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Obamas neue Leute

Der US-Präsident nominiert seine Kandidaten für das Pentagon und die CIA

Von Knut Mellenthin *

Chuck Hagel, der nächster Verteidigungsminister der USA werden soll, hat Kritik an seiner Haltung zu Israel zurückgewiesen. In einem Interview mit dem Lincoln Journal Star, einer Zeitung seines Heimatstaates Nebraska, sagte der 66jährige Republikaner am Montag, es gebe »nicht das Bruchstück eines Beweises, daß ich israelfeindlich bin«. Er habe in seiner Zeit als Senator von 1997 bis 2009 nicht ein einziges Mal zum Schaden dieses Landes gestimmt. Eine sorgfältige Prüfung seiner politischen Gesamtbilanz beweise seine »unzweideutige, totale Unterstützung für Israel«.

Barack Obama hatte wenige Stunden zuvor die Nominierung Hagels als Pentagon-Chef mitgeteilt. Seit vor einigen Wochen bekanntgeworden war, daß der Präsident den ehemaligen Senator möglicherweise zum Nachfolger von Leon Panetta machen wollte, hatten sich neokonservative Publizisten und einige weit rechts stehende jüdische Gruppen auf Hagel eingeschossen. Der Mann aus Nebraska ist bekanntermaßen ein relativ unerschrockener Individualist, der zu Themen wie Irak, Iran und Israel/Palästina gelegentlich Meinungen äußert, mit denen er innerhalb und außerhalb seiner eigenen Partei aneckt.

Der Ermächtigung des damaligen Präsidenten George W. Bush zum Überfall auf den Irak hatte Hagel zwar am 11. Oktober 2002 ebenso wie 76 andere Senatoren (von insgesamt 100) zugestimmt. Er war aber, selbst ein mehrfach verwundeter Vietnam-Veteran, später als Kritiker dieses Krieges hervorgetreten. Hagel plädiert insgesamt dafür, Konflikte lieber mit politischen als mit militärischen Mitteln zu lösen und warnt vor den Folgen eines Krieges gegen Iran. Im Interview mit dem Lincoln Journal Star betonte er aber auch, daß er zwar einseitige, ausschließlich von den USA getragene Strafmaßnahmen für kontraproduktiv halte, aber generell durchaus ein Befürworter scharfer Sanktionen gegen Iran sei.

Die Nominierung Hagels durch den Präsidenten bedarf der Bestätigung durch den Senat, über die dieser nach einer Anhörung entscheidet. Bisher haben sich nur jeweils drei oder vier republikanische und demokratische Senatoren explizit gegen den Kandidaten ausgesprochen. Ein wichtiges Signal ist auch, daß das AIPAC, die offizielle Pro-Israel-Lobby der USA, sich bisher aus der Kampagne gegen Hagel herausgehalten hat. Die Kritiker werden in der Anhörung versuchen, den Nominierten zu Aussagen in ihrem Sinn zu drängen. Seine Bestätigung scheint aber kaum gefährdet.

Ebenfalls am Montag hatte der Präsident die Nominierung von John Brennan zum CIA-Chef bekanntgegeben. Auch diese muß noch vom Senat abgesegnet werden. Obama hatte den 57jährigen, der über 20 Dienstjahre bei der CIA hinter sich hat, schon vor vier Jahren zum Leiter des Auslandsgeheimdienstes machen wollen. Das scheiterte damals daran, daß Brennan weithin als mitverantwortlich für die unter Bush praktizierten illegalen Folterpraktiken und die Geheimgefängnisse der CIA in mehreren Ländern galt. Der Kandidat warf daraufhin von sich aus das Handtuch. Obama ernannte ihn statt dessen zu seinem Chefberater für die Terrorbekämpfung. Die Besetzung dieses Postens muß nicht den Senat passieren. Jetzt allerdings sind von diesem Gremium kaum kritische Fragen zu erwarten.

Brennan ist ein enger Vertrauter des Präsidenten. In seine Verantwortung fällt die Eskalation der Drohnenmorde unter Obama. Obwohl die Einsätze der unbemannten Flugkörper an sich strikter Geheimhaltung unterliegen, trat Brennan vor die Presse, um die »gezielten Tötungen« zu rechtfertigen und zivile Opfer zu leugnen.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 09. Januar 2013


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