“ durchs Dorf marschieren ließ. „Wissen Sie, an was mich das erinnert, wenn wir hier von den Jobbik-Milizen zur Arbeit abgeholt werden?“, fragt Farkas und antwortet ohne Pause: „An die Kolonnen aus den Konzentrationslagern“. Schließlich empört er sich: „Wir sind doch genauso Bürger der EU. Es ist eine Schande, das so etwas im 21. Jahrhundert passieren kann!“ Nach einer kurzen Pause fährt er fort: „Sagen Sie den Menschen, dass es seit 16 Monaten keine Demokratie in diesem Dorf gibt.“

* Jürgen Weber ist Autor, Journalist und Verleger. Erstveröffentlichung auf dem Blog des Autors; www.juergenweber.eu/


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