Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

"Dieses Amerika wird Streitkräfte hervorbringen, die so stark sind, dass kein Land je wagen wird, sie auf die Probe zu stellen" / "Ich weiß, was es bedeutet, junge Amerikaner in den Kampf zu schicken"

Die Reden der Kandidaten auf den Nominierungsparteitagen der Republikaner (Mitt Romney) und Demokraten (Barack Obama) im Wortlaut (deutsch)


Ende August/Anfang September haben die Nominierungsparteitage der Republikaner und der Demokraten in den USA stattgefunden. Die Kandidaten standen schon lange vorher fest: Barack Obama wird sich zur Wiederwahl stellen, sein Herausforderer ist der ebenso konservative wie farblose Republikaner Mitt Romney.
Die Reden der beiden Kandidaten befassen sich zum größten Teil mit innenpolitischen Fragen, wobei die Lage der Wirtschaft, die Steuern und die soziale Lage der Menschen eine bedeutende Rolle spielte.
Unterschiede in der Außenpolitik sind traditionell weniger ausgeprägt; hier geht es mehr um Atmosphärisches, nicht um Strategisches, so wenn etwa Mitt Romney Obama vorwirft, er habe "Verbündete wie Israel im Stich gelassen".
Wir dokumentieren die beiden Reden in Auszügen in einer vom Amerika Dienst besorgten Übersetzung. Wir beginnen mit der Rede von Mitt Romney; es folgt die Antwort" von Obama.



Amerikaner haben die Wahl

Nachfolgend veröffentlichen wir Auszüge aus der Rede von Mitt Romney auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner vom 30. August 2012 in Tampa.

Rede des Präsidentschaftskandidaten der Republikaner Mitt Romney

Herr Vorsitzender, sehr geehrte Delegierte, ich nehme Ihre Nominierung für das Amt des Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten an.

Ich tue es mit Demut, tief bewegt von dem Vertrauen, das Sie in mich setzen. Es ist eine große Ehre und eine noch größere Verantwortung.

Heute bitte ich Sie, sich mit mir auf den Weg in eine bessere Zukunft zu begeben. An meiner Seite steht ein Mann mit einem großen Herzen aus einer kleinen Stadt. Er steht für das Beste in Amerika. Er ist ein Mann, der uns immer stolz machen wird - mein Freund und der nächste Vizepräsident der Vereinigten Staaten, Paul Ryan.

[...]

Ich weiß, dass viele Amerikaner vor vier Jahren angesichts der Möglichkeiten, die ein neuer Präsident versprach, ein Gefühl der Begeisterung verspürten. Dieser Präsident war nicht der Kandidat unserer Partei, aber Amerikaner finden nach Wahlen immer wieder zueinander. Wir sind ein gutes und großzügiges Volk, und uns eint sehr viel mehr als uns trennt.

[...]

Aber heute, vier Jahre nach der Aufregung der letzten Wahl, zweifelt die Mehrheit der Amerikaner zum ersten Mal daran, dass ihre Kinder eine bessere Zukunft haben werden.

Es ist nicht das, was uns versprochen wurde.

[...]

Ich wünschte, Präsident Obama wäre erfolgreich gewesen, denn ich will, dass die Vereinigten Staaten erfolgreich sind. Aber anstelle seiner Versprechen traten Enttäuschung und Spaltung. Das müssen wir nicht akzeptieren. Wir KÖNNEN jetzt etwas tun. Mit Ihrer Hilfe werden wir etwas tun.

Jetzt können wir aufstehen und sagen: „Ich bin Amerikaner. Ich bestimme mein Schicksal. Wir verdienen etwas Besseres! Meine Kinder verdienen etwas Besseres! Meine Familie verdient etwas Besseres! Mein Land verdient etwas Besseres!“

Hier stehen wir also. Amerikaner haben die Wahl. Sie können eine Entscheidung treffen.

[...]

So ist das in Amerika. Unsere Gemeinden, unser Glaube, unsere Familie bereiten uns Freude und geben uns Halt in guten und in schlechten Zeiten. So leben wir unser Leben. Es ist Sinn und Zweck unseres Lebens. Die Stärke und Kraft und Güte der Vereinigten Staaten beruhte schon immer auf der Stärke und Kraft und Güte unserer Gemeinden, unserer Familien und unseres Glaubens.

