Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Noch eine "humanitäre Intervention"

Afrikanische Union will Jagd auf Joseph Konys "Widerstandsarmee Gottes" intensivieren

Von Knut Mellenthin *

Die Afrikanische Union (AU) treibt die Internationalisierung der Bürgerkriege im Nordosten des Kontinents weiter voran. Die Dachorganisation der afrikanischen Staaten gab am Freitag (23. März) die Aufstellung einer 5000 Mann starken Truppe bekannt, die die Jagd auf die Überreste der von Joseph Kony geführten »Lord’s Resistance Army« (LRA, Widerstandsarmee Gottes) intensivieren soll. Die 1987 gegründete ugandische Guerillatruppe hatte zeitweise mehrere tausend Kämpfer in ihren Reihen. Mittlerweile ist sie militärisch weitgehend zerschlagen und aus Uganda vertrieben; ihre nur noch 200 bis 300 Anhänger halten sich hauptsächlich in der Zentralafrikanischen Republik, zum Teil auch in der Republik Kongo auf.

Die von der AU mandatierte Truppe wird nicht neu gebildet, sondern soll militärische Einheiten aus den vier Ländern zusammenfassen, die ohnehin schon am Kampf gegen die LRA beteiligt sind: Uganda, Zentralafrikanische Republik, Kongo und Südsudan, das im Juli vorigen Jahres mit westlicher Hilfe seine staatliche Unabhängigkeit erlangte. Dort soll auch das Hauptquartier der Einheit eingerichtet werden, das Oberkommando soll ein ugandischer Oberst führen.

Ziel der AU-Entscheidung ist, die militärischen Operationen der vier Staaten, zwischen denen es Widersprüche und Animositäten gibt, stärker als bisher zu koordinieren und für die neue Konstruktion zusätzliche Finanzmittel der USA und der EU einzuwerben. Darüber hinaus geht es darum, das grenzübergreifende Agieren der ugandischen Streitkräfte zu legitimieren und zu erleichtern. Die Regierung in Kampala hatte sich erst vor zwei Wochen beschwert, daß ihre Soldaten im Kongo nicht die gleiche Bewegungs- und Aktionsfreiheit hätten wie in der Zentralafrikanischen Republik.

Zwei Tage vor der Ankündigung der AU hatten am Mittwoch (21. März) 33 der 100 Mitglieder des US-Senats einen Resolutionsentwurf vorgelegt, der die beteiligten Staaten zum gemeinsamen Vorgehen gegen die LRA auffordert. Von der US-Regierung wird verlangt, das Potential der Streitkräfte in der Region zu verstärken. Die Antragsteller gehören überwiegend der Demokratischen Partei an. Neun Republikaner, darunter die notorischen Kriegstreiber John McCain und Lindsay Graham sowie der mit diesen ständig kooperierende unabhängige Senator Joseph Lieberman haben sich ihnen angeschlossen. Dem Abgeordnetenhaus liegt ein ähnlicher Resolutionsentwurf schon seit dem 13. März vor. Die Initiativen im Kongreß dienen auch dazu, die Stationierung von 100 US-amerikanischen »Beratern« in den am Kampf gegen die LRA beteiligten afrikanischen Ländern zu unterstützen, die Präsident Barack Obama im Oktober vorigen Jahres angekündigt hatte.

Eine offenbar sehr effektive Propaganda für eine »humanitäre Interven­tion« des Westens gegen die LRA macht seit einigen Wochen der Film »Kony 2012«. Er wurde im Internet angeblich schon von über 80 Millionen Menschen angeklickt.

* Aus: junge Welt, 26. März 2012


Zurück zur Uganda-Seite

Zur Afrika-Seite

Zurück zur Homepage