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"Unser Bündnis mit Europa bleibt das stärkste Bündnis, das die Welt je gekannt hat" - "Wir werden uns weiter auf den asiatisch-pazifischen Raum konzentrieren"

Der außenpolitische Teil der Rede Obamas "Zur Lage der Nation" im Wortlaut (deutsch)


Im Folgenden dokumentieren wir den außenpolitischen Teil des Berichts "zur Lage der Nation" von US-Präsident Barack Obama vom 28. Januar 2014. Die Rede endet mit der Herz zerreißenden Geschichte des in Afghanistan schwer verwundeten Army-Rangers Cory Remsburg, der neben der First Lady saß. "Cory ist heute hier. Und wie die Armee, die er liebt, wie das Land, dem er dient, gibt Sergeant First Class Cory Remsburg niemals auf und verlässt auch nicht die Armee", sagte Obama und konnte gewiss sein, am Ende den frenetischen Beifall des ganzen Hauses einzuheimsen. Die Rede war ansonsten innenpolitischen Themen gewidmet. Die deutsche Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.

Bericht zur Lage der Nation - Rede des Präsidenten [Auszug]

Staatsbürger zu sein erfordert einen Sinn für gemeinsame Zielsetzungen, Teilhabe an der aufwändigen Aufgabe der Selbstverwaltung und die Verpflichtung, unseren Gemeinschaften zu dienen. Und ich weiß, dass diese Kammer sich einig ist, dass wenige Amerikaner ihrem Land mehr geben als unsere Diplomaten und die Frauen und Männer der amerikanischen Streitkräfte.

Dank der außergewöhnlichen Soldaten und Zivilisten, die ihr Leben riskieren und verlieren, damit wir frei sein können, sind die Vereinigten Staaten sicherer geworden. Als ich das Amt übernahm, dienten beinahe 180.000 Amerikaner im Irak und in Afghanistan. Heute sind alle unsere Soldaten aus dem Irak abgezogen. Über 60.000 unserer Soldaten sind bereits aus Afghanistan zurückgekehrt. Die afghanischen Truppen haben nun selbst die Verantwortung für ihre Sicherheit übernommen, und unsere Soldaten unterstützen sie. Gemeinsam mit unseren Verbündeten werden wir unseren Einsatz dort Ende dieses Jahres abschließen, und damit wird der längste Krieg der Vereinigten Staaten endlich vorüber sein.

Nach 2014 werden wir ein vereintes Afghanistan unterstützen, das die Verantwortung für seine Zukunft selbst in die Hand nimmt. Wenn die afghanische Regierung ein Sicherheitsabkommen unterzeichnet, das wir verhandelt haben, könnte eine geringe Zahl amerikanischer Soldaten gemeinsam mit NATO-Bündnispartnern in Afghanistan verbleiben, um zwei eng abgesteckte Missionen zu erfüllen: die Schulung und Unterstützung afghanischer Sicherheitskräfte und die Durchführung von Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung, um mögliche Überreste von Al Kaida zu verfolgen. Denn auch wenn sich unsere Beziehungen zu Afghanistan verändern werden, eines wird sich nicht ändern: unsere Entschlossenheit, zu verhindern, dass Terroristen Angriffe auf unser Land verüben.

Tatsache ist, dass diese Gefahr weiterhin besteht. Während wir den inneren Kern der Al-Kaida-Führung zu einer Niederlage führten, hat sich aus der Ansiedlung von Al-Kaida-Verbündeten und anderen Extremisten in anderen Teilen der Welt eine Bedrohung entwickelt. In Jemen, Somalia, Irak und Mali müssen wir weiterhin mit unseren Partnern zusammenarbeiten, um diese Netzwerke zu stören und zu zerschlagen. In Syrien werden wir die Opposition unterstützen, die die Ziele der terroristischen Netzwerke ablehnt. Hier zu Hause werden wir unsere Abwehr weiter stärken und neue Bedrohungen wie Cyber-Angriffe bekämpfen. Während wir unseren Verteidigungshaushalt reformieren, dürfen wir nicht den Glauben an unsere Soldatinnen und Soldaten verlieren und müssen in die Fähigkeiten investieren, die sie brauchen, um bei zukünftigen Einsätzen erfolgreich zu sein.

