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"Ich befürchte, dass sich in der Außenpolitik wenig ändern wird"

Noam Chomsky über die neue Mehrheit im US-Kongress, Irakpolitik, Menschenrechte, Nahostkonflikt, Nikaragua, Kongo usw. - Interview *



Glauben Sie, dass es zu wesentlichen Änderungen sei es der politischen Ausrichtung oder in der Handlungsweise der Bush-Regierung wegen der Ergebnisse der Novemberwahl kommen wird?

In der Innen-Politik wird es wahrscheinlich Änderungen geben. Das politische Spektrum (beider Parteien) ist kaum unterschiedlich – beide Parteien haben sich in einer Reihe von wichtigen Problemfeldern ziemlich genau dem politisch rechts ausgerichteten Bevölkerungsteilen angeschlossen – aber die Bush-Regierung hat sich wieder einmal einer Art von reaktionärem staatlichem Interventionismus und Dienstleistungen zugunsten einer sehr kleinen Gruppe von Reichen und Privilegierten verschrieben, einer Gruppe, die politisch am äußersten (rechten) Rand des Spektrum steht, wenn nicht gar noch darüber hinaus. Ein von den Demokraten dominierter Kongress wird zweifelsohne einige der schlimmsten Angriffe auf Bürger – und Menschenrecht abwehren, natürlich auch auf Verfassungsrechte, und wird voraussichtlich auch die ausgewiesenen Anstrengungen (der Bush-Regierung und dieser Gruppe) zurück weisen, die verhältnismäßig schwachen, aber dennoch äußerst wichtigen Sozial-Programme zu unterminieren, Programme, die einer sehr großen Bevölkerungsmehrheit Hoffnung auf eine angemessene Existenz bieten.

Aber wie sieht es in der Außenpolitik aus?

Ich befürchte, dass sich in der Außenpolitik wenig ändern wird, abgesehen von der Art und Weise der Darstellung und des Umgangs (mit anderen Regierungen). Die unverschämte Arroganz der Bush-Extremisten hat sogar ihren eigenen Interessen schwer geschadet, ganz sicher den Interessen des Landes und sie wurden dafür sogar aus dem Regierungslager heraus sehr heftig angegriffen. Diesbezüglich wird wahrscheinlich Normalität einkehren, aber es wird nicht zu wesentlichen Änderungen in der Politik führen. Es sei angemerkt, dass die extremeren Mitglieder der Bush-Regierung entfernt wurden: Feith, Wolfowitz und andere – und es war sogar vor der Wahl ziemlich klar, dass Rumsfeld in die Versenkung geschickt würde.

In Ihrem Buch haben Sie „illegale, aber legitimierte“ Handlungsweisen und politische Ausrichtungen auch der Clinton-Regierung beschrieben – glauben Sie dennoch, dass die Demokraten Änderungen herbei führen werden?

