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"Der Verteidigungshaushalt wird immer noch größer sein als er es gegen Ende der Regierung Bush war"

US-Präsident Barack Obama stellt die neue Verteidigungsdoktrin der USA vor - Rede im Wortlaut (deutsch)


Im Folgenden dokumentieren wir die Rede von US-Präsident Barack Obama im Pentagon vom 5. Januar 2012 über die Überprüfung der Verteidigungsstrategie. Die Übersetzung besorgte der Amerika Dienst.
Die "Verteidigungsstrategie", von der Obama spricht, haben wir hier im Original (englisch) dokumentiert: Defense Strategic Guidance [pdf-Datei]


Überprüfung der Verteidigungspolitik

Rede des Präsidenten

Guten Morgen. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind die größte Kraft für Freiheit und Sicherheit, die die Welt je gesehen hat. Das liegt zum großen Teil daran, dass wir über die am besten ausgebildeten, am besten geführten und am besten ausgerüsteten Streitkräfte in der Geschichte verfügen, was ich als Oberbefehlshaber auch so beibehalten werde.

Jeder von uns hier auf der Bühne – jeder einzelne von uns – trägt eine große Verantwortung für jeden Soldaten, Seemann, Marineinfanteristen und jeden Angehörigen der Küstenwache, der sein Leben für die Vereinigten Staaten aufs Spiel setzt. Wir sind es ihnen schuldig, dass wir über eine Strategie mit klar umrissenen Zielen verfügen, und sie nur in Gefahr bringen, wenn es absolut notwendig ist, dass wir ihnen die Ausrüstung und Unterstützung geben, die sie benötigen, um ihren Auftrag auszuführen, und uns um sie und ihre Familien kümmern, wenn sie nach Hause zurückkehren. Das ist unsere oberste Pflicht.

Genau das haben wir in den vergangenen drei Jahren getan. Wir haben weiterhin erhebliche Investitionen in unser Militär getätigt – in unsere Streitkräfte und ihre Fähigkeiten, in die Familien unserer Soldaten und unsere Veteranen. Dank ihres herausragenden Dienstes haben wir den Krieg im Irak beendet. Wir haben die Führung der Al Kaida dezimiert. Wir haben Osama bin Laden zur Rechenschaft gezogen und das Terrornetzwerk geschwächt. In Afghanistan haben wir wichtige Fortschritte erzielt und mit der Übergabe an die Afghanen begonnen, damit sie mehr Verantwortung für ihre eigene Sicherheit übernehmen können. Wir haben, gemeinsam mit unseren Verbündeten und Partnern, die libysche Bevölkerung geschützt, während sie dem Regime von Muammar Gaddafi ein Ende gesetzt hat.

Jetzt schlagen wir nach einem Jahrzehnt der Kriege ein neues Kapitel auf. Vor drei Jahren waren 180.000 Soldaten im Irak und in Afghanistan stationiert. Heute haben wir die Zahl auf die Hälfte reduziert. Während die Übergabe in Afghanistan andauert, werden mehr und mehr unserer Soldaten heimkehren. Wir haben ganz allgemein unsere Bündnisse auf der Welt gestärkt, sind neue Partnerschaften eingegangen und haben uns sehr für die universellen Rechte und die Menschenwürde eingesetzt.

Kurzum: Wir haben unsere Nation erfolgreich verteidigt, wir haben den Kampf zu unseren Feinden gebracht, wir haben die Zahl der Amerikaner, die sich in Gefahr begeben, verringert und wir haben die globale Führungsrolle der Vereinigten Staaten wieder hergestellt. Dadurch haben wir unsere Sicherheit erhöht und an Stärke gewonnen. Das ist eine Leistung, auf die jeder Amerikaner stolz sein sollte, insbesondere aber jene Amerikaner, die mit Stolz die Uniform der Streitkräfte der Vereinigten Staaten tragen.

Durch diesen Erfolg erlebt unser Land erneut einen Übergang. Während unsere Soldaten weiter in Afghanistan kämpfen, gehen die Kriege zu Ende. Während unsere Streitkräfte ihren derzeitigen Auftrag erfolgreich beenden, haben wir die Chance – und auch die Verantwortung – an die Zukunft zu denken, an die Streitkräfte, die wir in der Zukunft benötigen werden.

