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"American Empire" als Wille und Vorstellung

Die neue große Strategie der Regierung Bush

Von Rainer Rilling*

America has no empire to extend or utopia to establish
G. W. Bush, 2002.

Der 11. September 2001 war ein "transformativer Moment" (Jessica T. Mathews) in der Strategie- und Konzeptionsbildung der amerikanischen politischen Klasse. Die gut ein Jahr später veröffentlichte "Nationale Sicherheitsstrategie der Vereinigten Staaten von Amerika" spiegelt das erste Ergebnis dieses Prozesses wieder. Der im Stil eines politischen Manifests gehaltene und weit über militärische Fragen hinausgehende Text formuliert wie kein anderer das machtpolitische Selbstverständnis und die daraus folgende Grand Strategy der gegenwärtigen amerikanischen Regierung. Es geht um uneinholbare militärische Überlegenheit, die Durchsetzung von Präventivkriegen und globale Souveränität der USA.

1 Die neue Teilung der Welt

Nach dem von George W. Bush gezeichneten Geleitwort hat der lange Kampf des letzten Jahrhunderts zwischen Freiheit und Totalitarismus mit einem "entscheidenden Sieg für die Kräfte der Freiheit" geendet. Übrig geblieben ist "ein einziges haltbares Modell für nationalen Erfolg: Freiheit, Demokratie und freies Unternehmertum." In diesem Modell ist die Position der USA eindeutig: "Heute erfreuen sich die USA einer Position unvergleichlicher militärischer Macht und großen ökonomischen und politischen Einflusses."(1) Diese Einschätzung einer qualitativ neuen Disparität der Macht wird nicht nur in den USA breit geteilt. Tony Judt beschrieb sie in der New York Review of Books als eine neue globale Ungleichheit: "Unsere Welt ist in vielfacher Weise geteilt: Zwischen arm und reich, Nord und Süd, westlich / nichtwestlich. Aber mehr und mehr ist die Spaltung, die zählt, jene, welche Amerika von allem anderen trennt."(2) Auch Europa befindet sich unversehens in einer anderen Situation: "Willkommen beim Rest der Welt".(3)

Um diese Position des Abstandes zu allen anderen Mächten der Erde zu sichern, ist nach 1989 eine neue große global ansetzende Doktrin entwickelt worden, die unter der zweiten Regierung Bush im innenpolitischen Windschatten des "Kampfes gegen den Terror" schrittweise hörbar wurde und sich dann in der Sicherheitsdirektive vom 17. 9. 2002 niederschlug. Die dafür verantwortliche Sicherheitsberaterin C. Rice verglich im April 2002 diese Entwicklung mit der Entstehung der Strategie der Eindämmung der Sowjetunion in der Phase nach dem zweiten Weltkrieg.

2 Die Akteure

Unmittelbar getragen wurde dieser Prozess von einer Gruppe neokonservativer Intellektueller und Militärpolitiker, die in den 80er Jahren unter Reagan ihren Aufstieg begann, sich in der ersten Regierung Bush eine Minderheitsposition in der Militärexekutive sichern konnte und schließlich auch mithilfe und im Bündnis mit der religiösen Rechten, den radikalen Marktideologen und der klassischen, eher sozialkonservativen Mainstream-Rechten ("mitfühlender Konservatismus") in der zweiten Bush-Regierung und dann in der republikanischen Partei eine hegemoniale Mehrheitsposition erreichte. Im Laufe des Jahres 2002 bestimmte sie den außenpolitischen Diskurs der USA. Sie skizzierte die militärpolitischen Kernelemente der neuen großen Strategie, band sie in eine optimistische Sicht auf den Stand der US-Ökonomie ein und etablierte sich 2002 als Avantgarde der neuen parteiübergreifenden Kriegspartei. Es gelang ihr, den politisch-ideologischen Spielraum der traditionellen "realistisch-multilateralen" und "liberal-imperialistischen" Richtungen einzuschränken, zumal diese ihre grundsätzliche Zielsetzung teilten, jede Gefährdung der souveränen Stellung der USA bereits im Keim zu ersticken. Ihre Konzeption und Strategie sind radikal.
Der dynamische politische Kern dieser Gruppe ist ein Bündnis aus reaganitisch geprägten Militärs und Neokonservativen. Zu ihr gehören als intellektueller Vorspieler Paul Wolfowitz (damals Under Secretary of Defense for Policy bei Cheney, heute Deputy Secretary of Defense bei Verteidigungsminister Donald Rumsfeld)(4), der spätere US-Gesandte in Afghanistan Zalmay Khalilzad, Douglas Feith als Under Secretary of Defense for Policy, John R. Bolton als Under-Secretary for Arms Control and International Security im Außenministerium und vor allem Richard Perle, der dem Defense Policy Board vorsteht (5).
Geradezu eine Blaupause der neuen Politik stellt der im Jahr 2000 publizierte Report "Rebuilding America`s Defense" des neokonservativ-reaganitischen "Project for the New American Century" dar, zu dessen Autoren neben Wolfowitz und Bolton u.a. auch gehörten: Eliot Cohen, der in der ersten Bush-Regierung im Planungsstab des Department of Defense und dann Mitglied in Rumsfeld`s Defense Policy Board war; I. Lewis Libby, der in der ersten Bush-Regierung unter Cheney Deputy Undersecretary of Defense for Policy und in der zweiten Bush-Regierung der Chief of Staff des Vizepräsidenten Cheney wurde; Dov Zakheim, der wichtigste "Haushälter" (Comptroller) des DoD; Stephen Cambone, der in der ersten Bush-Regierung für die strategische Verteidigungspolitik zuständig war und in der zweiten Regierung Bush dann das Office of Program, Analysis and Evaluation des Pentagon leitete. Zu den Unterzeichnern der Gründungserklärung des 1997 im "reaganistischen Geist" gegründeten "Project for the New American Century" gehörten weiter Jeb Bush, William J. Bennett, Dick Cheney, Midge Decter, Steve Forbes, Francis Fukuyama, Fred C. Ikle, Donald Kagan, Zalmay Khalilzad, Norman Podhoretz, Dan Quayle, Stephen P. Rosen und Donald Rumsfeld. William Kristol war 2002 Vorsitzender des Projekts, Robert Kagan als einer seiner drei Direktoren gilt als einer der einflussreichsten Promotoren der publizistischen Rede vom "American Empire", u.a. im von William Kristol herausgegebenen und von Rupert Murdoch verlegten neokonservativem Frontblatt "The Weekly Standard".(6)

