Neue amerikanische Militärstrategie baut auf Weltraumwaffen
Rumsfeld will mit Bush den Aufrüstungskurs festklopfen
Die Washington Post berichtete Anfang der Woche (7. Mai 2001), dass sich US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld noch im Laufe der Woche treffen wolle, um dessen Zustimmung zu einer neuen US-Militärstrategie einzuholen. Die neue Strategie soll laut Rumsfeld die größten militärischen Veränderungen der letzten zehn Jahre mit sich bringen. Bisher war die Größe und Ausrüstung der US-Streitkräfte darauf ausgerichtet, gleichzeitig an zwei verschiedenen Orten Krieg führen zu können. Möglich, dass diese Beschränkung aufgehoben werden soll. Auf der Grundlage der Empfehlungen Rumsfelds soll auch der Verteidigungshaushalt für die kommenden Jahre geplant werden. Die Militärausgaben, so viel steht schon fest, sollen weiter steigen. Details der neuen Strategie unterliegen bisher aber strengster Geheimhaltung. Mehr über die neue Strategie sagt uns der nun folgende Bericht von Rainer Rupp (8. Mai 2001).
Neue amerikanische Militärstrategie baut auf Weltraumwaffen
von Rainer Rupp
Der neue amerikanische Verteidigungsminister Donald H. Rumsfeld hat gestern
Abend (Dienstag, 20:00 Uhr MEZ) in seiner ersten Grundsatzrede zu
Strategiefragen die Absicht der amerikanischen Streitkräfte bekräftigt,
möglichst bald mit der Militarisierung des Weltraums zu beginnen. Ein hoher
Beamte des US-Verteidigungsministeriums ließ vorab wissen, daß die Rede
Rumsfelds dem Pentagon den Weg für die Entwicklung von Weltraumraumwaffen
und deren Finanzierung soll. ("Rumsfeld Plans to Seek a Military Strategy
Using Outer Space", By JAMES DAO, NYT, May 8, 2001)
Um die Bedeutung des Weltraums in der neuen amerikanischen Strategie und bei
der Planung zukünftiger militärischer Operationen rund um den Globus zu
unterstreichen, will Minister Rumsfeld auch eine neue Waffengattung, eine
Art "Spaceforce" schaffen, die unter dem Kommando ihres eigenen
vier-Sterne-Generals stehen wird.
Minister Rumsfeld hatte in der Vergangenheit wiederholt sein starkes
Interesse an der Entwicklung komplexer und teurer Weltraumwaffensysteme
deutlich gemacht, z.B. im All stationierte Laserkanonen, die einfliegende
ballistische Raketen abschießen können, oder die Entwicklung von
Killersatteliten, die im Bedarfsfall die Satteliten anderer Staaten
zerstören und somit deren "Augen" im Weltraum blind machen bzw. diese
Staaten ihrer Fähigkeiten zur Fernüberwachung aus dem Weltraum berauben. Im
Vertrauen auf die amerikanische "Überzeugungskraft", die aus der Machtfülle
der einzigen wirtschaftlichen und militärischen Supermacht fließt, scheint
Minister Rumsfeld den Widerstand seiner europäischen Alliierten gegen diese
Pläne, die weit über den angekündigten Antiraketenschild im All (NMD)
hinausgehen, nicht für unüberwindbar zu halten. Und auf die Reaktionen des
verarmten Russland und des in Weltraumtechnologie unterentwickelten Chinas
scheint er keinen großen Wert zu legen.
Minister Rumsfelds gestrigen Rede war die erste in einer Reihe von
militärischen Grundsatzentscheidungen, die in den kommenden Wochen und
Monaten erwartet werden. Die Entscheidungen werden die Arbeit von zwei
Dutzend Kommissionen reflektieren, die von Rumsfeld beauftragt wurden,
zukünftige Schwachstellen zu analysieren und Vorschläge zur Modernisierung
der amerikanischen Streitkräfte zu unterbreiten. Nach bisher aus dem
Pentagon durchgedrungenen Informationen will die amerikanische militärische
Führung sich in Zukunft bei ihren globalen Aktivitäten weniger auf
Stützpunkte in fremden Ländern verlassen. Diese werden wegen der gewachsenen
Gefahr von Terroranschlägen als zunehmend verwundbar eingeschätzt.
Statt dessen möchte die amerikanische Führung mit neuer Technologie und
neuen Waffensystemen von amerikanischem Boden oder von Schiffen aus rund um
den Erdball zuschlagen können. Die Schiffe müssen dafür entsprechend autark
und von fremden Basen unabhängig sein. Dazu gehört auch, dass die
Mannschaftsstärke der Bodentruppen reduziert wird und statt dessen mehr Geld
für Waffensystem ausgegeben wird, die über weite Stecken wirken können, wie
z.B. Langstreckenbomber, unbemannte Flugzeuge, die nicht von der Müdigkeit
der Piloten abhängig fast unbegrenzt in der Luft bleiben können, und
vorwärtsstationierbare Schiffe, die von der hohen See aus Ziele tief im
Landesinneren des Feindes unter Feuer nehmen können.
Die bisher bekannt gewordenen Elemente der neuen amerikanischen
Militärstrategie deuten darauf hin, dass die Supermacht USA in Zukunft noch
weniger dazu bereit sein wird, amerikanische Soldaten in Krisengebieten zu
stationieren. Statt dessen soll das ganze Spektrum der militärischer
Möglichkeiten bis hinauf ins All dermaßen verbessert werden, dass Washington
jeden Staat, der sich nicht der neuen Weltordnung fügt, egal wo auf dem
Globus, zu jeder Zeit, ohne große Vorbereitung und ohne eigene Verluste hart
bestrafen kann.
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