Das ist das Fundament Amerikas. An unseren besten Tagen können wir die Lebendigkeit unserer großen und kleinen Gemeinden spüren.

Wenn wir beispielsweise sehen, wie in der Innenstadt neue Geschäfte eröffnen. Wenn wir morgens zur Arbeit gehen und sehen, wie alle anderen in unserer Nachbarschaft das auch tun.

Wenn unser Sohn oder unsere Tochter vom College anruft, um darüber zu reden, welches Stellenangebot er oder sie annehmen sollte …und wenn Sie dann versuchen, die Tränen zu unterdrücken, weil Sie hören, dass der Favorit nicht weit von zu Hause weg ist.

Es ist das gute Gefühl, wenn man mehr Zeit hat, um die Fußballmannschaft seines Kindes zu trainieren oder bei Klassenfahrten auszuhelfen.

Aber für zu viele Amerikaner werden diese guten Tage immer seltener. An wie vielen Tagen wachen Sie auf und haben das Gefühl, dass in Amerika etwas wirklich Besonderes geschieht?

Viele von Ihnen hatten dieses Gefühl am Wahltag vor vier Jahren. Hoffnung und Wandel strahlten eine starke Anziehungskraft aus. Aber heute Abend möchte ich eine einfache Frage stellen: Wenn Sie diese Begeisterung verspürten, als Sie für Barack Obama stimmten, sollten Sie diese Begeisterung dann nicht auch jetzt fühlen, da Barack Obama Präsident ist? Mit der Arbeit, die er als Präsident leistet, kann etwas nicht stimmen, wenn er einem das beste Gefühl an dem Tag vermittelt hat, an dem man ihn gewählt hat.

Der Präsident hat Sie nicht enttäuscht, weil er das wollte. Der Präsident hat die Vereinigten Staaten enttäuscht, weil er sie nicht in die richtige Richtung geführt hat. Er hat sein Amt ohne die grundlegende Qualifikation angetreten, über die die meisten Amerikaner verfügen und die für seine Aufgabe wesentlich gewesen wäre. Er hatte fast keine Erfahrung mit der Arbeit in einem Unternehmen. Bei Arbeitsplätzen denkt er an die öffentliche Hand.

[...]

Das Herzstück des gesamten Wahlkampfs des Präsidenten besteht darin, Erfolg madig zu machen. Ist es ein Wunder, dass jemand, der Erfolg angreift, den schlechtesten Wirtschaftsaufschwung seit der Weltwirtschaftskrise zu verantworten hat? In den Vereinigten Staaten würdigen wir Erfolg, wir entschuldigen uns nicht dafür.

Wir hatten bei Bain nicht immer Erfolg. Aber niemand hat in der wirklichen Unternehmenswelt immer Erfolg.

Das scheint dieser Präsident nicht zu verstehen. In Unternehmen und bei der Schaffung von Arbeitsplätzen geht es darum, Risiken einzugehen – manchmal verliert man, manchmal gewinnt man, aber man versucht es immer wieder. Es geht um Träume. Meistens funktioniert es nicht genau so, wie man es sich vorstellt. Steve Jobs wurde von Apple gefeuert. Er kam zurück und veränderte die Welt.

Das ist das Geniale am freien Unternehmertum in den Vereinigten Staaten - es setzt die außergewöhnliche Kreativität, das Talent und den Fleiß der Amerikanerinnen und Amerikaner in einem System ein, das auf den Wohlstand von morgen hinarbeitet und nicht versucht, den Wohlstand von heute umzuverteilen.

Deshalb konnte sich jeder Präsident, der seit der Weltwirtschaftskrise wiedergewählt werden wollte, vor die Amerikanerinnen und Amerikaner stellen, auf die letzten vier Jahre zurückblicken und zufrieden sagen: „Es geht Ihnen besser als vor vier Jahren.“

Außer Jimmy Carter. Und außer diesem Präsidenten.

[...]

Die Vereinigten Staaten waren geduldig. Die Amerikaner haben diesen Präsidenten wohlwollend unterstützt.

Aber es ist an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen.

Es ist an der Zeit, die Enttäuschungen der letzten vier Jahre hinter uns zu lassen.

Die Zwietracht und die gegenseitigen Beschuldigungen beiseite zu lassen.

Zu vergessen, was hätte sein können, und nach vorne auf das zu blicken, was sein kann.