Wir müssen wachsam bleiben. Aber ich glaube fest daran, dass unsere Führungsstärke und unsere Sicherheit nicht allein von unseren herausragenden Streitkräften abhängen dürfen. Als Oberbefehlshaber habe ich Gewalt angewendet, als das nötig war, um amerikanische Bürgerinnen und Bürger zu schützen, und ich werde auch künftig niemals zögern, das zu tun, solange ich dieses Amt innehabe. Aber ich werde unsere Truppen keinen Gefahren aussetzen, wenn dies nicht wirklich erforderlich ist, und ich werde auch nicht zulassen, dass unsere Töchter und Söhne in zeitlich unbegrenzten Konflikten eingesetzt werden. Wir müssen die notwendigen Kämpfe austragen, und nicht diejenigen, die Terroristen in die Hände spielen – groß angelegte Einsätze, die uns schwächen und den Extremismus letztlich nähren könnten.

Auch wenn wir Terrornetzwerke also aktiv und offensiv verfolgen, durch gezieltere Anstrengungen und indem wir die Kapazitäten unserer ausländischen Partner aufbauen – die Vereinigten Staaten müssen den dauerhaften Kriegszustand hinter sich lassen. Aus diesem Grund habe ich sorgfältig durchdachte Beschränkungen für die Nutzung von Drohnen eingeführt – denn wir werden nicht in größerer Sicherheit leben, wenn die Menschen im Ausland glauben, dass wir sie ohne Rücksicht auf die Folgen in ihren Ländern einsetzen könnten.

Aus diesem Grund werde ich in Zusammenarbeit mit diesem Kongress unsere Überwachungsprogramme reformieren, denn für die grundlegende Arbeit unserer Nachrichtendienste müssen, hier wie auch im Ausland, die Menschen darauf vertrauen, dass die Privatsphäre gewöhnlicher Bürger nicht verletzt wird.

Mit dem Ende des Krieges in Afghanistan muss dies auch das Jahr sein, in dem der Kongress die verbleibenden Beschränkungen für Gefangenentransfers aufhebt und wir das Gefängnis in Guantánamo Bay schließen – denn wir begegnen Terrorismus nicht nur durch Aufklärung und Militäraktionen, sondern auch, indem wir unseren verfassungsmäßigen Idealen treu bleiben und dem Rest der Welt ein gutes Vorbild sind.

Wissen Sie, in einer Welt der komplexen Bedrohungen hängen unsere Sicherheit und unsere Führungsstärke von allen Elementen unserer Macht ab, einschließlich einer starken und prinzipientreuen Diplomatie. Die amerikanische Diplomatie hat mehr als 50 Länder vereint, um zu verhindern, dass Nuklearmaterial in die falschen Hände gerät, und uns damit erlaubt, unsere eigene Abhängigkeit von den Beständen des Kalten Krieges zu verringern. Die amerikanische Diplomatie hat, mithilfe der Androhung von Gewalt, dafür gesorgt, dass die syrischen Chemiewaffen zerstört werden.

Wir werden weiterhin mit der internationalen Gemeinschaft auf die Zukunft hinarbeiten, die die Bevölkerung Syriens verdient – eine Zukunft ohne Diktatur, Schrecken und Angst. Während ich hier zu Ihnen spreche, unterstützen amerikanische Diplomaten Israelis und Palästinenser bei ihren schwierigen, aber notwendigen Gesprächen zur Beilegung des dortigen Konflikts mit dem Ziel, Würde und einen unabhängigen Staat für die Palästinenser zu schaffen und einen dauerhaften Frieden und Sicherheit für den Staat Israel zu erreichen – einen jüdischen Staat, dessen Bewohner wissen, dass die Vereinigten Staaten immer an ihrer Seite stehen werden.

Es ist die amerikanische Diplomatie, die Druck ausgeübt und damit die Fortsetzung des iranischen Atomprogramms verhindert hat. So wurden Teile dieses Programms zum ersten Mal in zehn Jahren zurückgefahren. Während wir hier heute Abend zusammensitzen, hat Iran begonnen, seinen Bestand an höher angereichertem Uran zu vernichten. Es werden keine fortschrittlichen Zentrifugen installiert. Inspektionen, die es so nie zuvor gegeben hat, helfen der Welt täglich dabei, zu überprüfen, dass Iran keine Bombe baut. Und wir führen Verhandlungen mit unseren Verbündeten und Partnern, um zu versuchen, auf friedlichem Wege ein Ziel zu erreichen, das wir alle teilen: zu verhindern, dass Iran Atomwaffen erhält.

