Gasstreit weiter ungelöst
Treffen der Präsidenten Russlands und der Ukraine endete ohne Einigung
Von Irina Wolkowa, Moskau *
Beim Gipfeltreffen der Präsidenten
Russlands und der Ukraine standen
wichtige Themen auf der Agenda, wie
der weiter schwelende Gaskonflikt.
Entscheidungen aber blieben aus.
Die Erwartungen an das Treffen
der Präsidenten Russlands und der
Ukraine am Montagabend in Sawidowo
– einem Landsitz Wladimir
Putins in der Nähe Moskaus –
dämpfte dessen Pressesprecher,
noch bevor Viktor Janukowitsch
das erste Wort mit dem Gastgeber
wechselte. Die Unterzeichnung von
Verträgen und anderen Dokumenten
war nicht geplant. Moskau
und Kiew vertreten zu Schlüsselfragen
im bilateralen Verhältnis
Positionen, die einander ausschließen.
Die Ukraine, die ihren
Gasbedarf zu 60 Prozent aus russischen
Lieferungen deckt, drängt
vor allem auf Revision der so genannten
Charkower Abkommen.
Diese hatte der ukrainische
Staatskonzern Naftogaz 2009 auf
Anraten der damaligen Regierungschefin
Julia Timoschenko mit
dem russischen Monopolisten
Gasprom unterzeichnet. Seiher
muss Kiew für tausend Kubikmeter
334 Euro zahlen, obwohl der
Marktpreis bei 137 Euro liegt. Dazu
kommen Geldbußen in Höhe
von 300 Prozent des vereinbarten
Gaspreises, sollte die Ukraine, wie
im letzten Jahr geschehen, die
vereinbarten Mengen nicht abnehmen.
Staatsanwälte schätzten
den bisherigen Schaden für Kiew
auf mehr als 300 Millionen Euro.
Timoschenko verbüßt dafür
derzeit eine siebenjährige Haftstrafe.
Die Opposition und der
Westen gehen von einem politisch
motivierten Urteil aus: Timoschenko
und deren Hausmacht
Batkiwschtschina sind die Erzrivalen
von Janukowitsch und dessen
Partei der Regionen.
Moskau will der Ukraine nur
dann Preisnachlass gewähren,
wenn diese der Zollunion beitritt,
die Russland, Belarus und Kasachstan
2010 in Kraft setzten.
Damit wäre jedoch Kiews Assoziierungsabkommen
mit der EU
hinfällig. An Integration in westliche
Strukturen aber, die sein
Amtsvorgänger Viktor Juschtschenko
auf den Weg brachte, hält
auch Janukowitsch fest. Zumal das
oppositionelle Parlament bei einem
außenpolitischen Kurswechsel
mit Konsequenzen drohte.
Differenzen mit dem Gegner zu
Hause wie mit dem Kreml zwangen
Janukowitsch sogar, seinen
ursprünglich schon für Dezember
geplanten Moskau-Besuch zu vertragen.
Montag ging es daher vor
allem darum, Möglichkeiten für
einen Kompromiss auszuloten.
Trotz der neuen Ostsee-Gasleitung
und South-Stream – dem geplanten
Schwarzmeer-Pendant –
kann Moskau auf die Ukraine als
Transitland nicht verzichten.
Hohlräume in den Karpaten dienen
im Sommer als Vorratsspeicher
für Lieferungen nach Westeuropa
im Winter. An diesen Bunkern
ist auch die EU interessiert.
Von einem Beitritt der Ukraine
zur Zollunion war daher am Montag
nicht mehr die Rede. Wohl aber
kann sich Janukowitsch längerfristig
die Übernahme einzelner
Regelungen vorstellen. Dazu sind
keine Verfassungsänderungen erforderlich.
Das Bruttoinlandsprodukt
der Ukraine indes könnte dadurch
um 1,5 bis 6,5 Prozent
wachsen. Im Gegenzug könnte
Gasprom die Nutzung von Teilen
des ukrainischen Pipelinesystem
gestattet werden. Auch die Bildung
eines Gemeinschaftsunternehmens
zu dessen Modernisierung
schloss Janukowitsch nicht
länger aus.
* Aus: neues deutschland, Mittwoch, 06. März 2013
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