Es ist an der Zeit, dem Versprechen der Vereinigten Staaten neues Leben einzuhauchen. Viele Amerikaner haben diesen Präsidenten aufgegeben, aber sie haben nie selbst daran gedacht, aufzugeben. Nicht sich selbst. Nicht einander. Und nicht die Vereinigten Staaten von Amerika.

Was wir in unserem Land heute brauchen ist weder kompliziert noch tiefgründig. Wir brauchen keinen Sonderregierungsausschuss, der uns sagt, was Amerika braucht.

Amerika braucht Arbeitsplätze.

Viele Arbeitsplätze.

[...]

Ich bewerbe mich um das Amt des Präsidenten um zu helfen, eine bessere Zukunft zu schaffen. Eine Zukunft, in der jeder, der einen Arbeitsplatz sucht, auch einen findet. In der kein Rentner um die Sicherheit seiner Rente fürchten muss. Ein Amerika, in dem alle Eltern wissen, dass ihr Kind eine Ausbildung erhalten wird, die ihm einen guten Arbeitsplatz verschaffen und eine glänzende Zukunft in Aussicht stellen wird.

Und anders als der Präsident habe ich einen Plan, um 12 Millionen Arbeitsplätze zu schaffen. Er besteht aus fünf Schritten.

Erstens wird Nordamerika bis 2020 energieunabhängig sein, indem es seine Öl-, Kohle- und Gasreserven sowie seine Atomkraft und erneuerbaren Energien voll und ganz nutzt.

Zweitens werden wir unseren Mitbürgern die Fähigkeiten vermitteln, die sie für die Arbeitsplätze von heute und die Berufe von morgen brauchen. Was die Schule angeht, die Ihr Kind besucht, so sollten alle Eltern eine Wahl und jedes Kind eine Chance haben.

Drittens werden wir den Handel zugunsten der Vereinigten Staaten arbeiten lassen, indem wir neue Handelsabkommen schließen. Wenn ein Land beim Handeltreiben betrügt, wird das unmissverständliche Folgen haben.

Viertens, um jedem Unternehmer und jedem, der Arbeitsplätze schafft, zu versichern, dass Investitionen nicht verschwinden wie in Griechenland, werden wir das Defizit reduzieren und die Vereinigten Staaten wieder auf den richtigen Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt bringen.

Fünftens werden wir KLEINE Unternehmen unterstützen, die der Motor der Arbeitsplatzschaffung sind. Das bedeutet, die Steuern für Unternehmen zu senken und nicht, sie zu erhöhen. Das bedeutet, die Regeln zu vereinfachen und zu modernisieren, die besonders kleinen Unternehmen schaden. Und es bedeutet, dass wir die explodierenden Kosten der Gesundheitsversorgung in den Griff bekommen und Obamacare ersetzen müssen.

Es ist heute wahrscheinlicher, dass eine Frau ein Unternehmen gründet als ein Mann. Sie brauchen einen Präsidenten, der das, was sie tun, respektiert und unterstützt.

Ich möchte ganz deutlich sagen, dass ich – im Gegensatz zu Präsident Obama - die Steuern für die Mittelschicht nicht erhöhen werde.

Als Präsident werde ich die Unantastbarkeit des Lebens schützen. Ich werde die Institution der Ehe in Ehren halten. Und ich werde das im ersten Verfassungszusatz verankerte Freiheitsrecht der Vereinigten Staaten garantieren: die Religionsfreiheit.

Präsident Obama hat versprochen, den Anstieg des Meeresspiegels zu verlangsamen und den Planeten zu retten. MEIN Versprechen ist, Ihnen und Ihrer Familie zu helfen.

Ich werde meine Präsidentschaft mit einer Jobs Tour beginnen. Präsident Obama hat mit einer Entschuldigungstour begonnen. Die Vereinigten Staaten hätten anderen Nationen vorgeschrieben, was sie zu tun haben. Nein, Herr Präsident, die Vereinigten Staaten haben andere Länder von Diktatoren befreit.

Alle Amerikaner waren erleichtert, als Präsident Obama Seal Team Six die Weisung zum Einsatz gegen Osama bin Laden erteilte. Aber an einer Front sind die Amerikaner heute weniger sicher, denn er hat die nukleare Bedrohung, die von Iran ausgeht, nicht verringert.