Diese Verhandlungen werden schwierig werden. Sie werden vielleicht nicht erfolgreich sein. Wir alle wissen um die Unterstützung des Iran für terroristische Organisationen wie die Hisbollah, die unsere Verbündeten bedroht. Und wir sind uns des Misstrauens zwischen unseren Ländern bewusst, ein Misstrauen, das nicht einfach vom Tisch gewischt werden kann. Aber diese Verhandlungen basieren nicht auf Vertrauen. Jede langfristige Vereinbarung, der wir zustimmen, muss auf überprüfbaren Maßnahmen beruhen, die uns und die internationale Gemeinschaft überzeugen, dass Iran keine Atombombe baut. Wenn John F. Kennedy und Ronald Reagan mit der Sowjetunion verhandeln konnten, dann kann ein starkes und souveränes Amerika heute auch mit weniger mächtigen Gegnern verhandeln.

Die Sanktionen, die wir verhängt haben, haben geholfen, das zu ermöglichen. Aber ich sage ganz deutlich: Wenn dieser Kongress mir einen neuen Gesetzesentwurf für Sanktionen vorlegt, der droht, diese Gespräche entgleisen zu lassen, werde ich mein Veto einlegen. Wir müssen der Diplomatie eine Chance zum Erfolg geben – für unsere nationale Sicherheit. Wenn die iranische Führung diese Chance nicht wahrnimmt, werde ich der erste sein, der nach mehr Sanktionen ruft und bereitsteht, um alle Optionen auszuüben, um sicherzustellen, dass das Land keine Atomwaffen baut. Aber wenn die iranische Führung die Chance ergreift – und das werden wir schon bald genau wissen – dann könnte Iran einen wichtigen Schritt tun, um wieder Teil der internationalen Staatengemeinschaft zu werden, und wir werden eine der größten Herausforderungen für unsere Sicherheit in unserer Zeit gelöst haben.

Wir sollten uns auch daran erinnern, dass unsere Führungsstärke nicht nur von unserer Abwehr von Bedrohungen bestimmt wird, sondern auch von den enormen Chancen, auf der ganzen Welt Gutes zu tun und Verständigung zu fördern – für mehr Zusammenarbeit, die Erschließung neuer Märkte, zur Befreiung der Menschen von Angst und Not. Und niemand ist besser in der Lage, diese Chancen zu ergreifen, als die Vereinigten Staaten von Amerika.

Unser Bündnis mit Europa bleibt das stärkste Bündnis, das die Welt je gekannt hat. Von Tunesien bis Burma unterstützen wir die, die willens sind, die schwierige Arbeit des Demokratieaufbaus zu übernehmen. In der Ukraine stehen wir für das Prinzip, dass alle Menschen das Recht haben, sich frei und friedlich zu äußern und sich in die Zukunft ihres Landes einzumischen. Überall in Afrika bringen wir Unternehmen und Regierungen an einen Tisch, um mehr Menschen Zugang zu Strom zu verschaffen und um extreme Armut zu lindern. In Amerika schaffen wir neue Handelsverbindungen, aber wir erweitern auch die Beziehungen im Bereich Kultur und Bildung unter jungen Menschen. Und wir werden uns weiter auf den asiatisch-pazifischen Raum konzentrieren, wo wir unsere Verbündeten unterstützen, eine Zukunft mit mehr Sicherheit und Wohlstand schaffen und denen die Hand reichen, die von schweren Katastrophen heimgesucht wurden – wie auf den Philippinen, wo unsere Marines und Zivilisten denen zu Hilfe eilten, die von einem Taifun betroffen waren, und dort mit Worten wie „wir werden eure Freundlichkeit nie vergessen“ und „Gott schütze Amerika“ begrüßt wurden.

Wir tun diesen Dinge, weil sie helfen, unsere langfristige Sicherheit zu fördern, und wir tun sie, weil wir an die Würde und Gleichberechtigung jedes einzelnen Menschen glauben, unabhängig von Ethnie, Religion, Glaubensrichtung oder sexueller Orientierung. In der kommenden Woche wird die Welt sehen, wie Team USA dieses Bekenntnis verkörpert, wenn es unter rot-weiß-blauer Flagge ins Olympiastadion einläuft und Gold nach Hause bringt.

Liebe amerikanische Mitbürger, kein anderes Land auf der Welt tut, was wir tun. Egal, worum es geht, die Welt wendet sich an uns, nicht nur aufgrund der Größe unserer Wirtschaft oder unserer militärischen Macht, sondern wegen der Ideale, für die wir stehen und der Belastungen, die wir ertragen, um sie zu verwirklichen. Niemand weiß das besser, als diejenigen, die in Uniform dienen.

