Die Furcht der CIA-Chefs
Ehemalige Geheimdienstdirektoren fordern Stopp von Folter-Ermittlungen
Von Alexander Bahar *
In Sachen Folterverhören bei Terrorverdächtigen soll nicht weiter ermittelt werden. Das forderten laut Washington Post (18.9.) sieben ehemalige Direktoren des US-Auslandsgeheimdienstes CIA in einem Brief an US-Präsident Barack Obama. Als Begründung führten sie an, daß CIA-Agenten davon abgehalten werden könnten, entschlossen ihrem »Antiterroreinsatz« nachzugehen. »Unserem Urteil nach ist die Bereitschaft, Risiken auf sich zu nehmen, essentiell für den langen und schwierigen Kampf gegen Terroristen, die uns weiterhin bedrohen«, heißt es in dem Brandbrief.
Erst im vergangenen Monat hatte Justizminister Eric Holder einen Ermittler ernannt, der prüfen soll, ob oder in welchen Fällen Anklage gegen CIA-Agenten und private Mitarbeiter des US-Geheimdienstes erhoben werden soll, die im Verdacht stehen, Terrorverdächtige mißhandelt und gefoltert zu haben. Holder hatte sich damit gegen Obama gestellt. Der Präsident lehnt strafrechtliche Ermittlungen gegen CIA-Folterer und ihre Hintermänner in der früheren US-Regierung ab, hat aber das letzte Wort darüber Holder überlassen. Die früheren CIA-Chefs warnten nun, dessen Entscheidung für Ermittlungen werde »eine Atmosphäre ständiger Gefährdung« für »alle in den Antiterrorkampf Involvierten« schaffen.
Drei der Unterzeichner hatten den US-Auslandsgeheimdienst unter der Regierung von Expräsident George W. Bush geleitet: Michael Hayden, Porter Goss und George Tenet. Bei den vier weiteren handelt es sich um John Deutch (1995--1996), James Woolsey (1993--1995), William Webster (1987--1991) und James R. Schlesinger (1973), der unter den US-Präsidenten Richard Nixon und Gerald Ford von 1973 bis 1975 auch als Verteidigungsminister fungierte. Der amtierende CIA-Direktor Leon Panetta unterzeichnete das Schreiben nicht, hat die Ermittlungen des Justizministeriums aber ebenfalls kritisiert.
Wie die Post weiter berichtete, werde sich das Justizministerium für eine mögliche Anklageerhebung auf wenige Fälle beschränken. In einem Fall handelt es sich demnach um einen afghanischen Gefangenen, der 2002 während seiner Haft in US-Gewahrsam starb, nachdem er geschlagen und auf dem Betonboden angekettet worden war.
Inzwischen reichte die Obama-Regierung ein 85seitiges Dokument beim Berufungsbezirksgericht Columbia ein. Darin lehnt sie es erneut ab, den Gefangenen im Folterlager auf dem US-Militärstützpunkt Bagram bei Kabul Zugang zu US-Gerichten zu gewähren. Ein untergeordnetes Bundesgericht hatte geurteilt, daß Kriegsgefangene, die in anderen Ländern gefangen genommen und von den USA nach Afghanistan verbracht wurden, genau wie die Guantánamo-Häftlinge eine Haftprüfung vor einem US-Gericht verlangen könnten.
Allerdings sind entgegen Obamas Ankündigung, Guantánamo bis Januar nächsten Jahres zu schließen, erst eine Handvoll der inzwischen noch etwa 230 Gefangenen in andere Einrichtungen verlegt oder freigelassen worden. Gleichzeitig bauen die CIA und das US-Militär das Folterlager Bagram aus, um dort eine noch größere Anzahl von Terrorverdächtigen ohne Prozeß inhaftieren und verhören zu können. In Bagram sitzen schätzungsweise 600 Gefangene ein. Eine unbekannte Zahl von ihnen sind Nicht-Afghanen, die von Militär und US-Geheimdiensten nach Afghanistan verschleppt wurden.
* Aus: junge Welt, 21. September 2009
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