Uganda zwischen Hoffen und Bangen
Forderungen aus Den Haag belasten Gespräche zwischen Regierung und Rebellen
Von Anton Holberg
Die Widerstandsarmee des Herrn (LRA) in Uganda führt erstmals Friedensgespräche in der
Hauptstadt Kampala. Derzeit stagnieren sie allerdings, da die LRA die Aufhebung der
internationalen Haftbefehle gegen mehrere Führer der Rebellengruppe verlangt.
Seit Wochen wurde er nicht mehr gesehen, und auch bei den Friedensgesprächen in Kampala war
er nicht zugegen: Vincent Otti. Gerüchte über sein Ableben wegen Krankheit oder als Folge des
Machtkampfes mit dem Gründer der Widerstandsarmee des Herrn (LRA), Joseph Kony, machten die
Runde. Kony stellte jedoch inzwischen klar: Machtkampf ja, Tod nein. Allerdings befinde sich sein
langjähriger erster Stellvertreter in Haft.
Zu den Friedensgesprächen, die seit zehn Tagen in Kampala laufen, hatten ohnehin weder Kony
noch Otti kommen wollen. Schließlich gehören sie zu den vier LRA-Kommandanten, gegen die der
Internationale Gerichtshof in Den Haag vor zwei Jahren Haftbefehle erließ. Ein Stolperstein für die
Friedensverhandlungen, in die viele Hoffnungen gesetzt werden. Schließlich hat sich in Kampala
erstmals seit Beginn des Bürgerkriegs im Norden des Landes 1986 eine Delegation der LRA
eingefunden. Der Leiter der vierköpfigen Gruppe und Vorsitzende des Verhandlungsteams, Martin
Ojul, erschien mit einer weißen Taube als Friedenszeichen auf einer Pressekonferenz in Kampala.
Ojul sprach von einem historischen Schritt für die LRA.
Der Sprecher der ugandischen Armee (UPDF), Maj. F. Kulayigye, erklärte, er wisse noch nicht, was
der interne Machtkampf in der LRA für den Friedensprozess bedeute. Eines scheint jedoch
offensichtlich zu sein. Die LRA befindet sich militärisch nicht mehr in einer Position, die eine
Wiederaufnahme der Operationen längerfristig sinnvoll machen würde. Martin Ojul erklärte: »Die
LRA hat viele Fehler gemacht, und ich bitte um Vergebung dafür, was mit unserem Volk geschehen
ist.« Angesichts dessen, dass sich auch die UPDF mannigfache Menschenrechtsverletzungen hat
zu Schulden kommen lassen, ist dieses einseitige Schuldeingeständnis Ojuls ein Hinweis darauf,
dass die LRA mit der Regierung nicht auf gleicher Augenhöhe verhandelt. Falls die Regierung also
wirklich Frieden sucht und sich dabei vom Internationalen Gerichtshof (ICC) nicht stören lässt, dürfte
ein Ende dieses so verheerenden Konflikts möglich sein.
Die von Ojul geführte LRA-Delegation betonte den unbedingten Willen der LRA, Frieden zu machen,
gleichzeitig aber, dass die Aufhebung des ICC-Haftbefehls unumgänglich sei. Sie sprach sich dafür
aus, dass sich die LRA in Uganda selbst einer traditionellen Gerichtsbarkeit stelle. Das hat auch die
ugandische Regierung vorgeschlagen. Ob der Internationale Strafgerichtshof sich damit anfreunden
kann, bleibt ungewiss. In Uganda sind viele bereit, Abstriche zu machen, wenn der Bürgerkrieg
damit endlich ad acta gelegt werden kann.
* Aus: Neues Deutschland, 12. November 2007
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