3 Die Strategie

3.1. Die Entwicklung der Einschätzungen und der Ziele

Zwischen dem 11.9.2001 und Mitte 2002 entwickelte sich in der Bush-Administration eine Einschätzung der globalen Situation und der sich daraus ergebenden vor allem militärpolitischen und -strategischen Zielsetzungen, die sich deutlich von jener der US - Regierungen der letzten Jahrzehnte unterscheidet. Diese Einschätzungen und Strategien waren nicht neu - doch nun wurden sie machtfähig und ihre Vertreter konnten sie als die (bislang) Bestimmenden durchsetzen.
  1. Sehr schnell jedoch wurde das Feindbild um Staaten erweitert: weniger als eine Woche nach dem 11. September 2001 erklärte Wolfowitz, dass die USA "Staaten beseitigen würden, die den Terrorismus unterstützen" ("ending states").
  2. Das am 30.9.2001 publizierte offizielle Quadrennial Defensive Review (QDR) formulierte bereits die Zielvarianten "Wechsel des Regimes eines Feindstaates" und Besetzung "ausländischen Territoriums, bis die strategischen Ziele der USA erreicht sind".(7)
  3. Im April 2002 nannte dann Bush den "Regimewechsel" im Irak als militärisches Ziel - in den strategischen Dokumenten der 90er Jahre spielte eine solche neoimperiale Rede vom "Regimewechsel" explizit keine Rolle.
  4. Zuvor bereits wurde von Bush in seiner "Adresse an die Nation" im Januar 2002 die Legitimität des Einsatzes militärischer Mittel gegen terroristische Organisationen auf Staaten ("Achse des Bösen") ausgeweitet, die mit Massenvernichtungswaffen die USA bedrohten, unabhängig von irgendeiner Verbindung zu terroristischen Gruppen: "Wir müssen präventiv handeln gegen Terroristen und Regimes, welche nach chemischen, biologischen oder atomaren Waffen streben, um die Vereinigten Staaten und die Welt zu bedrohen."(8) Einst wurden despotische Regimes kritisiert, aber toleriert. Nun werden sie nicht mehr akzeptiert und müssen beseitigt werden - überall auf der Welt.
  5. In seiner programmatischen Rede im Juni 2002 in West Point erklärte Bush dann, dass die bisherigen Doktrinen der Abschreckung (deterrence), Eindämmung (containment) und des Mächtegleichgewichts (balance of power) nicht mehr ausreichten. Die Gedanken der Prävention und Intervention wurden hervorgehoben. Von nun an gelte: "Wir müssen den Kampf zum Feind tragen, seine Pläne zerstören und den schlimmsten Bedrohungen entgegentreten, bevor sie entstehen."(9) "Präemption", "Regimewechsel" und "Entwaffnung" wurden nun zu buzz words der Rethorik der Bush-Administration.
  6. Schließlich wird der Anspruch auf eine globale militärische Souveränität der USA formuliert, die als der Schlüssel zur Rekonstruktion eines neuen internationalen Regimes gilt. In den Worten von G.W.Bush: "Amerika hat eine militärische Stärke, die nicht herausgefordert werden kann und beabsichtigt, sie zu behalten - so macht sie die destabilisierenden Rüstungswettläufe früherer Zeiten sinnlos und begrenzt Rivalitäten auf Handel und andere friedliche Unternehmen."(10)
Diese politische Strategiebildung und ihre konzeptionelle Ausarbeitung in den Jahren 2001 und 2002 stehen im Zusammenhang mit einer Reihe weiterer Entwicklungen. Nach den Reduzierungen unter der ersten Clinton-Regierungen wurde das Rüstungsbudget seit 1998 wieder kontinuierlich vergrößert; mit dem Budget 2003 und den nun vorgesehenen Planungen beschleunigte sich diese Entwicklung rapide. Multilaterale bzw. internationaler Vertragspolitiken wurden abgewertet und die Rüstungskontrollpolitik entwertet (C- und B-Waffen; Landminen; Internationaler Gerichtshof etc.). Der Aufbau von Raketenabwehrsystemen wurde neu forciert und die dazu passenden beschwörenden Theorien des "Sieg ist möglich" (Victory is Possible) neu aufgeputzt. (11) Die US-Militärplanung betonte deutlich die Fähigkeit zur Kriegsführung gegenüber der Aufgabe der Stabilitätssicherung. Ihr regionaler Focus wanderte in den asiatischen Raum, die Funktion des US-Militärs in Europa begann sich zu wandeln.