In seinem ersten Fernsehinterview als Präsident sagte er, wir sollten mit Iran reden. Wir reden immer noch, und die Zentrifugen in Iran drehen sich weiter.

Präsident Obama hat Verbündete wie Israel im Stich gelassen, während er die Sanktionen gegen Castros Kuba lockerte. Er hat unsere Freunde in Polen im Stich gelassen, indem er unsere Verpflichtungen bezüglich der Raketenabwehr nicht erfüllte, aber er will Russlands Präsident Putin nach den Wahlen die Flexibilität lassen, die er sich wünscht. In meiner Regierung wird es mehr Loyalität für unsere Freunde geben, und Herr Putin wird ein bisschen weniger Flexibilität und mehr Rückgrat erleben.

Wir werden die demokratischen Ideale der Vereinigten Staaten in Ehren halten, denn eine freie Welt ist eine friedlichere Welt. Das ist das parteiübergreifende außenpolitische Vermächtnis von Truman und Reagan. Unter meiner Präsidentschaft werden wir uns wieder darauf besinnen.

[...]

Das Amerika, das wir alle kennen, ist die Geschichte von vielen, die eins werden, die gemeinsam Freiheit bewahren, gemeinsam die großartigste Volkswirtschaft der Welt aufbauen, gemeinsam die Welt vor unaussprechlicher Dunkelheit retten.

Überall in den Vereinigten Staaten gibt es Denkmäler für diejenigen, die ihr Leben für die Vereinigten Staaten gelassen haben. Weder ihre Hautfarbe, noch ihre Parteizugehörigkeit noch ihr Beruf werden erwähnt. Sie lebten und starben unter einer einzigen Flagge und setzten sich für ein einziges Ziel ein. Sie schworen den Vereinigten Staaten von Amerika die Treue.

Dieses Amerika, dieses geeinte Amerika, kann eine Volkswirtschaft hervorbringen, die Arbeitsplätze für alle Amerikanerinnen und Amerikaner schafft, die die Welt in puncto Innovation und Produktivität wieder anführen wird, und die das Vertrauen jeder Mutter und jedes Vaters wiederherstellen wird, dass die Zukunft ihrer Kinder heller leuchten wird als die Vergangenheit.

Dieses Amerika, dieses geeinte Amerika, wird Streitkräfte hervorbringen, die so stark sind, dass kein Land je wagen wird, sie auf die Probe zu stellen.

Dieses Amerika, dieses geeinte Amerika, wird die Konstellation der Rechte wahren, die unser Schöpfer uns gegeben hat und die in unserer Verfassung verankert sind.

Dieses geeinte Amerika wird sich um die Armen und Kranken kümmern, die Alten achten und ehren, und allen, die Hilfe brauchen, behilflich sein.

Dieses Amerika ist das Beste in jedem Einzelnen von uns. Dieses Amerika wollen wir für unsere Kinder.

Wenn ich zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt werde, werde ich meine ganze Energie und mein Herz in die Wiederherstellung dieses Amerikas stecken, damit wir unsere Augen auf eine bessere Zukunft richten können. Die Zukunft ist unser Schicksal. Diese Zukunft ist da draußen. Sie wartet auf uns. Unsere Kinder verdienen sie, unser Land braucht sie, Frieden und Freiheit auf der Welt verlangen nach ihr. Mit Ihrer Hilfe werden wir diese Zukunft gestalten. Lassen Sie uns diese Zukunft heute Abend beginnen.

* Herausgeber: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten.
http://blogs.usembassy.gov/amerikadienst/



Amerika muss nach vorne blicken

Nachfolgend veröffentlichen wir Auszüge aus der Rede von US-Präsident Barack Obama auf dem Nominierungsparteitag der Demokraten vom 06. September 2012 in Charlotte. Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.

Rede des US-Präsidenten Barack Obama **

[...]

Als ich mich 2004 zum ersten Mal an den Parteitag wandte, war ich ein jüngerer Mann, ein Kandidat für den Senat aus Illinois, der über Hoffnung und nicht blinden Optimismus oder Wunschdenken sprach. Hoffnung angesichts von Schwierigkeiten und Hoffnung angesichts von Unsicherheit, Hoffnung, die den Glauben an die Zukunft festigt, der dieses Land vorangebracht hat, auch wenn es große Schwierigkeiten gibt oder der Weg noch lang ist.