Nur in dem Sinne, wie ich es beschrieben habe. Die Präventiv-Krieg Doktrin von Bush ( fälschlicher Weise “preemptive war” genannt – denn das hiesse, dass man einem Angriff zuvorkommt und impliziert, dass die Sache gerecht und rechtens sei , im Gegensatz zu „preventive war“ Präventiv-Krieg: dieser Begriff impliziert stets einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg d.Ü.), verkündet im September 2002 in Verbindung mit einer Quasi-Kriegserklärung an den Irak , erhielt unmittelbar darauf sehr harsche Kritik aus Kreisen des Establishments heraus. Das in diesen Kreisen geschätzte Journal “Foreign Affairs” veröffentlichte innerhalb weniger Wochen danach eine scharfe Kritik an der “neuen imperialen Groß-Strategie” von Bush, verfasst von dem prominenten Politik-Kritiker, John Ikenberry, der davor warnte, dass diese Strategie der Welt und den USA Schaden zufügen würde. Und ähnliche, ebenso einmalige Verurteilungen gab es an anderen Stellen. In der nachfolgenden Debatte bemerkte Madeleine Albright, die ehemalige Außenministerin der USA, dass diese Bush-Doktrin keinesfalls so neu war. Jeder Präsident hätte solcherlei Doktrin in der Westentasche gehabt, schrieb sie, aber sie (die Präsidenten) hätten soviel Verstand besessen, bei der Verkündung ihrer Doktrin sogar bei den eigenen Verbündeten nicht die Fäuste zu schütteln. Sie lag damit ziemlich richtig. Tatsächlich war die Clinton-Doktrin weit extremer als die von Bush, im wörtlichen Sinne, in dem nämlich die USA darin autorisiert wurden, Streitkräfte einzusetzen, um Märkte und Ressourcen zu kontrollieren und das alles ohne die Vorwände, die Bush und Blair gemeinsam hervorbrachten. Aber die Doktrin erregte keine Kritik, weil sie still und unauffällig in Kraft gesetzt ... und angewandt wurde, sehr oft auf brutale Weise. In ihrer Bereitschaft Gewalt anzuwenden und diplomatische Lösungen zu negieren ist die Bush-Regierung jedoch wieder einmal am äußersten (rechten) Rand eines sowieso schon kleinen Spektrums und dennoch gibt es Hoffnung, dass sich dieses Verhalten zu normalem umkehrt.

Können Sie bitte noch einmal Ihre Position hinsichtlich des Internationalen Gerichtshofs und der Menschenrechtsposition der USA und anderer darlegen?

Washingtons Weigerung sich internationalem Recht und Rechtsstandards zu unterwerfen ist meiner Meinung nach beklagenswert – eine Meinung, die übrigens von einer großen Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung geteilt wird; eine kleinere Mehrheit ist sogar dafür, das Veto-Recht im Sicherheitsrat der UNO abzuschaffen und dort den Mehrheitswillen zu akzeptieren. Grosse Mehrheiten bevorzugen ständig den Einsatz der Diplomatie anstelle der Androhung von Gewalt. Gerade jetzt z.B. favorisieren es 75%, “bessere Beziehungen mit dem Iran aufzubauen” anstatt “ Druck (auf den Iran) damit auszuüben, ständig solche Drohungen auszustoßen, die den Einsatz von Militär gegen den Iran implizieren” (22%) (Drohungen, die übrigens gegen die UN-Charta verstoßen).
Um zu einem anderen Beispiel zu kommen: 2/3 der Amerikaner wollen die Normalisierung der Beziehungen zu Kuba, ein Umfrage-Wert, der schon seit Jahren beständig bleibt. Trotzdem bleiben beide Parteien dabei, die kubanische Bevölkerung streng für deren “erfolgreiche Missachtung” der US Politik zu bestrafen, die schon auf die Monroe-Doktrin der 1820er zurückgeht, wie wir aus internen Protokollen liberaler demokratischer Regierungen der frühen (19)60er Jahre erfahren konnten. Die Bush-Regierung hat gerade eine neue Arbeitsgruppe (Task Force) eingesetzt, die “aggressiv gegen Verletzungen der Reise- und Handelsbeschränkungen vorgehen soll”, genau entgegengesetzt dem Wunsch der Bevölkerung und der Welt-Meinung; die allerneueste UN-Resolution (183-4) gegen das Embargo gab es im November (gegen die Stimmen der USA, Israel, Marshall-Inseln, Palau und der Enthaltung von Mikronesien).
Solche Dinge interessieren weder Regierung noch Eliten und es wird nicht einmal darüber berichtet. Interessanter Weise wünscht heutzutage ein großer Teil der Geschäftswelt die Beendigung des Embargos, aber auch dieser Wunsch bleibt unbeachtet. Diese Gestaltung der internationalen Angelegenheiten zeigt mehr als nur eine leichte Übereinstimmung mit der Mafia. Der „Pate“ nimmt es nicht auf die leichte Schulter, wenn man mit ihm „über Kreuz“ gerät, selbst wenn es sich nur um einen kleinen Ladenbesitzer handelt. Erfolgreicher Ungehorsam kann sich gemäß der rationalen Version der Domino-Theorie (schnell) ausbreiten, eine Tatsache, die von Planern niemals ernsthaft in Abrede gestellt wurde.