Diesen Veränderungen liegt eine bestimmte Interpretation der Weltlage zugrunde, die keineswegs erst als Reaktion auf den 11.9. ("Nineeleven") entstanden ist. Sie war bereits vorhanden, reicherte sich mit aktuellen Legitimationen an und wurde so politisch durchsetzungsfähig. Lange vor dem Terrorangriff auf die zentralen Symbole des politisch-ökonomischen Macht der USA formulierte der im Jahr 2000 publizierte Report "Wiederaufbau der Verteidigung Amerikas" des neokonservativen "Projekt für das neue amerikanische Jahrhundert" eine Beschreibung der neuen globalen Konstellation, die nach dem September 2001 zur hegemonialen Interpretationsfolie wurde. "Fast alles hat sich geändert" - hieß es auch dort. Gemeint waren aber das Jahr 1989 und das folgende Jahrzehnt. Es gelte, die "strategische Pause" unter Clinton zu beenden und die Konsequenzen aus der entstandenen Lage zu ziehen, die schon anfangs der 90er Jahre in einer Debatte der Zeitschrift International Security und in den Foreign Affairs als der "unipolare Moment" bezeichnet worden war.(12) In dieser damaligen Debatte war die Einschätzung einer historischen und realpolitischen Begrenzung der neuen Dominanz der USA noch stark verbreitet. Derlei Defaitismus war aber nicht Sache des "Project for the New American Century". Der "Report" resümierte seine Lageeinschätzung: "Während des Jahrzehnts nach dem Kalten Krieg hat sich fast alles geändert. Die Welt des Kalten Krieges war eine bipolare Welt; die Welt des 21. Jahrhunderts ist - zumindest im Moment - entschieden unipolar, mit Amerika als der Welt "einzigen Supermacht". Einst war Amerikas strategische Ziel die Eindämmung der Sowjetunion; heute ist die Aufgabe, eine internationale Sicherheitsumgebung zu sichern, die amerikanischen Interessen und Idealen dienlich ist. Die Aufgabe des Militärs im Kalten Krieg war es, den sowjetischen Expansionismus abzuschrecken. Heute ist seine Aufgabe, die "Zonen des demokratischen Friedens" auszudehnen; die Entstehung einer konkurrierenden Großmacht zu verhindern; Schlüsselregionen in Europa, Ostasien und im Mittleren Osten zu verteidigen; und die amerikanische Vorherrschaft in den kommenden technologiebedingten Veränderungen des Krieges zu sichern. Zwischen 1945 und 1990 bereiteten sich die US-Streitkräfte auf einen einzigen globalen Krieg vor, der auf vielen Schauplätzen hätte geführt werden können; im neuen Jahrhundert wird es um eine ganze Reihe von Kriegsschauplätzen auf der ganzen Welt gehen, gegen verschiedene und besondere Feinde, die verschiedene und besondere Ziele verfolgen. Während des Kalten Krieges lag der Hauptort der Rivalität der Supermächte in Europa ... das neue strategische, besorgniserregende Zentrum scheint nun nach Ostasien zu wandern."(13)

3.2. Militärische Überlegenheit

Das übergreifende Ziel dieser Strategie ist nicht der Kampf gegen terroristische Gruppen oder Staaten, sondern der Erhalt und Ausbau der Ungleichheit zwischen Amerika und dem Rest der Welt und die Vollendung der weltweiten Durchsetzung des amerikanisch dominierten Modells. Nur so kann zugleich gesichert werden, dass keine militärischen Angriffe mehr auf die USA ("homeland") gestartet werden können. Alle anderen politischen Zielsetzungen treten demgegenüber zurück.

Das erste Mittel zum Erreichen dieses Ziels ist die Sicherung konkurrenzloser militärische Überlegenheit. Nach innen erfordert dies den - natürlich über die Landesgrenzen hinausreichenden - Aufbau des eigenen Potentials. Nach außen geht es darum, die Entstehung militärischer und politischer Konkurrenz mit allen notwendigen Mitteln zu verhindern. Bereits im Februar 1992 formulierte der Entwurf des "Defense Planning Guide" des Pentagon für 1994-1999: "Unser erstes Ziel ist es, die Wiederauferstehung eines neuen Konkurrenten entweder auf dem Territorium der ehemaligen Sowjetunion oder anderswo zu verhindern, der eine Bedrohung in der Größenordnung der einstigen Sowjetunion darstellen könnte." Die USA, so hieß es in dem Dokument, "muss die Mechanismen sichern, potenzielle Wettbewerber davon abzuhalten, auch nur danach zu streben, eine größere regionale oder globale Rolle zu spielen."(14) Die über ein Jahrzehnt später publizierte Sicherheitsdirektive unterstreicht diese Zielsetzung: "Unsere Streitkräfte werden stark genug sein," heißt es in der NSS, "um potenzielle Gegner davon abzuhalten, eine militärische Aufrüstung zu betreiben in der Hoffnung, die Macht der Vereinigten Staaten zu übertreffen oder mit ihr gleichzuziehen."(15) In einem Interview im Public Broadcasting Network formulierte die Sicherheitsberaterin C. Rice noch unmissverständlicher: "Aber wenn es darum geht einem anderen Kontrahenten zu erlauben, militärische Gleichheit mit den USA zu erreichen so wie es die Sowjetunion tat - nein, die USA haben nicht die Absicht, dies zu erlauben, weil wenn dies geschieht, wird es kein Mächtegleichgewicht geben, das die Freiheit begünstigt."(16) Die militärische Suprematie der USA soll daher eine so erdrückende Qualität erreichen, dass sie nicht herausgefordert werden kann. Damit entfallen Rüstungswettläufe und der gesamte Vorgang kann als Beitrag zur Sicherung des (amerikanischen) Friedens dargestellt werden. Die sog. "bedrohungsbasierte" militärische Planung wird folgerichtig durch einen "fähigkeitsorientierten Zugang" (capabilties-aproach) abgelöst, wonach Rüstung und militärische Positionierung nach Maßgabe jeder vorstellbaren militärischen Aktion eines jeden vorstellbaren Gegners zu jeder vorstellbaren Zeit gestaltet werden solle (17). Insofern ist Abschreckung als Ziel und Medium der Politik weiterhin präsent. Aber die Ratio dieser Politik hat sich geändert: Es geht um die Sicherung der einzigartig dominanten Position der USA.

