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Mit Obama in den Krieg

Medienberichten zufolge plant der nächste US-Präsident eine "neue Herangehensweise" in Afghanistan und Pakistan. Mit der Realität am Hindukusch hat das wenig zu tun

Von Knut Mellenthin *

Der nächste Präsident der USA, Barack Obama, mache sich Gedanken über »eine neue Herangehensweise im Afghanistan-Krieg«, meldete die Washington Post am 11. November. Der Bericht enthielt allerdings kaum Konkretes und, soweit es die Absichten von Obama angeht, überhaupt nichts Verifizierbares. Das Blatt erwähnte nämlich nur »Sicherheitsberater« Obamas, die aus Gründen der Diskretion und – versteht sich – der nationalen Sicherheit weder namentlich genannt noch wörtlich zitiert werden wollten. Außerdem vermengte die Post die angeblichen Zuflüsterungen von Obamas Leuten auch noch mit Aussagen von ebenso anonymen US-Militärs.

Regionale Strategie

Was erfährt man also in diesen Tagen? Die Regierung des 44. US-Präsidenten, der am 20. Januar 2009 vereidigt werden soll, suche nach einer »mehr regionalen Strategie für den Krieg in Afghanistan, einschließlich möglicher Gespräche mit Iran«, und sie »beobachtet wohlwollend den entstehenden Dialog zwischen der afghanischen Regierung und ›versöhnbaren‹ Elementen der Taliban«. Deutlicher und verbindlicher drücken sich auch der Papst und die Queen normalerweise nicht aus.

Aus Reden und Veröffentlichungen Obamas weiß man, daß er sich dafür einsetzt, Afghanistan und Pakistan als einen einheitlichen Kriegsschauplatz zu behandeln, und daß dorthin seiner Ansicht nach der Schwerpunkt des »Krieges gegen den Terror« verlagert werden muß. Im ersten Punkt stimmt er vollkommen mit der Bush-Administration und der militärischen Führung überein. Im zweiten Punkt gibt es Widersprüche, was das Tempo des Truppenabzugs aus Irak – und damit die Freistellung von Verstärkungen für Afghanistan – angeht. Obama hat bisher angekündigt, den größten Teil der Besatzungs- und Interventionstruppen, derzeit rund 150000 Mann, nach einem festen Zeitplan innerhalb von 16 Monaten aus dem Irak abzuziehen. Das halten Militärs wie Generalstabschef Michael Mullen für »gefährlich«: nicht den Grundgedanken, aber die Festlegung auf einen Zeitplan.

Obama unterstützt die Ausweitung des Afghanistan-Krieges auf Pakistan durch illegale Luftangriffe mit unbemannten Flugkörpern. In den letzten drei Monaten gab es davon rund 20, im gesamten Jahr 2007 nur drei. Obama unterstützt auch den Druck der Bush-Regierung auf Pakistan, einen den gesamten Nordwesten des Landes umfassenden Terrorkrieg gegen die paschtunische Bevölkerung zu führen. Ungeachtet der Kriegseskalation am Hindukusch will der Bundestag am heutigen Donnerstag das Mandat für die »Operation Enduring Freedom« um ein weiteres Jahr verlängern und der US-Armee deutsche Soldaten bereitstellen.

Kollaborateure gesucht

Mit der Behauptung, Obama befürworte den Dialog mit »versöhnbaren Elementen der Taliban«, steht diese Praxis nicht im Einklang. Tatsächlich ist die gewählte Formulierung – er beobachte wohlwollend (»looks favorably«) – ebenso nichtssagend wie der Begriff »versöhnbar« (reconcilable). Das Regime in Kabul versteht darunter Stammeskrieger und Warlords, die »der Gewalt abschwören und die afghanische Verfassung akzeptieren«. Kollaborationswillige also. Versuche dazu hat es schon seit der Invasion im Oktober 2001 gegeben; besonders erfolgreich waren sie letztlich nicht, wie man sieht. Obama hat bisher mit keinem Wort zu erkennen gegeben, daß er auf diesem Gebiet neue Ideen hat.

Und schließlich: Gespräche mit Iran? Obama hat schon zu Beginn seiner Wahlkampagne gemerkt, daß seine Äußerungen, er sei zu einem Treffen mit Präsident Mahmud Ahmadinedschad bereit, ihm politisch geschadet haben. Daraufhin hat er diese Ankündigung schnell bis zur Unkenntlichkeit relativiert.

* Aus: junge Welt, 13. November 2008


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