Die USA haben ihr Veto-Recht im Sicherheitsrat sehr rigoros eingesetzt. Was bedeutet das hinsichtlich des Völkerrechts?

Schon die Vetos für sich genommen bedeuten eine Verletzung internationaler Normen. Die USA waren seit den (19)60er Jahren, zu der Zeit als die UNO außer Kontrolle der USA geriet , die wichtigsten Industrie-Gesellschaften sich erholt hatten und gleichzeitig die Kolonialzeit zu Ende ging, absolut führend in der Ablehnung per Veto von Sicherheitsrat Resolutionen, die eine Reihe von wichtigen Themen betrafen, es folgt Großbritannien an zweiter Stelle und keine andere Macht kommt ansonsten auch nur in die Nähe. Das Abstimmungsverhalten in der Generalversammlung sah genau so aus. Um nur einige der aktuellsten Abstimmungen über eine der wohl wichtigsten Angelegenheiten dieser Welt zu nennen: in jüngsten Abstimmungen im UN Ausschuss für Waffen-Abbau und internationale Sicherheit (1. Ausschuss stimmten die USA einzig zusammen mit Nord-Korea gegen den Atom-Waffen-Sperrvertrag (175-2-4), weiterhin gegen eine Verpflichtung zur Vernichtung nuklearer Waffen-Systeme (zusammen mit Nord-Korea, Äquatorial Guinea und Indien – 168–4–8), gegen einen Bann zur Verbreitung von Handfeuerwaffen (172-1-0) und gegen einen Aufruf zur Bildung atomwaffenfreier Zonen (zusammen mit Frankreich und UK, 168-3-7) (Die Zahlen stellen das Abstimmungsergebnis dar, Zustimmung-Ablehnung-Enthaltung). Bezüglich eines Vertrages zur nachprüfbaren Nicht-Weiterverbreitung atomwaffenfähigen Materials (Uranium-233,Uranium-235,Plutonium-239), unbestrittener Weise unerlässlich für das Überleben, war das Abstimmungsergebnis 147-1 (Israel und Großbritannien enthielten sich; der britische Botschafter sagte, dass sein Land den Vertrag unterstütze, aber dass diese Version des Vertrages die internationale Gemeinschaft spalten würde – und das bei 147 Zustimmungen). Genauso geschieht es mit einer breiten Palette anderer Themata.

Was sagen sie über die Position der USA gegenüber Menschenrecht-Konventionen?

Die USA ratifizieren selten Menschenrecht-Konventionen und wenn, dann nur unter Ausschluss der USA selbst. Die USA werden derzeit beschuldigt, den Bann gegen Folter verletzt zu haben, aber diese Kritik lässt unbeachtet, dass der US-Senat vor der Ratifizierung dieser Konvention die Definition dessen, was Folter bedeutet neu formuliert hatte, in dem Sinne, dass der verhörenden Person mehr Freiheiten zugestanden wurden, allerdings nicht in dem Maße, wie es die Bush-Regierung nunmehr routinemäßig durchführen lässt, gedeckt durch den Anschein von Legalität nachdem der Military Commission Act (über die Zuständigkeit der Militärgerichtsbarkeit) beide Häuser passiert hatte, wahrscheinlich die fürchterlichste Gesetzgebung in der Geschichte der USA. Als Serbien die NATO unter Verwendung der Völkermord Konvention angeklagt hatte, zogen sich die USA von diesem Fall zurück, mit dem (korrekten) Argument, dass die USA von dieser Anklage nach der Ratifizierung dieser Konvention (nach 40 Jahren) nicht betroffen wären. Im Falle der Anklage, die Nicaragua gegen die USA wegen Reagans terroristischem Krieg eingebracht hatte, verwarf das Gericht die meisten Anklagepunkte (die von dem distinguierten Harvard-Völkerrechtler Abe Chayes vorbereitet waren) auf der Grundlage, dass, wenn die USA sich dem Internationalen Gerichtshof beugten, sich selbst von multilateralen Verträgen ausschlössen und zwar einschließlich der UN-Charta. Das Gericht befand die USA deshalb schuldig wegen „ ungesetzlichem Einsatz von Gewalt“ aus den wirklich schwachen Gründen basierend auf dem Vertrag zwischen Nicaragua und den USA sowie internationalem Zivil-Recht. Zwei Resolutionen des Sicherheitsrates, die dieser Gerichtsentscheidung widersprachen, wurden von den USA per Veto verhindert und danach verschwand diese Angelegenheit routinemäßig aus den Geschichtsbüchern.