3.3. Präventivkriege

Das zweite Element dieser Politik ist die Doktrin der "Präemption" ("Zuvorkommen", "aktives Verhindern") und vor allem der "Prevention" ("Vorbeugen", "Verhüten"). Das Mittel des Präventivkrieges war eine zuvor eher im Hintergrund gehaltene und selten artikulierte Option. Beispiele hierfür waren die Androhung des Einsatzes von Nuklearwaffen gegen Nordkorea oder die Begründungen der Cruise-Missile-Attacken auf Afghanistan oder den Sudan unter Clinton. Unter Bush wurden beide Optionen aufgewertet. Plädoyers für eine solche Politik häuften sich nach Nineeleven massiv. Für ihren Tenor kann der Vortrag von Wolfowitz auf der 38. Münchner Konferenz zur Sicherheitspolitik am 2.Februar 2002 stehen: "Unser Ansatz muss sich auf Prävention und nicht nur auf Bestrafung konzentrieren. Wir befinden uns im Krieg. Selbstverteidigung erfordert Prävention und manchmal Präventivmaßnahmen. Man kann sich nicht gegen jede Bedrohung an jedem Ort zu jeder denkbaren Zeit verteidigen. Die einzige Verteidigung gegen den Terrorismus ist, den Krieg zum Feind zu bringen. (…) Wie Präsident Bush eindeutig klargestellt hat, weiß jetzt jede Nation, dass wir Staaten nicht akzeptieren können und werden, die die Agenten des Terrors finanzieren, ausbilden oder ausrüsten. Sie sind gewarnt worden; sie werden beobachtet, und sie werden zur Rechenschaft gezogen." Auch der US-Verteidigungsminister Rumsfeld erklärte kurz und bündig in einem Interview zwei Tage später: "Und der einzige effektive Weg der Verteidigung ist es, den Kampf dorthin zu tragen, wo die Terroristen sind… Daher ist jetzt die vorbeugende militärische Gewalt eine operative Idee." In seiner Rede in West Point Mitte 2002 hob Bush diese Veränderung klar hervor. Die klassische Politik versage in der Situation des Terrors: "Für einen großen Teil des letzten Jahrhunderts baute die Verteidigung Amerikas auf die Doktrinen des Kalten Krieges der Abschreckung und Eindämmung. In einigen Fällen können diese Strategien weiterhin angewandt werden. Aber neue Bedrohungen verlangen auch neues Denken. Abschreckung - die Aussicht auf massive Vergeltung gegen Nationen - bedeutet nichts für terroristische Schattennetzwerke, die keine Nation oder Bürger verteidigen müssen. Eindämmung ist nicht möglich, wenn unberechenbare Diktatoren mit Massenvernichtungswaffen diese Waffen mit Raketen einsetzen können oder sie versteckt ihren terroristischen Alliierten zur Verfügung stellen." Präventivkriegshandlungen werden nun explizit und extensiv zugelassen. Sie gelten als zulässig, wenn es um Militärschläge gegen terroristische Gruppen, diese unterstützende Staaten sowie gegen Staaten geht, die entweder bereits im Besitz von Massenvernichtungswaffen seien, dabei sind, solche zu erlangen oder gar nur danach streben: "Wir müssen", heißt es in der NSS, "den Begriff des ,unmittelbaren Drohens' anpassen an Fähigkeiten und Ziele unserer heutigen Gegner."

Mit der Abkoppelung von wirklichen Handlungen eines Feindes wird der Notwehrgedanke aufgegeben. Was zuvor als letzte Ausnahme galt, wird nun normalisiert. Die hohe Informations- und Entscheidungsunsicherheit und damit Destabilisierungsgefahr, die für eine Politik der Prävention charakteristisch ist, wird in diesem Diskurs nicht mehr thematisiert. Und wenn es um Staaten geht, die Terroristen unterstützen, ist die Doktrin zugleich anschlussfähig an die traditionell auf Feindstaaten bezogene Militärpolitik. Letztlich wurde der Rubikon zu einem globalen Souveränitätsanspruch überschritten: Die USA habe das singuläre Recht auf Intervention überall auf der Welt - vorbeugende ("preemptive", "anticipatory" "anti-access-denial") militärische Aktion eingeschlossen: "…unsere beste Verteidigung ist ein guter Angriff"(18). Die im Januar 2002 formulierte Leitlinie zum Einsatz von Atomwaffen erlaubt einen präventiven Einsatz von Nuklearwaffen auch gegen "Schurkenstaaten" ("rogue states"), die keine Nuklearwaffen besitzen, sondern im Verdacht stehen, die Entwicklung oder den Besitz solcher Waffen auch nur anzustreben. Mit einer wenig beachteten Erklärung des stellvertretenden Staatsministers für Rüstungskontrolle John Bolton vom 21. Februar 2002 beendete die Bush-Regierung eine alte Zusicherung der USA, Staaten mit Atomwaffen nur anzugreifen, wenn diese selbst Atomwaffen besitzen oder sich in einem Bündnis mit einer Atomwaffenmacht befinden. Unterstrichen wurde dies durch eine Verstärkung der Entwicklung bunkerbrechender, tief in die Erde eindringender Nuklearwaffen. Hinzu kommen zahlreiche neue Kriegstechnologien, die eine solche Option machbar erscheinen lassen. Mittlerweile sind dabei Rechtfertigungen für Präventivschläge ins Spiel gebrachten worden, die mit "Terror" oder "Massenvernichtungswaffen" nichts mehr zu tun haben (19).

