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'War on terror' set to surpass cost of Second World War / Die Ausgaben für den "Krieg gegen den Terror" übersteigen die Kosten des Zweiten Weltkriegs

By Rupert Cornwell in Washington / Rupert Cornwell berichtet aus Washington für die britische Zeitung "The Independent"


Die Zahlen, die Rupert Cornwell präsentiert, sind frappierend: Vier Billionen US-Dollar (das sind 4.000 Milliarden) haben die USA für ihren zehnjährigen "Krieg gegen den Terror" ausgegeben, drei Mal so viel, wie der Kongress für diesen Zweck genehmigte. Es handelt sich bei diesen Ausgaben vor allem um die zwei großen Kriege der USA, den in Afghanistan - inklusive die Kämpfe in Pakistan - und im Irak.

Die Zahlen hat sich der Journalist nichts selbst aus den Fingern gesogen, auch nicht selbst erhoben, sondern sie werden in einer Studie des Watson Institute for International Studies an der Ivy-Leage Brown University genannt, die vor kurzem erschienen ist. Danach wurden 1,3 Billionen Dollar offiziell für die Kriege genehmigt; das ist aber nur die Spitze eines Eisbergs. Zählt man weitere Aufwendungen für das Pentagon sowie die geschätzten 400 Milliarden Dollar für den inneren "Antiterrorkrieg" hinzu, belaufen sich die Kosten auf 2,3 bis 2,7 Billionen. Berücksichtigt man ferner die Zahlungen und Folgekosten für die Veteranen, die Hinterbliebenen und die Verletzten und Verwundeten, so ergibt sich eine Gesamtsumme von 3,7 bis 4,4 Billionen US-Dollar.

Rupert Cornwell erinnert daran, dass dies nicht die erste derartige Studie ist, welche die Kosten des Krieges errechnet. 2008 haben Linda Bilmes und Joseph Stiglitz, Nobelpreisträger für Wirtschaft, errechnet, dass die beiden Großkriege in Afghanistan und Irak einschließlich der Folgekosten auf den Staat ca. 3 Billionen Dollar kosten würden. Die Differenz zu den Zahlen der neueren Studie ergeben sich daraus, dass die Entwicklung seither noch schlimmer war, als Bilmes und Stieglitz vorhersagen konnten. So sei z.B. das Staatsdefizit stärker gewachsen, teils als Folge der gestiegenen Ausgaben für das Gesundheitswesen und die Alterssicherung. Insgesamt, so wird festgestellt, seien die Kriege der USA heute - im Gegensatz zu früher - mit geliehenem Geld finanziert worden, Geld, das früher oder später zurückgezahlt werden müsse.

Die Studie macht eine weitere Rechnung auf, die des menschlichen Elends, das durch die Kriege hervorgerufen wurde. Alles in allem seien zwischen 225.000 und 258.000 Menschen an den Folgen des Krieges gestorben; darunter fallen die getöteten US-Soldaten mit gerade einmal 6.100 weniger ins Gewicht. Der Blutzoll unter der Zivilbevölkerung beläuft sich im Irak auf 125.000 (und wäre damit wesentlich geringer als andere Schätzungen) und in Afghanistan auf 14.000 (auch dies eine sehr tief gegriffene Zahl). Doch auch diese Zahlen können das ganze Ausmaß der menschlichen Tragödie keineswegs abbilden. Zu denken ist etwa an die Verwundeten oder an diejenigen, die infolge von Mangelernährung oder fehlender medizinischer Behandlungen gestorben sind. "Wenn die Kämpfe aufhören, geht das indirekte Sterben weiter", wird die Co-Direktorin der Studie, Neta Crawford, zitiert. Und schließlich: Die Kriege haben etwa 7,8 Millionen Menschen zu Flüchtlingen gemacht.

Was die USA für ihren Einsatz erhalten haben, ist ebenso mehr als fraglich. Zwar wurden zwei brutale Regime, das der Taliban und das Saddam Husseins, überwunden, während die für den 11. September 2011 verantwortliche Terrorgruppe Al Kaida weitgehend zerstört wurde. Doch weder in Afghanistan noch im Irak konnte Demokratie hergestellt werden. Der größte Nutznießer des Irakkriegs wurde Amerikas Erbfeind, der Iran.