Acht Jahre später wurde diese Hoffnung auf die Probe gestellt – von den Kosten des Krieges, von einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen in der Geschichte und von politischem Stillstand, der uns fragen ließ, ob wir angesichts dessen noch in der Lage sein würden, die Probleme unserer Zeit zu lösen.

Ich weiß, dass Wahlkämpfe unbedeutend oder unsinnig erscheinen können. Banale Dinge lenken uns ab. Ernste Themen werden zu Schlagworten. Und die Wahrheit wird unter einer Flut von Geld und Werbung begraben. [...]

[...]

Bei jedem Thema haben Sie nicht nur die Wahl zwischen zwei Kandidaten oder zwei Parteien.

Es wird die Wahl zwischen zwei unterschiedlichen Wegen für Amerika sein.

Eine Wahl zwischen zwei grundlegend unterschiedlichen Vorstellungen von der Zukunft.

Unsere Idee ist die eines Kampfes zur Wiederherstellung der Werte, die die größte Mittelschicht und die stärkste Volkswirtschaft entstehen ließen, die die Welt jemals gesehen hat – die Werte, die mein Großvater als Soldat in Pattons Armee verteidigte, die Werte, die meine Großmutter an ein Montageband für Bomber führte, während er weg war.

Sie wussten, dass sie Teil eines größeren Ganzen waren – eines Landes, das über den Faschismus und die Wirtschaftskrise gesiegt hatte, eines Landes, in dem die innovativsten Unternehmen die weltbesten Produkte herstellten und jeder am Erfolg und Stolz Anteil hatte – vom Büroangestellten bis zum Fabrikarbeiter. Meine Großeltern erhielten die Chance, auf ein College zu gehen und ihr erstes eigenes Haus zu kaufen und für sich den Kern der amerikanischen Geschichte wahr zu machen: nämlich das Versprechen, dass sich Fleiß auszahlt, dass die Übernahme von Verantwortung belohnt wird, dass jeder eine Chance erhält und einen fairen Beitrag leisten muss und sich alle an die gleichen Regeln halten – vom Durchschnittsamerikaner zum Wall-Street-Bänker und Politiker in Washington D.C.

[...]

Unsere Freunde auf dem Parteitag der Republikaner waren überaus froh, über alles sprechen zu können, was ihrer Meinung nach falsch läuft in den Vereinigten Staaten. Sie wollen Ihre Stimme, aber sie wollen nicht, dass Sie wissen, wie ihr Plan aussieht. Das liegt daran, dass sie nur die gleichen alten Vorschläge machen, wie schon seit 30 Jahren.

„Gibt es ein Überschuss? Dann senk die Steuern.“

„Ist das Defizit zu hoch? Dann senke sie noch einmal.“

[...]

Ich habe die Steuern für die Menschen gesenkt, die darauf angewiesen waren: Familien aus der Mittelschicht und kleine Unternehmen. Ich glaube nicht, dass weitere Steuersenkungen für Millionäre in unserem Land gute Arbeitsplätze schaffen oder zur Senkung unseres Defizits beitragen werden. Ich glaube nicht, dass die Entlassung von Lehrern oder die Entziehung von finanzieller Unterstützung für Studenten zum Wirtschaftswachstum beitragen oder unsere Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den Wissenschaftlern und Ingenieuren aus China erhöhen werden. Nach allem, was wir durchgemacht haben, glaube ich nicht, dass weniger Regulierung für die Wall Street dazu beitragen wird, dass Kleinunternehmerinnen expandieren können oder der entlassene Bauarbeiter sein Haus behalten kann. [...]

Die Wahrheit lautet, es wird mehr als nur ein paar Jahre dauern, bis wir die Probleme gelöst haben, die sich über Jahrzehnte angestaut haben. Es wird gemeinsame Anstrengungen, geteilte Verantwortung und die Art mutigen, ausdauernden Experimentierens erfordern, das schon Franklin Roosevelt während der einzigen Krise gezeigt hat, die schlimmer war als die derzeitige. [...]