3.4. Globale Souveränität

Die Strategie des Präventivkrieges (Präemption), die als Erweiterung der Paradigmen der Abschreckung und Eindämmung verstanden wird, steht nicht nur für eine neue Dynamik des "hegemionalen Völkerrechtsnihilismus" (Norman Paech) der gegenwärtigen US-Administration. Dahinter steht die Idee, dass in der zukünftigen Weltordnung allein den USA eine globale Souveränität zukommt. Der Gedanke der globalen Souveränität meint, dass die USA international Regeln (z.B. über Allianzen und Blockbildungen) setzen, den Krisenfall ("Notstand") bestimmen und die Unterscheidung zwischen Freund und Feind wie die damit verknüpfte Entscheidung über den Einsatz von Gewalt treffen. Die Fähigkeit zum Gewalteinsatz überall in der Welt liegt allein bei den USA. Das ist das dritte Element der neuen grand strategy, für die vor allem der Gedanke eines exklusiven Rechts auf präventive militärische Intervention überall auf der Welt steht. Eine solche Auffassung verstößt gegen den NATO-Pakt und die Regelungen der UNO. Die Erosion des völkerrechtlichen Potenzials zur Einhegung der Kriege setzte sich damit dramatisch fort, nachdem in den letzten Jahren bereits zahlreiche Ausnahmstatbestände eingeführt wurden: die Prävention humanitärer Katastrophen (Jugoslawien), der Schutz vor Terrorismus (Afghanistan) oder gar die Sicherung lebenswichtiger Ressourcen (NATO-Strategie 1999). Eine Bindung an internationale Allianzen und insbesondere an die UNO wurde als Einengung der Handlungsfreiheit der USA abgelehnt: "Die Vereinigten Staaten sind darauf eingerichtet, unabhängig zu handeln, wenn eine kollektive Aktion nicht arrangiert werden kann."(20)

Der Anspruch auf globale Souveränität schließt ein
  • die Abwertung internationaler Einbindungen durch multilaterale Verträge, internationale Institutionen und Bündnisse,
  • die möglichst weitgehende Durchsetzung amerikanischen Rechts im internationalen Maßstab
  • und eine Art us-amerikanischer Breschnew-Strategie der "begrenzten Souveränität".
Wer gegen Unbekanntes kämpft, muss auf alles vorbereitet sein. Wer sich befähigt, gegen alles vorzugehen, kann auf Grenzen keine Rücksicht nehmen - gleichgültig, an welchem Ort des Globus. Wo es "kein Außen mehr gibt" - so ein zentraler Gedanke der "Empire"-Studie von M. Hardt und A. Negri - wird die Unterscheidung zwischen Innen- und Außenpolitik hinfällig. Das klassische Regime der US-amerikanischen Hegemoniesicherung war darauf aus, nur die außenpolitischen Beziehungen der Staaten direkt zu kontrollieren und ansonsten (sieht man von den Finanzen und dem Gebiet der militärisch relevanten Hochtechnik ab) fast ausnahmslos auf die indirekten Medien der "Wohltätigkeit" und sanften Kultur (Hollywood) zu bauen. Nun dehnt sich das Feld des direkten Eingriffes grundsätzlich aus. Die Zeit der indirekten Kontextsteuerung ist vorbei. Der Director of Policy Planning des US-Außenministeriums Richard Haass hat dies ungewöhnlich klar formuliert: "Was man bei dieser Administration beobachten kann, ist die Entstehung eines neuen Prinzips oder eines Ideenkörpers - ich bin nicht sicher, ob wir es damit schon mit einer Doktrin zu tun haben - über das, was man die Grenzen der Souveränität nennen könnte. Souveränität beinhaltet Verpflichtungen. Eine ist, nicht deine eigenen Leute umzubringen. Eine andere ist, in gar keiner Weise den Terror zu unterstützen. Wenn eine Regierung diese Verpflichtungen nicht einhält, dann wird sie mit dem Entzug einiger der normalen Vorteile von Souveränität bestraft, einschließlich des Rechts, innerhalb ihres eigenen Territoriums alleine zu bleiben. Andere Regierungen, die Vereinigten Staaten eingeschlossen, gewinnen dann das Recht auf Intervention. Im Falle des Terrorismus kann dies sogar zu einem Recht auf präventive oder vorbeugende Selbstverteidigung führen. Man kann präventiv agieren, wenn man Gründe hat zu glauben, dass die Frage des Angegriffenwerdens nur noch eine Frage des Wann und nicht des Ob ist."(21) Es geht um die Ausweitung der militär- und sicherheitspolitischen Handlungsfreiheit der USA. Die Destabilisierung internationaler Sicherheitsregimes wird dabei nicht nur in Kauf genommen, sondern vielmehr aktiv betrieben. Regelungen einer multilateralen Rüstungskontrolle wurden geschwächt: der ABM-Vertrag wurde im Dezember 2001 aufgekündigt, eine Stärkung des Biowaffen-Abkommens auf der 5. Überprüfungskonferenz Ende 2001 scheiterte am Widerstand der USA.

4 Empire

Der "neue Unilateralismus" (C. Krauthammer) der USA wird seit gut anderthalb Jahren von einer politischen und politikwissenschaftlichen Redeweise begleitet, die mit dem Begriff des "American Empire" operiert. (22) Vom Empire sprachen Kissinger ("Amerika am Höhepunkt: Imperium oder Anführer?") ebenso wie der liberale Dissident Gore Vidal ("The last Empire"), der Literat Tom Wolfe (das heutige Amerika sei jetzt "the mightiest power on earth, as omnipotent as... Rome under Julius Caesar"), der Demokrat Nye ("Seit Rom gab es keine Nation, die so hoch über den anderen Nationen stand.") oder die Neokonservativen Dinesh D`Souza ("Die Amerikaner müssen letztlich erkennen, dass die USA ein Empire geworden sind") und Charles Krauthammer: "Es ist eine Tatsache, daß seit dem Römischen Reich kein Land kulturell, ökonomisch, technologisch und militärisch so dominierend gewesen ist wie die USA heute." Amerika sei ein "Imperium im Entstehen" ("an empire in formation"), sagte Charles Fairbanks von der John Hopkins University. Die bis dato ausführlichste Darlegung aus dem Empire-Lager stammt von Robert Kaplan, der vorschlägt, dass die führenden Politiker der USA sich mit den antiken Chronisten beschäftigen sollten: Denn historisch habe sich kaum etwas geändert; also warum nicht vom Zweiten Punischen Krieg lernen, oder von Kaiser Tiberius?

