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Wahldesaster für US-Demokraten

Republikaner gewannen mit Blockadehaltung Mehrheit im Senat / Rücknahme von Obama-Reformen droht

Von Max Böhnel, New York *

Die Republikaner sind nicht nur nominell Sieger der US-amerikanischen Zwischenwahlen. Sie haben nun alle Mittel in der Hand, um Präsident Barack Obama noch weiter nach rechts zu drängen.

Die Entmachtung der Demokraten, die Umfragen vor den Kongresswahlen prognostiziert hatten, bestätigte sich wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale. Mindestens sieben Sitze gewannen die Konservativen im Senat dazu und stellen nun auch dort die Mehrheit. Im Repräsentantenhaus bauten die Republikaner ihre bestehende Dominanz weiter aus.

Neben den so oder so nach rechts tendierenden Bundesstaaten Arkansas, Montana, South Dakota und West Virginia gingen Senatssitze in Iowa, Colorado und North Carolina an die Republikaner. Sie galten bislang als Obama-freundlich. In Alaska wackelte der von einem Demokraten gehaltene Sitz. Auch in Louisiana könnte ein Republikaner triumphieren, wenn es im kommenden Monat zu einer Stichwahl kommt.

Als neuer mächtigster Gegenspieler des Präsidenten gilt der Fraktionschef der Republikaner im Senat Mitch McConnell. Der rechte Oppositionschef hatte sich in den vergangenen Jahren als Blockadepolitiker gegen Reformen Obamas, insbesondere die Gesundheitsreform, hervorgetan. Der 72-Jährige verteidigte seinen Sitz in Kentucky zum sechsten Mal und muss jetzt seinen Willen zu einer konstruktiven Politik unter Beweis stellen.

Denn seine Partei muss mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren ihren Ruf als Sabotierer abstreifen. Ob dieser Wandel McConnell, der als opportunistischer Machtpolitiker gilt, gelingen wird, ist fraglich. Denn er hatte unter dem Druck der Ultrarechten der »Tea Party« mehrmals die Amtsgeschäfte der Regierung aktiv blockiert: im Haushaltsstreit vor drei Jahren, bei der »Fiskalklippe« vor zwei Jahren und mit dem Regierungs-»Shutdown« im vergangenen Jahr. Aber der Rechtsaußen-Flügel der Republikaner zeigt bisher keinerlei Kompromissbereitschaft, weder innerparteilich noch gegenüber den Demokraten.

In einem Wahlkommentar der »New York Times« hieß es deshalb, »reine Negativität« habe den Republikanern die Mehrheit im Senat beschert. Ihre erfolgreichen Kandidaten würden ihren Negativwahlkampf im Amt jetzt als Obstruktionspolitik fortsetzen, »konservativer als bisher«, so die Zeitung. Schließlich habe der neue Oppositionschef McConnell seine Prioritäten schon angekündigt: Opposition gegen die Erhöhung des Mindestlohns, die Bekämpfung von Umweltschutzauflagen und die Aufhebung der Gesundheitsreform.

Der Politikspielraum Barack Obamas wäre selbst mit kompromissbereiteren Republikanern stark eingegrenzt. Es käme dann zwar immerhin zu Gesetzesentwürfen, die er unterzeichnen könnte, aber sie hätten eine eindeutige rechte Handschrift. Obama bleibt nach der Einschätzung von Beobachtern in seinen letzten beiden Amtsjahren die Option, mit Präsidialgewalt per »executive order« zu regieren. Wie weit er mit diesen Anordnungen rechtlich gehen kann, prüfen Anwälte des Weißen Hauses bereits. Aus politischer Sicht kann sich der Präsident aber allzu viele Vetos gegen rechte Gesetzesentwürfe oder eine eigenmächtige Politik unter Umgehung des Parlaments nicht leisten. Denn auch er sieht sich seiner Partei und ihrem Wahlkampf für den Urnengang in zwei Jahren verpflichtet. Er muss sich als »konstruktiv« unter Beweis stellen.