[...] Unsere Probleme können gelöst werden. Wir können uns den Herausforderungen stellen. Der Weg, den wir anbieten, mag härter sein, aber er führt zu einem besseren Ort. Und ich bitte Sie, sich für diese Zukunft zu entscheiden. Ich bitte Sie, sich hinter eine Reihe von Zielen für unser Land zu stellen, Ziele für den Bereich der verarbeitenden Industrie, der Energie, Bildung, nationalen Sicherheit und das Defizit, reale, erreichbare Ziele, die zu neuen Arbeitsplätzen, mehr Chancen und einer Ankurbelung dieser Volkswirtschaft auf einer stabileren Grundlage führen werden. Das ist es, was wir in den kommenden vier Jahren tun können und deshalb stelle ich mich für eine zweite Amtszeit als Präsident der Vereinigten Staaten zur Wahl.

[...]

Nach einem Jahrzehnt des Niedergangs sind in diesem Land in den vergangenen 2 ½ Jahren mehr als eine halbe Million Arbeitsplätze in der verarbeitenden Industrie entstanden. Und jetzt haben Sie die Wahl: wir können damit anfangen, die Unternehmen zu belohnen, die neue Werke eröffnen und Arbeitnehmer ausbilden und neue Arbeitsplätze hier in den Vereinigten Staaten schaffen. [...]

[...]

Wir bieten einen besseren Weg an: Wir bieten eine Zukunft an, in der wir weiterhin in Wind- und Solarenergie und saubere Kohle investieren, in der Landwirte und Wissenschaftler neue Biokraftstoffe nutzen, um Autos und LKW anzutreiben, in der Bauarbeiter Häuser und Fabriken bauen, die weniger Energie verschwenden, in der wir jahrhundertealte Gasquellen direkt unter unseren Füßen erschließen. Wenn Sie diesen Pfad wählen, können wir unsere Ölimporte bis 2020 um die Hälfte senken und mehr als 600.000 neue Arbeitsplätze durch Erdgas schaffen.

Und ja, mein Plan wird den CO2-Ausstoß, der unseren Planeten aufheizt, weiterhin verringern – weil der Klimawandel kein Schwindel ist. Mehr Dürren, Überschwemmungen und Waldbrände sind kein Witz. Sie sind eine Bedrohung für die Zukunft unserer Kinder. Und bei diesen Wahlen können sie etwas dagegen tun.

Sie können eine Zukunft wählen, in der mehr amerikanische Bürger die Chance auf die Qualifikationen erhalten, die sie im Wettbewerb benötigen, ganz gleich, wie alt sie sind oder über wie viel Geld sie verfügen. Bildung hat mir Chancen eröffnet. Sie hat Michelle Chancen eröffnet. Und mehr als jemals zuvor ist Bildung heute der Schlüssel zu einem Leben in der Mittelschicht.

[...]

In einer Welt neuer Bedrohungen und Herausforderungen können Sie eine politische Führung wählen, die bereits erprobt ist und sich bewährt hat. Vor vier Jahren habe ich versprochen, den Krieg im Irak zu beenden. Genau das haben wir getan. Ich habe versprochen, dass wir uns wieder auf die Terroristen konzentrieren würden, die uns am 11. September angegriffen haben – und genau das haben wir getan. Wir haben die Dynamik der Taliban in Afghanistan durchbrochen und 2014 wird unser längster Krieg zu Ende gehen. In der Skyline von New York entsteht ein neuer Turm, die Al Kaida ist auf dem Rückzug und Osama bin Laden ist tot.

Heute Abend ehren wir die Amerikaner, die noch immer dienen und ihr Leben für uns riskieren. Wir stehen für immer in der Schuld einer Generation, deren Opfer dieses Land sicherer gemacht haben und ihm mehr Anerkennung einbrachten. [...]

Überall auf der Welt haben wir alte Bündnisse gestärkt und neue Koalitionen gebildet, um die Verbreitung von Atomwaffen zu stoppen. Wir haben unseren Einfluss im Pazifik hinweg wieder zu Geltung gebracht und im Namen unserer Arbeitnehmer gegenüber China standgehalten. Von Burma über Libyen bis zum Südsudan haben wir die Rechte und die Würde aller Menschen gefördert – Frauen und Männer, Christen und Muslime und Juden.