... und dann ist da noch die Ablehnung des Internationalen Gerichtshofes ...

Unbeachtet des Hintergrundes ist die Ablehnung des Internationalen Gerichtshofes seitens der USA keine große Überraschung, obwohl der Fanatismus in dieser Abweisung eine sein könnte, z.B. dass die Legislative den Präsidenten autorisiert, die Streitkräfte einzusetzen, um jeden Amerikaner zu befreien, der in Den Haag in Haft gehalten würde: “ Gesetz zur Invasion der Niederlande” wie es manchmal genannt wurde. Washington forderte auch, dass Staaten ein Abkommen unterzeichneten, niemals einen amerikanischen Staatsbürger nach Den Haag auszuliefern, sogar von Ost Timor, einen Staat von der Größe eines Asteroiden, der auf der Erde einschlägt. Es stimmt aber, dass diese Bedingung manchmal nicht so ernst genommen wird. Beunruhigt darüber, dass es die Kontrolle über seine traditionellen Domänen in Latein-Amerika und anderswo verliert, hat Washington das Programm zur Ausbildung latein-amerikanischer Offiziere enorm verstärkt und im Oktober hat Bush still und heimlich immerhin 21 Staaten (die Hälfte der Länder in Süd Amerika) mitgeteilt, dass er diese Ausbildung erlaube, auch wenn sie sich nicht explizit an ein solches Abkommen hielten, eine Tatsache, die an sich nichts bedeutet, außer zu zeigen, wer der Boss ist.

Die Situation ist in anderen Ländern sehr unterschiedlich. Man muß nicht besonders erwähnen, dass viele in mancher Hinsicht ein viel schlimmeres Bild abgeben, wie z.B. in der Gedanken – und Pressefreiheit, viel schlimmer, auch in Europa gibt es so etwas.

Glauben Sie wirklich, dass es Änderungen in der US-Politik bezüglich Israel und dessen Politik, Verstößen gegen das Völkerecht, usw., geben wird, solcherlei, wie sie es in Ihrem Buch beschrieben haben? Wenn nicht, warum nicht?

Es mag einige Änderungen geben, aber nicht wegen der veränderten Mehrheitsverhältnisse. Die Demokraten waren oftmals viel extremer in ihrer Unterstützung für Israels Expansionismus und der Verbrechen als die Republikaner.

Könnten Sie noch einmal eine kurze Analyse des Nah-Ost-Problems abgeben (Palestinenser, Israel, Hamas, usw.)?

Viel zu komplex für eine Kurz-Analyse. Ich kann nur auf mein Buch hinweisen. Das grundlegende Faktum ist, dass US-Israel auf ihrem unilateralem Ablehnungsverhalten bestehen, damit fortfahren, den breit gefächerten internationalen Konsenz hinsichtlich der Zwei-Staaten-Theorie zu unterminieren, wie sie es schon seit 30 Jahren tun, abgesehen von seltenen und sehr knapp gehaltenen Ausnahmen.

Es gab da einige Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl in Palästina, oder nicht?