Mit dem Ende dieser Zeit des Krieges kehrt eine neue Generation von Helden in das bürgerliche Leben zurück. Wir werden die Rückstände aufarbeiten, damit unsere Veteranen die Bezüge erhalten, die ihnen zustehen, und unsere verwundeten Kämpfer die Gesundheitsfürsorge – einschließlich der psychologischen Betreuung –, die sie brauchen. Wir werden weiterhin daran arbeiten, all unseren Veteranen zu helfen, ihre Fähigkeiten hier in der Heimat in Kompetenzen und Führungsqualitäten zu übersetzen. Und wir werden weiterhin gemeinsam unsere bemerkenswerten Militärfamilien ehren und unterstützen.

Ich möchte Ihnen von einer der Familien erzählen, die ich kennengelernt habe. Ich habe Cory Remsburg, einen stolzen Army-Ranger, am 65. Jahrestag des D-Day in Omaha Beach kennengelernt. Gemeinsam mit einigen seiner Kollegen kümmerte er sich während des Programms und der Zeremonie um mich. Er war ein kräftiger, beeindruckender junger Mann, ungezwungen und blitzgescheit. Wir scherzten ein wenig und machten Fotos, und ich bat ihn, mit mir in Verbindung zu bleiben.

Wenige Monate später, während seines zehnten Einsatzes, wurde Cory von einer riesigen am Straßenrand platzierten Bombe beinahe getötet. Seine Kameraden fanden ihn in einem Kanal, mit dem Gesicht nach unten, unter Wasser liegend, den Kopf voller Granatsplitter. Er lag monatelang im Koma. Und als ich ihn das nächste Mal traf, im Krankenhaus, konnte er nicht sprechen und sich kaum bewegen. Über die Jahre hat er Dutzende Operationen und Behandlungen über sich ergehen lassen, stundenlange zermürbende Reha-Maßnahmen, jeden Tag.

Auch heute ist Cory noch auf einem Auge blind und hat Probleme mit seiner linken Seite. Doch langsam, aber sicher, wird er kräftiger, mit der Unterstützung von Pflegern wie seinem Vater Craig und seinem persönlichen Umfeld. Und mit jedem Tag lernt er wieder mehr zu sprechen, zu stehen und zu gehen. Er arbeitet auf den Tag hin, an dem er seinem Land wieder dienen kann. Er sagt, „meine Genesung ist nicht einfach gewesen. Nichts Wertvolles im Leben ist einfach zu haben.“

Cory ist heute hier. Und wie die Armee, die er liebt, wie das Land, dem er dient, gibt Sergeant First Class Cory Remsburg niemals auf und verlässt auch nicht die Armee.

Liebe amerikanische Mitbürger, Frauen und Männer wie Cory erinnern uns daran, dass die Vereinigten Staaten nicht einfach so entstanden sind. Unsere Freiheit, unsere Demokratie waren nicht einfach da. Manchmal stolpern wir, machen Fehler; wir ärgern uns oder sind entmutigt. Aber seit über 200 Jahren haben wir diese Dinge beiseite geschoben und unsere gemeinsame Kraft dem Fortschritt gewidmet – um die Möglichkeiten, persönliche Ziele zu erreichen, auf- und auszubauen, um andere Länder von Tyrannei und Angst zu befreien, um Gerechtigkeit, Fairness und Gleichberechtigung vor dem Gesetz zu fördern, damit die Worte, die unsere Gründerväter zu Papier brachten, für jeden einzelnen Bürger zur Realität werden. Das Amerika, das wir uns für unsere Kinder wünschen – ein aufstrebendes Land, in dem ehrliche Arbeit reichlich vorhanden ist und Gemeinschaften stark sind, in dem Wohlstand geteilt wird und die Möglichkeiten, die uns allen offen stehen, uns so weit kommen lassen, wie unsere Träume und unser Einsatz uns tragen – all das ist nicht einfach zu erreichen. Aber wenn wir zusammenarbeiten – wenn wir das Beste geben, das in uns steckt, so wie Cory alles gab, was in ihm steckte, mit dem Füßen fest auf dem Boden der heutigen Zeit stehend, aber mit einem in die Zukunft gerichteten Blick –, dann weiß ich, dass wir es erreichen können. Glauben Sie daran.

Gott segne Sie, und Gott segne die Vereinigten Staaten von Amerika.

* Originaltext: Remarks of President Obama - State of the Union Address; http://iipdigital.usembassy.gov/st/english/texttrans/2014/01/20140129291757.html#axzz2rlkach9k

Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten; http://blogs.usembassy.gov/amerikadienst/



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