Doch trotz all der Fortschritte, die wir gemacht haben, gibt es noch immer einige Herausforderungen. Pläne von Terroristen müssen vereitelt werden. Die Krise in Europa muss eingedämmt werden. Unser Engagement für die Sicherheit Israels darf nicht wanken, ebenso wenig wie unser Streben nach Frieden. Die iranische Regierung muss einer Welt gegenüberstehen, die geeint bleibt gegen die atomaren Bestrebungen. Der historische Wandel in der arabischen Welt darf nicht von der eisernen Hand eines Diktators oder dem Hass von Extremisten bestimmt werden, sondern muss von den Hoffnungen und Wünschen gewöhnlicher Bürger geleitet werden, die nach den gleichen Rechten streben, die wir heute genießen.

Wir haben nun also die Wahl. Mein politischer Gegner und sein Vizepräsidentschaftskandidat haben keine außenpolitische Erfahrung, aber nach allem, was wir gesehen und gehört haben, wollen sie uns zurückführen in eine Zeit der Prahlerei und Stümperhaftigkeit, die den Vereinigten Staaten so teuer zu stehen kam.

Man bezeichnet Russland schließlich nicht als Feind Nummer eins – und nicht etwa die Al Kaida – es sei denn, man ist in einer Ideologie aus der Zeit des Kalten Krieges gefangen. Man ist vielleicht auch nicht bereit für die Diplomatie mit Peking, wenn man nicht einmal zu den Olympischen Spielen reisen kann, ohne unseren engsten Verbündeten zu beleidigen. [...]

Sie können zwischen einer Zukunft wählen, in der wir unser Defizit senken, ohne die Mittelschicht zugrunde zu richten. Unabhängige Analysen zeigen, dass meine Pläne unser Defizit um 4 Billionen US-Dollar senken würden. Im vergangenen Sommer arbeitete ich mit Republikanern im Kongress zusammen, um die Ausgaben um eine Billion US-Dollar zu senken, weil diejenigen von uns, die glauben, dass der Staat eine positive Kraft sein kann, sich stärker als alle anderen für Reformen einsetzen müssen, damit er schlanker und effizienter wird und den Bürgern der Vereinigten Staaten gegenüber Rechenschaft ablegt.

Ich möchte die Steuergesetzgebung reformieren, damit sie einfacher und gerechter wird und die wohlhabendsten Haushalte höhere Steuern auf Einkommen über 250.000 US-Dollar zahlen – und zwar in gleicher Höhe wie schon unter Präsident Bill Clinton, in gleicher Höhe wie zu der Zeit als unsere Volkswirtschaft fast 23 Millionen neue Arbeitsplätze schuf, den größten Überschuss in der Geschichte erzielte und obendrein noch eine ganze Menge Millionäre hervorbrachte.

Ich möchte noch immer eine Einigung basierend auf meiner überparteilichen Schuldenkommission (Debt Commission) erzielen. Keine Partei hat ein Monopol auf Weisheit. Keine Demokratie funktioniert ohne Kompromisse. Aber wenn Gouverneur Romney und seine Verbündeten im Kongress uns sagen, dass wir unser Defizit senken können, indem wir einige Billionen US-Dollar mehr ausgeben oder neue Steuererleichterungen für die Reichen gewähren – dann muss man doch nur einmal zwei und zwei zusammenzählen. Ich lehne diesen Weg ab. Und solange ich Präsident bin, werde ich ihn niemals einschlagen.

Ich lehne es ab, den Familien der Mittelschicht Steuerabzüge für ein Eigenheim oder für die Erziehung ihrer Kinder zu versagen, um damit Steuererleichterungen für Millionäre zu finanzieren. Ich lehne es ab, Studenten mehr Geld für ihre College-Ausbildung abzuverlangen oder Kinder aus Head-Start-Programmen auszuschließen, um die Gesundheitsversorgung für Millionen Amerikaner zu stoppen, die arm, betagt oder behindert sind, nur damit die, die am meisten besitzen, weniger bezahlen können.

[...] Wir werden das Versprechen einer Sozialversicherung einhalten, indem wir verantwortungsvolle Schritte zu ihrer Stärkung unternehmen, und sie nicht der Wall Street überlassen.

