"Priester finden für Frauen nicht die richtigen Worte"
Apollonia Mugumbya über den Widerstand der katholischen Kirche gegen eine moderne Familienplanung in Uganda
Apollonia Mugumbya arbeitete viele Jahre lang als Nationale Frauen-Koordinatorin für die katholischen Bischofskonferenz in Uganda. Heute ist sie als Ministerin für Gleichstellungsfragen und Gemeinschaftsentwicklung im kulturellen Königreich der Buganda tätig. Tobias Raschke sprach für das "Neue Deutschland" (ND) mit der Power-Frau und Kirchen-Insiderin.
ND: Eine von 19 Frauen in Afrika stirbt während der Schwangerschaft oder der Geburt, in den entwickelten Ländern ist es eine von 3000 Frauen. Wie erklärt sich das?
Apollonia Mugumbya: Dieses Thema besitzt keine Priorität in Afrika. Die Menschen ignorieren den Rat, Geburtskliniken aufzusuchen. Sie bevorzugen Hausgeburten in ihren Dörfern mit traditionellen Geburtshelferinnen. Sie haben nicht genug Information rund um die Familienplanung.
51 Prozent der verheirateten Frauen im Alter von 15 bis 49 und 12 Prozent der unverheirateten haben keinen Zugang zu Verhütungsmitteln. Welche Verantwortung hat die katholische Kirche dafür?
Von der katholischen Kirche wird nichts außer Enthaltsamkeit akzeptiert. Andere Kirchen ermutigen hingegen zur Verhütung.
Fördert die katholische Kirche durch ihren Widerstand gegen eine Familienplanung die Armut?
Indirekt ja. Wenn man seine Familie nicht plant, endet man in Armut. Bei Frauen führen zahlreiche Schwangerschaften zu einem schlechten Gesundheitszustand. Und Kinder müssen ernährt werden. Eine geschwächte Frau kann nicht wie eine gesunde für ihre Familie Geld verdienen. Das ist ein Kreislauf der Armut.
Viele Mädchen in Uganda sind mit 18 schwanger oder haben ein Kind.
Die Kirche will das Bewusstsein der Mädchen steigern, keinen Sex vor der Ehe zu haben. Praktisch funktioniert das nicht, denn sogar 12- oder 13-jährige Kinder werden geschwängert, da sie sexualisierter Gewalt ausgesetzt sind. Nur ein Prozent der Frauen können ihr Sexualleben mitbestimmen.
In Uganda gibt es kein Recht auf Abtreibung. Durch heimliche Abtreibungen sterben täglich rund zwei bis sechs Frauen.
Nach einer Vergewaltigung möchten Frauen das Kind loswerden, sie sind traumatisiert. Das ist eine Frage der Freiheit für Frauen. Abtreibungen sind illegal und die Kirche ist absolut dagegen. Der freie Zugang zu Pille oder Kondomen wäre ebenso wichtig wie eine altersgemäß gestaltete Sexualerziehung, damit Frauen gar nicht erst schwanger werden.
Wie finden Sie es, dass sich die Bischöfe so in das Leben der Frauen einmischen?
Es sollte die Entscheidung der Frau sein, ob sie die Schwangerschaft beendet oder nicht. Das können nicht die Bischöfe für sie entscheiden, denn langfristig gesehen leidet die Frau darunter, während es dem Bischof in seinem Palast gut geht. Er braucht sich nicht um sie zu kümmern.
Macht der Glaube Frauen anfälliger für Gewalt?
Ja. Religiöse Frauen achten die Priester und nehmen ihre Aussagen ernst. Dadurch leiden sie. Gleichzeitig sollen in unserer Kultur bestimmte Themen im Haus bleiben und nicht in die Öffentlichkeit gelangen. Das sind zwei Punkte, die dazu führen, dass Frauen verwundbarer sind und Gewalt ausgesetzt sind.
Wird die unterwürfige Rolle der Frau nach wie vor betont?
99 Prozent der Priester predigen, dass sich Frauen unterordnen sollen. Sie hätten ja ihren Gott und als Katholikinnen könnten sie zu Maria beten. Und das, obwohl die Menschen Hilfe bräuchten.
Gewalt gegen Frauen wird in der Kirche nicht verurteilt?
Sie sprechen kaum über das Thema. Wenn es Probleme in der Familie gibt, gehen Frauen eher Hilfe suchend zur Kirche. Nur in seltenen Fällen ruft der Priester den Ehemann, um die Probleme zu diskutieren. Stattdessen wird der Frau der Rat gegeben, weiter zu gehorchen. Ich habe bislang von keiner Gemeinde gehört, in der Gewalt gegen Frauen verurteilt wird.
Ich denke, dass Priester, weil sie Männer sind und ihre Familie verlassen haben als sie noch jung waren, keine Erfahrungen im Familienleben haben. Sie finden für Frauen nicht die richtigen Worte
* Aus: Neues Deutschland, 8. März 2011
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