Bezahlte Propaganda gegen "Cuban Five"?
ND befragte USA-Aktivistin Gloria La Riva
Als »Cuban Five« oder »Miami Five« sind jene fünf Kubaner bekannt, die
in den USA wegen angeblicher Spionage zu langjähriger Haft verurteilt
wurden. Tatsächlich sammelten sie Informationen über gewaltbereite
Exilorganisationen. Vorsitzende des Komitees zur Befreiung der »Cuban
Five« in den USA ist Gloria La Riva. das "Neue Deutschland" (ND) sprach mit ihr, die seit vielen Jahren in Gewerkschaften und Friedensbewegungen der USA aktiv ist.
ND: Sie werfen der USA-Regierung vor, die Berichterstattung über Kuba
und den Fall der als »Cuban Five« bekannten politischen Gefangenen in
den Medien systematisch beeinflusst zu haben. Welche Belege gibt es dafür?
La Riva: 2006 war Oscar Corral, Reporter der Tageszeitung »The Miami
Herald«, auf den Skandal gestoßen. Corral publizierte damals einen
Bericht über Zahlungen an zehn Journalisten in Miami, die Geld vom
Office of Cuba Broadcasting (OCB) und vom Broadcasting Board of
Governors (BBG) erhalten hatten. OCB ist für die antikubanischen
Propagandasender Radio und TV Martí zuständig, BBG verantwortet die
internationalen Hörfunk- und Fernsehprogramme der Regierung.
Sie vermuten, dass die Finanzierung von Journalisten konkrete
Auswirkungen hatte. Welche?
Corrals Veröffentlichungen erregten damals schon Aufsehen. Aber er
brachte die Bestechung nicht mit dem Fall der fünf Kubaner in
Verbindung, die seit Ende der 90er Jahr in den USA inhaftiert sind, weil
sie gewaltbereite Exilgruppen überwacht hatten. Corral untersuchte auch
nicht, was die korrumpierten Journalisten über diesen Fall geschrieben
haben. Für uns aber war gerade das entscheidend. Corral hatte die
Zahlungen ab 2001 untersucht. Wir haben deshalb unter Berufung auf das
Informationsfreiheitsgesetz der USA die Herausgabe der Daten von 1996
bis heute beantragt. Es ging uns um 33 Personen.
Zu welchem Ergebnis kamen Sie?
Zunächst zu keinem, denn die Behörden verlangten 35 000 Dollar
»Bearbeitungsgebühren« von uns. Das war eindeutig illegal und ein
Versuch, uns zu demotivieren. Aber im März 2009 bekamen wir Daten aus
den Jahren 1999 und 2007 zu 18 Personen, die Gelder erhalten hatten.
Haben diese Angaben Ihre Vermutung bestätigt?
Unter den Personen, die bezahlt wurden und deren Daten wir erhielten,
befanden sich fünf bekannte Journalisten, die für führende Printmedien
in Miami arbeiten: Pablo Alfonso, Wilfredo Cancio Isla, Ariel Remos,
Helen Ferre und Enrique Encinosa. Sie alle haben äußerst negativ über
Kuba berichtet. Weil wir nur Daten über Zahlungen ab 1999 erhielten,
können wir nicht mit Sicherheit sagen, ob sie auch die öffentliche
Meinung nach der Inhaftierung der »Cuban Five« beeinflusst haben. Diese
Vermutung drängt sich aber auf. Am 20. September 1998 - acht Tage nach
der Inhaftierung der fünf Kubaner in den USA - erschien ein Artikel
Alfonsos in der Zeitung »El Nuevo Herald«. Der ehemalige sowjetische
Regierungschef Nikita Chruschtschow, hieß es darin, habe Fidel Castro
empfohlen, so viele Agenten wie möglich in die USA zu entsenden, »um die
Anführer des Exils physisch zu eliminieren«. Alfonso hat für seine
Beiträge mindestens 252 325 US-Dollar aus der Staatskasse bekommen. Wir
werden auf jeden Fall versuchen, alle Daten aus den Jahren 1996 und 2001
zu erhalten, um die gezielte Einflussnahme auf den Fall der »Cuban Five«
nachzuweisen.
Solche Einflussnahme ist in den USA gesetzwidrig?
Ja, denn das Smith-Mundt-Gesetz verbietet politische Propaganda
innerhalb der USA. Sie darf nur außerhalb der USA ausgestrahlt werden.
Radio Free Europe ist dafür ebenso ein Beispiel wie Radio und TV Martí.
In diesem Fall geht es aber um die politische Beeinflussung der
Berichterstattung in US-amerikanischen Medien.
Inzwischen sind auch Informationen über Zahlungen der USA an
Medienvertreter in Venezuela bekannt geworden. Handelt es sich also um
ein Problem, das über die Beziehungen USA-Kuba hinausgeht?
Genau das stand im Zentrum, als im Kongress unlängst über den weiteren
Umgang mit den Propagandasendern Radio und TV Martí beraten wurde. Die
Diskussion drehte sich darum, ob und wie diese Sendungen auch nach
Venezuela ausgestrahlt werden können. Der Einsatz politischer Propaganda
und die Unterstützung reaktionärer Organe wie des venezolanischen
Senders Globovisión sind Teil der Strategie im Kampf gegen die
fortschrittlichen Staaten Lateinamerikas.
* Aus: Neues Deutschland, 20. Juli 2010
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