Seit Max Boot vom Wall Street Journal im Herbst 2001 in einem Aufsatz, 'The Case for an American Empire' (23), die militärische Besetzung von Afghanistan und Irak mit der stabilisierenden Wirkung begründete, welche die britische Herrschaft im 19. Jahrhundert in dieser Region hatte, breitet sich die Empire-Idee schnell aus. Nye diagnostizierte gar die "USA im Griff einer heiklen Metapher".(24) Ihre Anhänger findet sie keineswegs nur im publizistischen und wissenschaftlichen Lager der Neokonservativen. Während die neokonservativen Diskurse die Rede vom American Empire als politisch-rechtliche Konsequenz einer neuen militärisch-politischen Selbststärkung der ökonomisch wie kulturell uneinholbar dem Rest der Welt davongezogenen USA interpretieren, sehen resistente Linke in der Debatte eher den Ausdruck einer "Hegemonie im Abschwung" oder gar einer posthegemonialen Situation. Auf jeden Fall hat der Begriff auf eine neue Weise Legitimität in der medialen, politischen und wissenschaftlichen Öffentlichkeit erhalten und kann auf lange Sicht hin eine Schlüsselrolle sogar jenseits der clandestinen Subtexte der offiziellen Selbstbeschreibungen der USA spielen. Sie knüpft an einen immer mehr oder weniger präsenten Bezug auf das eigene Herkunftsland - das britische Empire - und an die eigene Kolonialgeschichte an. Im Kern versucht die Rede vom American Empire zu fassen, dass Amerika nicht mehr bloß exzeptionelle Super-, Hyper- oder Hegemonialmacht sei. Solche Begriffe aus der Zeit des Kalten Krieges und der Konkurrenz der Systeme sind jetzt definitiv überholt. Gebraucht wird ein "Gorilla unter den geopolitischen Bezeichnungen"(25) - eben das Empire. Die 'Empire-Gelehrten' (E. Eakin in der New York Times) konzedieren zwar, dass Amerika heute nicht nur mit roher Gewalt operiert, sondern ihre "wohlwollende Herrschaft" (Wolfowitz) auch mit ökonomischen, kulturellen und politischen Mitteln realisiert. Man möchte andere Völker lieber zu Amerikanern machen als sie mit Krieg zu überziehen. "Wir sind immer noch ein attraktives Imperium", sagt Max Boot. Und aus genau diesem Grunde müsse man sich für eine Pax Americana stark machen. Gerade in einer anarchischen Welt, mit Schurkenstaaten und terroristischen Zellen, biete eine den Globus beherrschende USA den besten Garanten für Frieden und Stabilität. "Es gibt eine positive Seite am Empire," sagt Robert Kagan. "Es ist in mancher Hinsicht die gütigste Ordnungsform." Und: "Die Wahrheit ist, dass die wohlwollende Hegemonie der Vereinigten Staaten für weite Teile der Weltbevölkerung gut ist. Sie ist ohne Zweifel ein besseres internationales Arrangement als alle realistischen Alternativen."(26)

Doch die begriffliche Verschiebung von "Dominanz" über "Hegemonie" zu "Empire" ist demgegenüber vor allem deshalb bedeutungsvoll, weil sich damit die klassische Vorstellung von einer direkten politischen Kontrolle durch ein imperiales Zentrum in den Vordergrund schiebt. Hegemonie durch Zwang (coercion) wird aktzentuiert gegenüber der Hegemonie durch Führung (leadership). Der Krieg gegen Afghanistan - bzw. "gegen den Terror" - operierte mit Begriffen wie "unendliche Gerechtigkeit" oder "grenzenlose Freiheit". Tatsächlich aber geht es um indefinite dominance. Für Boot besteht das American Empire aus einem "inneren Kern", zu dem Nordamerika, Westeuropa und das nordöstliche Asien gehören. Die neuen Hegemonialkämpfe dort sind das eine - der neue Tumult an der Peripherie ist das andere. Das American Empire ist ein Versuch, mit beidem umzugehen. Rethorik, Konzept, Strategie und Politik des Empire-Lagers sind nicht neu. Aber die Macht ist mit ihnen - jetzt.