Die wahrscheinlich enthüllendste Entwicklung der letzten Zeit ist der demonstrative Einsatz der USA und ihrer Verbündeten, wieder einmal, nämlich Ihre allergrößte Sorge für die Demokratie. Im Januar letzten Jahres hielten die Palestinänser eine freie Wahl ab, die außerordentlich genau von internationalen Beobachtern begleitet war, aber sie wählten „auf falsche Weise“. Mit europäischer Unterstützung initiierten die USA und Israel politische Maßnahmen, die die Bevölkerung sofort für dieses Verbrechen bestrafen sollte: Verstärkung militärischer Angriffe, illegales Einfrieren von Geldern und sogar den Rückgriff auf den barbarischen Schritt, dem Gaza-Streifen das Wasser abzustellen (Israel ist der ausführende Teil, aber es kann solcherlei Aktionen nur mit US-Unterstützung und Genehmigung ausführen) Die Vorgeschichte ist die, dass die gewählte Hamas-Regierung drei Bedingungen ablehnt: (1) Israel anzuerkennen (oder in eher amüsanten Versionen: Israels Existenz-Recht); (2)die Abkehr von Gewalt (3)die Akzeptanz vorheriger Abkommen. Die US-Israel Koalition lehnt alle drei Punkte ab. Sie erkennen weder Palestina nicht an, noch wollen sie auf Gewaltanwendung verzichten und obwohl sie vorgeben, vorherige Abkommen zu akzeptieren, ist das offensichtlicher Betrug. Nehmen Sie die „Road map“ der vier Beteiligten, das ist das Abkommen das normalerweise zitiert wird. Israel hat das in technischer Weise akzeptiert, aber mit Einschränkung: es hat 14 Einschränkungen hinzugefügt, die den ziemlich knappen Inhalt bedeutungslos machten, mit dem stillen Einverständnis des “Master”. Die Akzeptanz dieses Teils durch die Medien und die Kommentatoren – oder präziser, das Vormachen „besser, nichts zu wissen“ – erzählt uns eine Menge über die vorherrschende Moral und das intellektuelle Klima innerhalb der westlichen Eliten.

... und Israel fährt fort mit den Zerstörungen und der Beschlagnahmung, baut eine Mauer ...

Hinsichtlich der Aktionen, mit fortgesetzter US-Unterstützung: Israel setzt sein Programm der Zerstörung und Inbesitznahme, Zerstückelung und Gefangennahme in der West Bank fort.
Die letzte Version nennt sich “Konvergenz- Programm” und ist in der westlichen Welt zynischerweise als “Fortschritt” und “moderat” begrüßt worden, obwohl es nunmehr als “zu moderat” abgelehnt wird. Gemäß diesem Programm besetzt Israel wertvolles Land und wichtige Ressourcen (zumeist Wasser) hinter der illegalen “Trennungs-Mauer”, die nunmehr als Beschlagnahmungs-Mauer bezeichnet werden kann; sie separiert das schwindende Terrain, das den Palestinänsern aufgrund verschiedener Modalitäten zugesprochen war (Siedlungs-Einheiten, Infra-Struktur-Projekte, Checkpoints und andere Methoden der Beeinträchtigung); trennt tatsächlich aber die Land-Fragmente von den Mini-Teilen Jerusalems, die den Palestinänsern je zugesprochen würden und bilden ein riesiges Gefängnis, indem das Jordan Tal übernommen wurde und, natürlich, alle auswärtigen Kontakte kontrolliert werden, oder auch den Gaza-Streifen, der als das größte Gefängnis der Welt gilt, wenn man israelischen Menschenrechtsgruppen glauben mag, und der auf bloße Armut reduziert wird.

... und Europa? Gibt es dort Kritik?

Europa bietet manchmal ein schwaches Kritik-Gewisper an, aber unterstützt tatsächlich die grausame Zerstörung einer Nation – eine seltene Erscheinung in der Geschichte.

Was wird im Kongo geschehen?

Sehr schwer vorhersagbar. Das ist eine der schlimmsten Horror-Geschichten weltweit seit die USA und Europa jede Hoffnung auf Entwicklung zerstört haben, indem sie Lumumba ermorden ließen und den teuflischen und kleptomanischen Mobuto ins Amt brachten zusammen mit anderen Verbrechen. Ob es aus diesem vorhersehbaren Desaster noch heraus kommt, ist schwer zu sagen.