Nur Randthemen bei diesem Urnengang waren das Wahlsystem und die Rolle, die reiche Spender im Wahlkampf spielen. Die Midterm-Wahlen stellen mit fast vier Milliarden Dollar, die über den Tisch gingen, den teuersten Wahlkampf aller Zeiten dar. Nach Angaben des unabhängigen »Center for Responsive Politics« gaben einzelne Kandidaten und die Parteien 2,7 Milliarden Dollar aus. Außerdem griffen politische Interessengruppen mit einer weiteren geschätzten Milliarde Dollar durch eigene Wahlwerbung im Fernsehen, Radio und Internet ein. Dazu zählen sogenannte Super-PACs, die seit einer Entscheidung des Obersten Gerichts von 2010 unbegrenzt viel Geld in den Wahlkampf einspeisen dürfen.

* Aus: neues deutschland, Donnerstag, 6. November 2014

Gefürchtete Windmühle

Mitch McConnell gilt als neuer Mehrheitsführer der Republikaner im US-Senat.

Von John Dyer, Boston


Vieles spricht dafür, dass Mitch McConnell aus Kentucky neuer Mehrheitsführer der Republikaner im US-Senat wird. Anfang Januar könnte er auf diesen einflussreichen Posten gewählt werden, wenn der neue Senat zwei Monate nach seiner Wahl vom Dienstag erstmals zusammentreten soll. Voraussetzung dafür war, dass McConnell zum sechsten Mal hintereinander ein Senatsmandat erlang. Er siegte deutlich vor der demokratischen Kandidatin Alison Grimes. Seit 1985 sitzt der heute 72-jährige in Alabama geborene Politiker schon für Kentucky im US-Senat.

Da sich die Republikaner mit mindestens 52 Sitzen von insgesamt 100 im Senat die Mehrheit gesichert haben, dürfte McConnell nun vom undankbaren Posten des Fraktionschefs der Minderheit zum Mehrheitsführer aufsteigen. Aber welcher Mitch McConnell wird dieses Amt führen? Das fragen sich viele, die ihn als Mann mit zwei Gesichtern sehen. Da ist der Karrierist: McConnell und seine politischen Freunde aus der Parteimitte werden spöttisch als Handelskammer-Republikaner bezeichnet, weil sie wirtschaftsfreundlich und kompromissbereit sind. In den Vorwahlen holten sie sich die Stimmen mit dem Versprechen, dass die Wähler mit ihrem Sieg schlicht mehr Geld verdienen würden.

»Dabei ist er wirklich gut«, findet Journalismusprofessor Al Cross von der University of Kentucky. McConnell entgehe kein Aspekt in einer Auseinandersetzung. Er kenne auch seine eigenen Schwächen. Deshalb schaffe er es immer, politisch zu überleben. »Es gibt nicht viele, die Mitch McConnell lieben. Aber es gibt viele, die ihn respektieren und manche, die ihn fürchten.«

Andere sehen McConnell als blutleeren Charakter ohne Überzeugungen. Hinzu kommen das Fehlen jeglicher rednerischer Begabung und seine Vorliebe, in Fernsehinterviews zu nuscheln. »Mitch McConnell war in den 46 Jahren, die ich ihn kenne, immer derselbe kaltherzige, machthungrige Politiker«, sagt der demokratische Kongressabgeordnete John Yarmuth aus Kentucky. »Er ist wie eine Windmühle – wo immer der Wind hinbläst, da geht er hin.«

In seiner Siegesrede am Wahlabend sagte McConnell, er wolle den Stillstand im Parlament beenden. Tatsächlich hat McConnell selbst viel zu der Blockadesituation im Kongress beigetragen. Projekte, die er früher befürwortet hatte, wie die Krankenversicherung für alle blockierte er im Senat, wenn sie von Präsident Barack Obama eingebracht wurden.

Der Tea Party-Flügel seiner Partei wirft ihm vor, das Auslaufen von Steuererleichterungen 2011 zugelassen und 2013 die Zahlungsunfähigkeit der Regierung Obama verhindert zu haben. Führende Vertreter lassen es deshalb noch offen, ob sie im Januar für McConnell als Mehrheitsführer stimmen werden.