Der Direktor des neokonservativen Olin Institute for Strategic Studies an der Harvard University Stephen Peter Rose, der im DoD und dem Nationalen Sicherheitsrat der USA sowie im Naval War College arbeitet und auch Gründungsmitglied des Project for a New American Century war, hat Mitte 2002 die zugrundeliegenden Annahmen dieser neuen militärischen Weltsicht zusammengefasst: "Die Vereinigten Staaten haben keinen Rivalen. Überall in der Welt besitzen wir die militärische Dominanz. Unsere Militärausgaben übertreffen jene der nächsten sechs oder sieben Mächte zusammengenommen und wir haben ein Monopol in vielen fortgeschrittenen oder nicht so modernen Militärtechnologien. Wir, und nur wir, formen und führen Militärkoalitionen in den Krieg. Wir benutzen unsere militärische Dominanz, um in die inneren Angelegenheiten anderer Länder zu intervenieren, weil die Einheimischen einander umbringen, Feinden der Vereinigten Staaten Zuflucht bieten oder atomare oder biologische Waffen entwickeln. Eine politische Einheit, die eine überwältigende militärische Überlegenheit besitzt und diese benutzt, um die inneren Angelegenheiten anderer Staaten zu beeinflussen, wird Empire genannt. Da die Vereinigten Staaten nicht darauf aus sind, Territorien zu kontrollieren oder die überseeischen Bürger des Empire zu regieren, sind wir sicherlich ein indirektes Empire - aber nichtsdestoweniger ein Empire. Wenn dies zutrifft, dann ist auch Ziel nicht der Sieg über einen Rivalen, sondern die Aufrechterhaltung unserer imperialen Position und der imperialen Ordnung. Die Planung für imperiale Kriege unterscheidet sich von der Planung konventioneller internationaler Kriege. Im Verhältnis zur Sowjetunion musste Krieg vermieden werden: kleine Kriege durften nicht eskalieren oder uns von der Hauptaufgabe abhalten, Europa oder Japan zu verteidigen. Im Ergebnis wurde militärische Macht nur inkrementell angewandt. Imperiale Kriege zur Wiederherstellung der Ordnung sind dagegen nicht so eingeschränkt. Maximale Gewalt kann und sollte aus psychologischen Gründen so schnell wie möglich eingesetzt werden, um zu demonstrieren, dass bestraft wird, wer das Empire herausfordert. Während des Kalten Krieges haben wir uns nicht sonderlich bemüht, kommunistische Regierungen zu stürzen. Nun allerdings stecken wir mitten im Geschäft feindliche Regierungen zu stürzen und Regierungen zu schaffen, die günstig für uns sind. Die einst üblichen internationalen Kriege wurden beendet und die Truppen gingen nachhause. Imperiale Kriege enden ebenfalls, aber Garnisonen des Empire müssen noch Jahrzehnte lang bleiben, um Ordnung und Stabilität zu sichern. Das ist es, das wir erstmals auf dem Balkan und nun in Zentralasien zu sehen bekommen. Zusätzlich zu fortgeschrittener Waffentechnologie verlangt eine imperiale Position eine große, leichtbewaffnete Bodentruppe als Garnisonskraft und Rückversicherung für Verbündete, die aus symbolischen Gründen amerikanische Streitkräfte auf ihrem Territorium haben möchten. Und endlich konzentriert sich imperiale Strategie darauf, die Entstehung mächtiger und feindlicher Herausforderer für zu verhindern: durch Krieg, wenn nötig, durch Assimilierung in das Empire, wenn möglich."

Stephen Peter Rosen: The Future of War and the American Military, in: Harvard Magazine 5/2002.