Was wird in Nicaragua geschehen?

Nachdem die US-gestützte Somoza-Diktatur gestürzt war, hatte Nicaragua einige aufregende Jahre des Fortschritts und der Hoffnung; es wurde von den Hilfsorganisationen anerkannt, ebenso von den internationalen Finanz-Institutionen und das war erkennbar für jeden, der direkte Kontakte dort pflegte. Das wurde in dem Augenblick durch Washington zerstört als die USA vom internationalen Gerichtshof und dem Sicherheitsrat (aufgrund von mit Veto belegten Resolutionen) aufgefordert wurde, das verbrecherische Handeln zu beenden und umfangreiche Reparationen zu zahlen. Schließlich unterwarf sich Nicaragua „bei vorgehaltener Waffe“, indem es für den US-Kandidaten stimmte, wie der führende US- Akademiker und Nicaragua Experte Thomas Walker berichtete. Die Reaktion der US-Eliten wird durch die Überschriften der „New York Times“ illustriert: “Amerikaner geeint in Freude” nord-koreanischer Stil mit “ Sieg für US-Fair Play” – Krieg gegen Terrorismus und ökonomische Strangulation verbunden mit der Warnung vor Schlimmerem, wenn Nicaragua die Befehle nicht befolgt. Seit der Übernahme durch die USA 1990 ging das Land weiter den Bach hinunter und ist jetzt das zweitärmste Land in der Hemisphäre nach Haiti.
Zufälligerweise war Haiti das oberste Ziel einer US-Intervention seit die USA die “Sorge” für das Land von Frankreich als „Ober-Folterer“ übernommen hatten, danach folgt Nicaragua. Die Zukunfts-Perspektiven sind sehr wage, möglicherweise noch schlimmer als in anderen Ländern der Region, die massiver US-Intervention ausgesetzt waren. Die Ausnahme ist Costa Rica, das einzige Land, das funktioniert und in dem die USA nicht intervenierten, erneut eine Korrelation, die respektable Personen „nicht wahrnehmen“.

Was ist die Position der deutschen Regierung Ihrer Meinung nach – was glauben Sie, das sie tun werden (Masri-Fall, usw.)?

Ich weiß zu wenig über Deutschland, um ernsthaft antworten zu können.

Sie haben (in Ihrem Buch) Aktionen des BND und der deutschen Regierung ganz allgemein beschrieben (Otto Schilly, usw.) – Können Sie das noch einmal präzisieren – Was wussten sie, was war deren Teilhabe?

Ich sage hier das Gleiche. Ich habe nahezu nichts dazu beizutragen – aus demselben Grunde.

Was sollten wir – die Öffentlichkeit – Ihrer Meinung nach jetzt tun?

Das hängt von unseren Zielen ab. Wenn wir die Wahrscheinlichkeit von Atom-Kriegen, Umwelt-Katastrophen, Terror, Gewalt und Unterdrückung, Hunger und Armut, usw. erhöhen wollen, dann sollten wir nichts tun, außer unsere Privilegien zu vergrößern. Wenn wir andere Ziele verfolgen, wissen wir genau, was zu tun ist und indem wir von der gesetzlichen Garantie niemals zuvor vorhandener Freiheit und Privilegien profitieren, haben wir alle Möglichkeiten etwas zu tun.

Gibt es eine reelle Chance die Probleme hinsichtlich der Menschenrechte, Kriegsverbrechen usw. zu überwinden?

Natürlich gibt es die. Das ist ein Problem des Willens und nicht der Gelegenheit.

Vielen Dank, Prof. Chomsky.

* Das Interview wurde geführt von Peter Kripgans.
Übersetzung: Peter Kripgans, redigiert von Noam Chomsky

Quelle: ZMag, ZNet Deutschland 06.01.2007; www.zmag.de;
Original: www.heidtmann-kripgans.de


© Noam Chomsky und Peter Kripgans


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