(nd, 6. Nov. 2014)



Die Wut richtet sich gegen beide Parteien

Der Politologe Ingar Solty über Ursachen und Folgen des Wahlergebnisses **

Ingar Solty ist Politikwissenschaftler sowie Soziologe und arbeitet zur Zeit an einem Forschungsprojekt der York University in Toronto (Kanada). Er ist u.a Autor des 2013 erschienenen Buches »Die USA unter Obama« (Argument Verlag, Hamburg). Mit ihm sprach für »nd« Olaf Standke.

Das war eine Niederlage mit Ansage für die Demokraten. Die fiel am Ende sogar noch höher aus als prognostiziert. Wo sehen Sie die Ursachen?

Eine traditionelle Erklärung ist ja, dass Präsidentenparteien bei Zwischenwahlen, zumal in der zweiten Amtszeit, grundsätzlich schlecht abschneiden. Andere sprechen von einer »Führungskrise« Obamas und erinnern an das Software-Desaster bei der Gesundheitsreform, den Umgang mit Syrien, dem Islamischen Staat oder Ebola. Doch schaut man sich die Umfragen unmittelbar nach den Wahlen an, dann zeigt sich, dass die Wirtschaftsfrage mit großem Abstand immer noch die wichtigste ist; 45 Prozent der Befragten nannten sie wahlentscheidend. Und bei jenen, die enttäuscht erst gar nicht zur Wahl gingen, liegt die Zahl noch höher. Sieben von zehn Wähler sagen, die US-Wirtschaft sei in einem schlechten Zustand, nur 35 Prozent erwarten Besserung.

Nun wächst die US-Wirtschaft aber wieder und die Arbeitslosenzahl sinkt.

Man muss einen Unterschied machen zwischen Wirtschaftswachstum und der Lage der arbeitenden Klasse in den USA. So ist auffällig, dass zuletzt zwar weitere 260 000 Arbeitsplätze hinzugekommen sind, zugleich aber die Anzahl der gearbeiteten Stunden stagniert – weil es sich um sehr viel Teilzeitbeschäftigung handelt. Eine Studie zeigt, dass nur 21 Prozent der in der Krise vernichteten Arbeitsplätze im Niedriglohnsegment angesiedelt waren, es sind aber 58 Prozent der neuen Jobs beim Wiederaufschwung seit 2010. Die Ausweitung des Niedriglohnsektors betrifft zunehmend auch Lohnabhängige mit Hochschulstudium – und das bei steigenden Studiengebühren. Fast eine Million der Fastfood-Beschäftigten haben heute einen Hochschulabschluss. Wir erleben eine Erosion der Mittelklassen.

Trotzdem kommt eine Analyse des Wahlergebnisses wohl nicht ohne den Obama-Faktor aus.

Tatsächlich war das keine Wahl für die Republikaner, sondern eher eine Wahl gegen die Obama-Präsidentschaft, was sich auch in der Wahlverweigerung vieler seiner ehemaligen Unterstützergruppen zeigt. Dazu zählen neben den schwarzen Arbeitern vor allem die jungen Wähler, die ja besonders betroffen sind von der Ausweitung des Niedriglohnsektors. Lag ihr Anteil an den Wählern bei der Präsidentschaftswahl 2012 noch bei 19 Prozent, waren es jetzt nur noch zwölf.

Mit der neuen Konstellation im Kongress wird das Regieren für Präsident Obama nach allen Erfahrungen noch schwerer. Droht jetzt die von vielen befürchtete totale Blockade in Washington?

Nachdem die Republikaner nun beide Kammern des Parlaments kontrollieren, können sie Obama in der Tat vor sich hertreiben. Und durch die Siege bei den Gouverneurswahlen schaffen sie sich ebenfalls gute Voraussetzungen für die Präsidentschaftswahlen 2016.

Aber reicht Blockade wirklich, müssen sich die Republikaner nicht auch als politisch gestaltungsfähig präsentieren?

