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Schlechter Tag für Uganda

Hatz auf Homosexuelle hat jetzt Gesetzesgrundlage

Von Markus Schönherr, Kapstadt *

Parallel zur laufenden Hetzkampagne hat die Regierung Ugandas Homosexuellen weiterhin Vertraulichkeit ihrer Gespräche mit medizinischem Personal zugesichert. Bedrohungen bleiben.

Unter dem Banner »ENTBLÖSST!« veröffentlichte die Tageszeitung »Red Pepper« am Dienstag Namen und Bilder von 200 homosexuellen Ugandern. Die Titelseite erschien einen Tag, nachdem Präsident Yoweri Museveni ein Gesetz gegen Homosexuelle abgesegnet hatte. Die Politiker des ostafrikanischen Landes hetzen weiter gegen Schwule und Lesben. Unterdessen wurde der Vergleich mit »Nazi-Deutschland« laut.

Bereits 2010 hatte die ugandische Boulevardzeitung »Rolling Stone« die Bilder von 100 Homosexuellen veröffentlicht und gefordert: »Hängt sie!« Das Magazin wurde nach einem Spruch des Höchstgerichts eingestellt. Doch für David Kato, einen der gelisteten Aktivisten, kam das zu spät: Er war mit einem Hammer getötet worden.

Homosexuelle »Wiederholungstäter« erwartet in Uganda seit Wochenbeginn eine lebenslange Freiheitsstrafe. Auch beratende Ärzte, Sozialarbeiter oder all jene, die gleichgeschlechtliche Paare nicht bei der Polizei melden, können verhaftet werden. Die »Anti-Homosexuality Bill« kursierte bereits seit 2009 im Parlament, wurde aus Furcht vor dem Ausbleiben von Entwicklungsgeldern aus dem Ausland aber nicht verabschiedet.

Nach der Streichung der Todesstrafe für Homosexuelle hatten die Parlamentarier dem Gesetzentwurf im Dezember schließlich zugestimmt. Am Montag setzte Museveni das Gesetz per Unterschrift in Kraft. Bisher ist es nach Angaben der ugandischen Polizei jedoch nicht zu Verhaftungen gekommen.

Die USA, einer der wichtigsten Geberstaaten Ugandas, nannten den Montag einen »schlechten Tag für Uganda und die Welt«, die neuen Regeln seien »abscheulich«. Jay Carney, Sprecher des Weißen Hauses, sagte: »Statt für Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung einzustehen, machte Präsident Museveni leider einen Schritt zurück, indem er Homosexualität per Gesetz kriminalisiert.« US-Präsident Barack Obama zufolge wirft der Schritt ein schlechtes Licht auf die Bestrebungen für Menschenrechte und untergräbt den öffentlichen Gesundheitssektor, darunter den Kampf gegen HIV/Aids. Großbritannien, Schweden und Dänemark kündigten an, ihre Entwicklungsgelder möglicherweise einzufrieren.

Unterdessen holte Museveni gegen Obama aus und befahl ihm, »nach Hause zu gehen« und sich nicht in innenpolitische Angelegenheiten Ugandas einzumischen. Politisch wolle er künftig mit Russland zusammenarbeiten, behauptet die kenianische Tageszeitung »Daily Nation«, da Moskau anderen Staaten nicht in seine Angelegenheiten hineinrede.

Aktivisten hatten in den vergangenen Wochen weltweit für die Rechte homosexueller Ugander demonstriert, darunter in New York, Paris und London. Auch in afrikanischen Hauptstädten gingen Menschen auf die Straße, um gegen das Gesetz zu protestieren. Paul Semugoma, ein ugandischer LGBT-Aktivist (Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender) drängte die Regierung seiner Exilheimat Südafrika zur Intervention. In Südafrika ist die sexuelle Orientierung durch die Verfassung geschützt, gleichgeschlechtliche Ehen sind erlaubt. Angesichts des Schweigens in der Hauptstadt Pretoria zeigte sich Semugoma jedoch schockiert. »In Uganda kann ich lebenslang ins Gefängnis gehen, wenn ich meinen Partner küsse. Falls Südafrika einen Auslieferungsvertrag mit Uganda hat, muss es mich jetzt ausliefern.«

Südafrikas emeritierter Erzbischof und Friedensaktivist Desmond Tutu verglich Uganda mit »Nazi-Deutschland und Apartheid-Südafrika«. »In Südafrika stürmte die Polizei Schlafzimmer, weil sie vermutete, ein Schwarzer und ein Weißer würden sich darin lieben. Das war erniedrigend für die Liebenden, die Polizei und unsere Gesellschaft.« An Museveni appellierte Tutu, die Debatte um das Gesetz zu nutzen und den Geist von Menschenrechten und Gerechtigkeit zu fördern.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 27. Februar 2014


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