Das ist die Entscheidung, vor der wir nun stehen. Darum geht es bei diesen Wahlen. Uns wurde immer und immer wieder von unserem politischen Gegner gesagt, dass größere Steuererleichterungen und weniger Regulierung der einzige Weg seien, und da der Staat nicht alles tun könne, solle er fast nichts tun. Wenn man sich keine Gesundheitsversorgung leisten kann, muss man hoffen, nicht krank zu werden. Wenn ein Unternehmen giftige Schadstoffe in die Luft freisetzt, Luft, die unsere Kinder einatmen, nun, dann ist das der Preis des Fortschritts. Wenn man sich die Gründung eines Unternehmens oder den Besuch eines Colleges nicht leisten kann, soll man sich laut den Ratschlägen meines Gegners „Geld von seinen Eltern leihen“.

Soll ich Ihnen etwas sagen? So sind wir nicht. Darum geht es in diesem Land nicht. Als Amerikaner glauben wir daran, dass wir von unserem Schöpfer bestimmte unveräußerliche Rechte erhalten haben, Rechte, die kein Mensch oder Staat verwehren kann. Wir beharren auf der persönlichen Verantwortung und wir schätzen die Initiative des Einzelnen. Wir haben keinen Anspruch auf Erfolg. Wir müssen ihn uns verdienen. Wir ehren diejenigen, die nach etwas streben, die Träumer, diejenigen, die ein Risiko eingehen, die Unternehmer, die immer die Triebkraft hinter dem freien Unternehmertum waren, dem größten Wachstums- und Wohlstandsmotor, die die Welt je erlebt hat.

Aber wir glauben auch an das Konzept des Staatsbürgers. Er steht im Kern unserer Staatsgründung, ein Wort, das die Essenz unserer Demokratie widerspiegelt, die Idee, dass dieses Land nur funktioniert, wenn wir untereinander und gegenüber zukünftigen Generationen bestimmte Pflichten akzeptieren.

[...]

[...] Wir glauben nicht, dass der Staat all unsere Probleme lösen kann. Aber wir glauben auch nicht, dass der Staat die Quelle all unserer Probleme ist. [...]

[...]

Als Staatsbürger wissen wir, dass es in Amerika nicht darum geht, was für uns getan werden kann. Es geht darum, was WIR tun können – gemeinsam – in der schweren und frustrierenden, aber erforderlichen Arbeit der Selbstverwaltung.

[...]

Ich bin nicht mehr nur ein Kandidat. Ich bin der Präsident. Ich weiß, was es bedeutet, junge Amerikaner in den Kampf zu schicken, denn ich hielt in meinen Armen die Mütter und Väter derer, die nicht zurückkehrten Ich habe den Schmerz der Familien geteilt, die ihre Liebsten verloren, und die Enttäuschung der Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verloren. Wenn die Kritiker recht hätten, dass ich alle meine Entscheidungen aufgrund von Umfragen getroffen habe, bin ich wohl nicht besonders gut darin, sie zu lesen. Während ich stolz auf das bin, was wir gemeinsam erreicht haben, denke ich noch viel mehr über meine eigenen Fehler nach, und ich weiß genau, was Lincoln meinte, als er sagte: „Schon viele Male hat mich die überwältigende Überzeugung in die Knie gezwungen, dass es keinen anderen Ort gibt, an den ich gehen kann.“

Während ich nun heute Abend hier stehe, war ich niemals hoffnungsvoller für die Vereinigten Staaten. Nicht, weil ich denke, dass ich alle Antworten habe. Nicht, weil ich naiv mit Blick auf das Ausmaß der Herausforderungen bin.

Ich bin hoffnungsvoll wegen Ihnen allen.

[...]

Amerika! Ich habe niemals gesagt, dass dieser Weg leicht werden würde und das werde ich jetzt auch nicht versprechen. Ja, dieser Pfad wird steiniger, aber er führt uns an einen besseren Ort. Ja, unser Weg ist länger, aber wir reisen gemeinsam. Wir wenden uns nicht zurück. Wir lassen niemanden zurück. Wir helfen einander. Wir ziehen Kraft aus unsren Siegen und lernen aus unseren Fehlern, aber unsere Augen bleiben auf diesen entfernten Horizont gerichtet, und wir wissen, dass die Vorsehung auf unserer Seite ist und dass wir gesegnet sind, Bürger des großartigsten Landes auf dieser Erde zu sein.

Vielen Dank. Möge Gott Sie segnen, und möge Gott diese Vereinigten Staaten von Amerika segnen.

* Originaltext: President Barack Obama
Siehe: http://www.demconvention.com/speech/president-barack-obama/



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