Interessant auch diese Rechnung: Osama bin Laden und seine Schergen haben für die Organisierung des 11. September die Kleinigkeit von 500.000 Dollar ausgegeben. Der Schaden für die USA betrug - neben den 3.000 Toten - zwischen 50 und 100 Milliarden Dollar. 2003 sprach US-Präsident Bush von 50 bis 60 Milliarden Dollar, die der Krieg gegen Irak kosten würde. Eine gigantische Fehleinschätzung! Rupert Cornwell: "Regierungen, die in den Krieg gehen, unterschätzen im allgemeinen die Kosten - aber selten in solch epischem Ausmaß."

Am Ende des Artikels wird die im Titel aufgestellte Behauptung aufgegriffen. Wenn die vorliegende Studie korrekt ist, dann waren die Kriege, die den Attentaten vom 11. September folgten, nicht nur die längsten in der Geschichte der USA. Ihre Gesamtkosten in Höhe von mindestens 4 Billionen Dollar, erreichen bereits die Kosten des Zweiten Weltkriegs, die das Haushaltsbüro des Kongresses auf 4,1 Billionen Dollar (in heutigen Preisen) geschätzt hat.

(Deutsche Zusammenfassung: Pst)



Die Kriegskosten in einer Grafik zusammengefasst:

www.independent.co.uk [externer Link!]

Und hier geht es zur Kurzfassung der Studie:

Costs of War. Executive Summary, June 2011

[pdf-Datei; externer Link]



'War on terror' set to surpass cost of Second World War

By Rupert Cornwell in Washington

The total cost to America of its wars in Iraq and Afghanistan, plus the related military operations in Pakistan, is set to exceed $4 trillion - more than three times the sum so far authorised by Congress in the decade since the 9/11 attacks.

This staggering sum emerges from a new study by academics at the Ivy-league Brown University that reveals the $1.3 trillion officially appropriated on Capitol Hill is the tip of a spending iceberg. If other Pentagon outlays, interest payments on money borrowed to finance the wars, and the $400bn estimated to have been spent on the domestic "war on terror", the total cost is already somewhere between $2.3 and $2.7 trillion.

And even though the wars are now winding down, add in future military spending and above all the cost of looking after veterans, disabled and otherwise and the total bill will be somewhere between $3.7 trillion and $4.4 trillion.

The report by Brown's Watson Institute for International Studies is not the first time such astronomical figures have been cited; a 2008 study co-authored by the Harvard economist Linda Bilmes and Joseph Stiglitz, a former Nobel economics laureate, reckoned the wars would end up costing over $3 trillion. The difference is that America's financial position has worsened considerably in the meantime, with a brutal recession and a federal budget deficit running at some $1.5 trillion annually, while healthcare and social security spending is set to soar as the population ages and the baby boomer generation enters retirement.

Unlike most of America's previous conflicts moreover, Iraq and Afghanistan have been financed almost entirely by borrowed money that sooner or later must be repaid.

The human misery is commensurate. The report concludes that in all, between 225,000 and 258,000 people have died as a result of the wars. Of that total, US soldiers killed on the battlefield represent a small fraction, some 6,100. The civilian death toll in Iraq is put at 125,000 (rather less than some other estimates) and at up to 14,000 in Afghanistan. For Pakistan, no reliable calculation can be made.

Even these figures however only scratch the surface of the suffering, in terms of people injured and maimed, or those who have died from malnutrition or lack of treatment. "When the fighting stops, the indirect dying continues," Neta Crawford, a co-director of the Brown study, said. Not least, the wars may have created some 7.8 million refugees, roughly equal to the population of Scotland and Wales.

What America achieved by such outlays is also more than questionable. Two brutal regimes, those of the Taliban and Saddam Hussein, have been overturned while al-Qa'ida, the terrorist group that carried out 9/11, by all accounts has been largely destroyed - but in neither Iraq nor Afghanistan is democracy exactly flourishing, while the biggest winner from the Iraq war has been America's arch-foe Iran.

Osama bin Laden and his henchmen probably spent the pittance of just $500,000 on organising the September 2001 attacks, which killed 3,000 people and directly cost the US economy an estimated $50bn to $100bn. In 2003, President George W Bush proclaimed that the Iraq war would cost $50bn to $60bn. Governments that go to war invariably underestimate the cost - but rarely on such an epic scale.

If the Brown study is correct, the wars that flowed from 9/11 will not only have been the longest in US history. At $4 trillion and counting, their combined cost is approaching that of the Second World War, put at some $4.1 trillion in today's prices by the Congressional Budget Office.

Source: The Independent, 30 June 2011; www.independent.co.uk


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