Fußnoten
  1. The National Security Strategy of the United States of America, Washington September 2002 (NSS), Vorwort George W. Bush, S.1.
  2. Tony Judt: Review Its Own Worst Enemy, in: The New York Review of Books v. 15.8.2002.
  3. Walden Bello: Unraveling of the Atlantic Alliance? TNI Focus on Trade No. 81, September 2002
  4. Wolfowitz studierte im neokonservativen Milieu der Universität Chicago; sein Mentor war Albert Wohlstetter, der als "Gottvater der entspannungsfeindlichen Schule im Kalten Krieg" galt (New York Times [NYT] v.22.9.02); er arbeitete dann in der Arms Control and Disarmament Agency und in den Clinton-Jahren als Dekan der School of Advanced International Studies an der John Hopkins Universität. Stephen J. Hadley, der für C. Rice einem Kommite von Kabinettsabgeordneten zu Fragen der Nationalen Sicherheit vorsitzt, arbeitete für Wolfowitz, als dieser im DoD unter Dick Cheney tätig war.
  5. Richard Perle arbeitete 1969-1980 im US-Senat und von 1981 bis 1987 im Pentagon. Als Resident Fellow ist er dem mächtigen American Enterprise Institute for Public Policy Research (AEI) verbunden. Er gilt wie Rumsfeld, der übrigens seit der Nixon-Präsidentschaft eng mit Cheney befreundet war, als harter Verfechter des Aufbaus eines Raketenabwehrsystems, s. National Post v. 2.5.2001.
  6. S. www.newamericancentury.org. J. Bookman: The president`s real goal in Iraq, in: The Atlanta Hournal-Constitution v.29.9.02. Robert Kagan: Power and Weakness, in: Policy Review 113 (2002). Über das Projekt wurde im Januar 1998 ein Brief von 18 Neokonservativen an den Präsidenten organisiert, in dem der Sturz Husseins gefordert wurde. Unterzeichner wie Armitage, Bolton, Rumsfeld, Dobriansky, Khalilzad, Rodman, Wolfowitz oder Zoellick gehörten später zur Bush - Administration. Kurz nach Nineeleven folgte am 20.9. 2001 ein weiteres Schreiben der "Kreuzzugsneokonservativen" (Hirsh), das diese Forderung erneuerte und u.a. gezeichnet war von William Kristol, Richard V. Allen, Gary Bauer, William J. Bennett, Midge Decter,Thomas Donnelly, Aaron Friedberg, Francis Fukuyama, Robert Kagan, Jeane Kirkpatrick, Charles Krauthammer, Richard Perle, Norman Podhoretz und Stephen P. Rosen. Charakteristisch für dieses Netzwerk ist die starke Präsenz bekannter Autoren in einigen nationalen Medien wie dem Wall Street Journal, der Washington Times, dem National Review, der New York Post und der New Republic sowie die Unterstützung durch eine Reihe großer Thinktanks (Hoover, Heritage, AEI, Hudson Institute) oder Stiftungen (Scaife, Olin), s. The Guardian v. 19.8.2002
  7. QDR-01, S. 13.
  8. State of the Union Address, 29.1.2002.
  9. West-Point Rede Mitte 2002, zit. nach Nicholas Lemann: The War on What? In: The New Yorker v.16.9.02.
  10. Zit. nach Michael Lind: Is America the New Empire? In: The Globalist 19.6.2002. Vgl. auch NYT v. 22.9.2002
  11. So damals im Kontext der SDI-Debatte und Auseinandersetzung um die Stationierung von Mittelstreckenraketen der Titel des vielbeachteten Aufsatzes von Colin S. Gray und Keith B. Payne in Foreign Policy 39 (1980) S.14ff.; siehe nun Colin S. Gray: Defining and Achieving Decisive Victory, Strategic Studies Institute US Army War College, Carlisle April 2002.
  12. C. Layne, The Unipolar Illusion: Why New Great Powers Will Rise, in: International Security, Frühjahr 1993; Charles Krauthammer: The Unipolar Moment, in: Foreign Affairs Nr. 70 (1990-91); John G. Ikenberry: American Grand Strategy in the Age of Terror. In: Survival 4/ 2001-02, S. 19-34; Steve E. Miller: The End of Unilateralism or Unilateralism Redux? In: The Washington Quarterly, 1/ 2002, S. 15-29; Joseph S. Nye: Tests: Between Concert and Unilateralism. In: The National Interest Winter 2001/02, S. 5-13.
  13. S.2f.; Robert Kagan, William Kristol: The Bush Doctrine Unfolds, in: Weekly Standard v. 4.3.2002
  14. D. Cheney war damals Verteidigungsminister. Der Entwurf trug die Handschrift von Wolfowitz und Libby. Nachdem er bekannt wurde, zogen ihn die Verfasser zurück. Der Report "Rebuilding America`s Defense" des neokonservativen "Project for the New American Century" aus 2000 knüpfte explizit an diesen Entwurf an (S.II). S. Michael T. Klare: Endless Military Superiority, in: The Nation v. 15.7.2002, Nicholas Lemann: The Next World Order, in: The New Yorker v.1.4.2002 und Frances FitzGerald: George Bush & the World, in: The New York Review of Books v. 26.9.2002.
  15. NSS, S.30. Der Satz "Der Präsident beabsichtigt nicht, irgend einer ausländischen Macht zu erlauben, den riesigen Vorsprung einzuholen, welche die USA seit dem Fall der Sowjetunion erlangt hat" stand in der am 20.9.2002 vormittags verteilten Version der NSS, am Nachmittag war er entfernt worden, s. das Press-Briefing des Pressesprechers Fleischer. http://www.whitehouse.gov/news/releases/2002/09/20020920-2.html. Etwas roher formuliert von neokonservativer Seite bei Ben Wattenberg: Die Aufgabe sei es "wachsam zu sein gegen die Entstehung feindlicher regionaler Supermächte - zum Beispiel Irak oder China. Amerika ist die Nummer 1. Wir stehen für etwas Anständiges und Wichtiges. Das ist gut für uns und für die Welt. So wollen wir es halten." Washington Times v. 12.4.2002
  16. The Times of India v. 26.9.2002.
  17. S. Michael T. Klare: Endless Military Superiority, in: The Nation v. 15.7.2002. Minister Rumsfeld am 31.1.2002: "gegen das Unbekannte, das Unsichere, das Unsichtbare, das Unerwartete". Die eigene Vorstellung von dem, was sein könnte, wird dann die Richtschnur politischen Handelns.
  18. NSS, S.6. "Wir müssen die Bedrohung abschrecken und bekämpfen, bevor sie wirksam geworden ist" (NSS, S.14). "Amerika wird gegen solche Gefahren, die entstehen, handeln, bevor sie voll entwickelt sind." (Geleitwort Bush zum NSS, S.2).
  19. Richard Perle etwa äußerte sich Mitte Oktober 2001 in PBS-Frontline zu Saddam Hussein: "Er ist wahrscheinlich das gefährlichste Individuum in der heutigen Welt…Die Frage Saddam Hussein steht mitten im Zentrum des Krieges gegen den Terrorismus. Es kann keinen Sieg im Krieg gegen den Terrorismus geben wenn am Ende Saddam Hussein immer noch an der Macht ist…nicht nur weil er den Terrorismus unterstützt, nicht nur weil er Terroristen ausbildet und ihnen Zuflucht gibt - sondern weil er das Symbol des Abfalls von allen westlichen Werten ist. Er gewinnt. Und weil er gewinnt und weil er schreckliche Fähigkeiten besitzt, stellt er eine dauerhafte Gefahr für uns und für andere dar."
  20. NYT v. 22.9.2002.
  21. Zit. nach Nicholas Lemann: The Next World Order, in: The New Yorker v.1.4.2002.
  22. S. zum folgenden vor allem die Website von H. J . Krysmanski zum Thema "Neue Weltordnung" (2002) sowie Jürgen Wagner, Das ewige Imperium, Hamburg 2002; Philip S. Golub: Das Imperium Americanum als historisches Konzept, in: Le monde diplomatique September 2002; Emily Eakin: "It takes an empire", say several U.S. thinkers, in: NYT v.2.4.2002; Thomas E. Ricks Empire or Not? A Quiet Debate Over U.S. Role, in: WP v. 21.8.2001, S. A01; Tom Hayden: It`s Empire Versus Democracy, Alternet.org v. 27.9.2002; Thomas Bray: Is America beginning to create an empire? The Detroit News v. 23.1.2002; Franz Schurmann: Travelers, Workers, Believers in the American Empire Directions, NCM Online, 22.8.2002
  23. S. Weekly Standard v. 15. Oktober 2001
  24. Süddeutsche Zeitung v. 26.09.2002.
  25. Jonathan Freedland: Rome, AD ... Rome, DC? The Guardian v. 18.9.2002
  26. Robert Kagan, "The Benevolent Empire", in: Foreign Policy, Sommer 1998.

Die vorliegende Analyse erschien auch in der Publikationsreihe der Rosa-Luxemburg-Stiftung rls standpunkte, 9/2002

* Prof. Dr. Rainer Rilling, Rosa Luxemburg Stiftung und Universität Marburg;
www.rosaluxemburgstiftung.de


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