Natürlich, das wird in den nächsten zwei Jahren wahrscheinlich die entscheidende Frage sein. Umfragen zeigen, dass die Republikaner (56 Prozent) mehr noch als die Demokraten (53 Prozent) bei den Wählern vom Dienstag ein negatives Bild haben. Das ist vor allem ihrer Blockadepolitik beim Streit um den Haushalt im Vorjahr geschuldet, als die Regierung zum sogenannten Shutdown gezwungen wurde und die staatlichen Behörden ihre Tätigkeit zeitweilig zu Teilen einstellen mussten. Hier muss man jetzt sicherlich beobachten, wie vor allem die Tea-Party-Vertreter abgeschnitten haben und wer die innerparteilichen Verhältnisse bestimmt. Das Wahlergebnis spricht für eine gesellschaftliche Wut, und die richtet sich gegen beide Partien.

Angesichts der allgemeinen Unzufriedenheit in den USA mit den sogenannten politischen Eliten stellt sich auch die Frage nach den politischen Alternativen. Gibt es die in dieser Zwei-Parteien-Herrschaft überhaupt noch?

Ich denke, man kann von einer Repräsentationskrise in den USA sprechen, so ähnlich wie auch in europäischen Ländern, wo das zum Aufstieg von Kräften am Rande des Parteien-Spektrums geführt hat. Dagegen sprechen in den USA natürlich das verfestigte Zwei-Parteien-System und nicht zuletzt die notwendige Wahlkampffinanzierung. Dieses Mal wurden 3,67 Milliarden US-Dollar »verbraucht«. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs von 2010 ermöglicht inzwischen unbegrenzte Wahlkampfspenden für sogenannte Super-Pacs, also nicht die Einzelkandidaten, sondern Aktionskomitees. Auch das erschwert den Aufstieg von Drittparteien zusätzlich.

Die von marxistischen Linksintellektuellen wie Richard D. Wolff und Stanley Aronowitz in den vergangenen Jahren geforderten Linkspartei-Projekte sind nicht über Ansätze hinausgekommen. So wird auch interessant sein, wie sich der innerparteiliche Konflikt bei den Demokraten entwickelt und ob es möglicherweise eine Gegenkandidatur des sozialistisch orientierten Senators Bernie Sanders gegen Hillary Clinton bei den demokratischen Vorwahlen 2016 geben wird.

** Aus: neues deutschland, Donnerstag, 6. November 2014


Bühne für Scharfmacher

In den USA konnten die Republikaner bei den Zwischenwahlen zum Kongress ihre Mehrheit weiter ausbauen

Von Rainer Rupp ***


In den USA ist es Tradition, dass Präsident und Regierungspartei bei den Zwischenwahlen, Midterms, abgestraft werden. Aber die Niederlage von Barack Obamas Demokraten fiel weit deutlicher aus als erwartet: Die »oppositionellen« Republikaner haben nun auch das Oberhaus des Kongresses, den Senat, erobert. Sie verfügen in beiden Kammern damit über eine komfortable Mehrheit, die sie im Unter-, dem Repräsentantenhaus, fast auf Rekordhöhe seit dem Zweiten Weltkrieg ausbauen konnten. Außerdem waren die republikanischen Siege in den einzelnen Stimmbezirken alles andere als knapp. Die Ergebnisse standen bereits kurz nach Schließung der Wahllokale fest.

Nachdem die Demokraten vor vier Jahren das Repräsentantenhaus verloren hatten, sprach Obama tags darauf von »Shellacking«, von böser Prügel für seine Partei. Man darf gespannt sein, was er in seiner nach Zwischenwahlen traditionellen Rede über die jüngste, weitaus schwerere Niederlage sagen wird. Vor allem, da ihm die meisten Demokraten die Hauptschuld an der Schlappe geben.

Tatsächlich liegt die Zustimmung der Bevölkerung zu Obama mit 40 Prozent nur noch knapp über dem historischen Tiefstand für US-Präsidenten. Gründe dafür sind unter anderem die chaotische Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung, die sich für viele als weitaus teurer als erwartet herausgestellt hat. Außerdem haben sich deren ungewollte Nebeneffekte negativ auf das Arbeitsverhältnis von Millionen von Amerikanern ausgewirkt. Weil noch viele Unsicherheiten nicht geklärt sind, haben fast alle Kandidaten der Demokraten versucht, sich im Wahlkampf von Obama zu distanzieren – ebenso wie von dessen Wirtschaftspolitik.

In den letzten zwölf Monaten hatte Obama zwar immer wieder voller Stolz auf die schönen Zahlen einer angeblich reduzierten Arbeitslosigkeit und einer wirtschaftlichen Erholung verwiesen. Doch seine frohen Botschaften kamen nicht an, denn sie stehen im krassen Widerspruch zu den alltäglichen Erfahrungen der Masse der US-Bevölkerung. So war es nicht verwunderlich, dass Obama für die Kandidaten seiner Partei wie eine Last war und viele desillusionierte Wähler der Demokraten diesmal zu Hause blieben. So erwartet das Meinungsforschungsinstitut Gallup auch nach Eingang aller entsprechenden Daten eine ausgesprochen geringe Wahlbeteiligung.

Mit ihrer Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus können die Republikaner nun auch eigene Gesetzesvorhaben durchbringen. Obama bleibt dann nur noch die Möglichkeit des Vetos. Viele Medien deuten an, dass der Präsident eigene Initiativen gegen den Widerstand der Republikaner nicht mehr durchsetzen kann. Zugleich verweisen sie darauf, dass in den letzten vier Jahren die republikanische Mehrheit im Abgeordnetenhaus bereits viele Gesetzesinitiativen verhinderte. Aber gerade wegen dieser Blockade hat Obama in den letzten Jahren zunehmend mit sogenannten präsidentiellen Verfügungen, Presidential directives, an der parlamentarischen Kontrolle sowohl der Republikaner als auch seiner Demokraten vorbei mit Dekreten wie ein Autokrat agiert.

Fraglich ist, ob die Republikaner zukünftig gegen das Obama vorgeworfene verfassungswidrige Regieren mit präsidentiellen Verfügungen resoluter vorgehen werden. Doch mit maßgeblichen Veränderungen in Washington ist in den nächsten Jahren nicht zu rechnen. Schließlich sind sich Republikaner, Demokraten und das Weiße Haus im Kern einig bei Kriegsführung, Killerdrohnen, Militarisierung der Polizei, Bespitzelung der Bürger durch die Geheimdienste. Zwar wird sich das politische Geplänkel angesichts der nächsten Präsidentschaftswahlen verstärken, aber das ist nur Theater. Auf dem Spielplan steht die Fortsetzung der Streitigkeiten zwischen Obama und den Republikanern, die von ihm immer noch mehr Militäreinsätze rund um die Welt fordern. Dabei wird die neue politische Konstellation gefährlichen Spinnern und republikanischen Scharfmachern als willkommene Bühne dienen.

*** Aus: junge Welt, Donnerstag, 6. November 2014


Die Wut der Wähler

Olaf Standke über die Kongresswahlen in den USA ***

Gelegentlich hatte der teuerste Kongresswahlkampf aller Zeiten geradezu groteske Momente. Etwa wenn sich Kandidaten der Demokraten unter verbalen Verrenkungen weigerten zuzugeben, einmal für Barack Obama gestimmt zu haben. Tatsächlich war der Präsident bei diesem Votum ein Fluch für die Partei. Die Beliebtheitswerte im Keller, Kernwählergruppen wie Schwarze, Latinos und junge Leute besonders enttäuscht und wahlabstinent, und dann gab er auch noch mit wenig bedachten Äußerungen eine Steilvorlage für die Republikaner, die den Urnengang zum Referendum über Obama erklärten, obwohl er gar nicht zur Wahl stand. Selbst eine wieder wachsende Wirtschaft ließ sich nicht in Stimmen ummünzen, weil viele davon zu wenig spüren und die »gefühlte Krise« auch mit Blick auf Terrorismus oder Ebola noch mehr Menschen ängstigt.

Ihre Wut auf Washington und den politischen Stillstand dort gilt aber nicht nur dem Präsidenten; dafür spricht auch die überaus schwache Wahlbeteiligung. Die Furcht vor einer totalen Blockade in der Hauptstadt ist groß und die Macht dazu hätten die Republikaner, nachdem nun der gesamte Kongress in ihrer Hand ist. Aber ihren klügeren Köpfen scheint zu dämmern, dass eine solche Politik nicht die beste Vorbereitung für die Wahlen 2016 ist, wenn es wirklich um das Weiße Haus geht.

*** Aus: neues deutschland, Donnerstag, 6. November 2014 (Kommentar)


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