Gleichzeitig müssen wir unsere wirtschaftliche Stärke im Inland erneuern, die die Grundlage für unsere Stärke überall auf der Welt ist. Das beinhaltet, dass wir unsere Finanzen in Ordnung bringen. Zu diesem Zweck sieht das Haushaltskontrollgesetz (Budget Control Act), das im vergangenen Jahr vom Kongress – mit Unterstützung von Republikanern und Demokraten gleichermaßen – verabschiedet wurde, Kürzungen im Bundeshaushalt vor, darunter auch bei den Verteidigungsausgaben. Ich habe darauf bestanden, dass dies verantwortungsvoll geschieht. Die Sicherheit unseres Landes und das Leben unserer Frauen und Männer in Uniform hängen davon ab.

Das ist der Grund, warum ich diese umfassende Überprüfung der Verteidigungsstrategie gefordert habe, um unsere strategischen Interessen in einer sich schnell verändernden Welt klar zu umreißen. Schließlich müssen die Größe und Struktur unseres Militärs und unseres Verteidigungshaushaltes an die Strategie angepasst werden und nicht andersherum. Darüber hinaus müssen wir uns an die Lehren aus der Geschichte erinnern. Wir können es uns nach dem Zweiten Weltkrieg und Vietnam nicht leisten, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen, als unser Militär nicht auf die Zukunft vorbereitet war. Als Oberbefehlshaber werde ich nicht zulassen, dass das wieder geschieht. Nicht solange ich im Amt bin.

Wir brauchen eine kluge, strategische Zielsetzung. Die neuen Richtlinien, die das Verteidigungsministerium heute herausgibt, sind genau das. Ich möchte Minister Panetta und General Dempsey für ihre federführende Rolle während dieses Prozesses danken. Ich möchte darüber hinaus den Service Secretaries und Chiefs, den Combatant Commanders und vielen anderen hochrangigen Vertretern aus dem Bereich Verteidigung – militärischen, zivilen, aktiven, aber auch den Wachmannschaften und Reservisten – für ihre Arbeit danken. Viele von uns haben sich wiederholt getroffen und unangenehme Fragen aufgeworfen, unsere eigenen Annahmen infrage gestellt und schwierige Entscheidungen getroffen. Heute sind wir zusammengekommen und unterstützen einen Ansatz, der die Sicherheit unseres Landes weiterhin gewährleisten und unsere Streitkräfte weiterhin zu den Besten weltweit machen wird.

An diese Überprüfung waren die Leiter meines nationalen Sicherheitsteams aus dem Außenministerium, dem Ministerium für innere Sicherheit, dem Ministerium für ehemalige Kriegsteilnehmer und aus den Geheimdiensten beteiligt. Dies ist sehr wichtig, denn unsere Streitkräfte können die Herausforderungen unserer Zeit nicht allein angehen. Auch die Vereinigten Staaten können dies nicht allein tun. Das erfordert die Beteiligung aller wichtigen Akteure unseres Landes und die Zusammenarbeit mit unseren Verbündeten und Partnern.

Ich werde es Leon und Marty überlassen, die Details dazu zu erläutern. Aber ich möchte Ihnen sagen, dass diese Bemühungen die Richtung widerspiegeln, die ich für diesen Prozess vorgegeben habe. Ja, die Kriege gehen zu Ende. Die Frage, auf die wir mit dieser Strategie antworten, lautet: Wie sollen unsere Streitkräfte in Zukunft aussehen, nachdem die Kriege des vergangenen Jahrzehnts lange beendet sind? Heute können wir glücklicherweise aus einer Position der Stärke heraus nach vorne blicken.

Ich habe in Australien bereits gesagt, dass wir unsere Präsenz im asiatisch-pazifischen Raum erhöhen und die Haushaltskürzungen nicht auf Kosten dieser wichtigen Region durchführen werden. Wir werden weiter in unsere wichtigen Partnerschaften und Bündnisse investieren, auch in die NATO, die zum wiederholten Male gezeigt hat – wie erst kürzlich in Libyen –, dass wir durch sie weit mehr ausrichten können als wir es allein tun könnten. Wir werden insbesondere im Nahen Osten wachsam bleiben.

Wenn wir über die Kriege im Irak und in Afghanistan hinaus denken – und auch über das Ende unserer langfristigen Bemühungen beim Aufbau von Staaten mit einer deutlichen militärischen Präsenz – werden wir unsere Sicherheit mit weniger konventionellen Bodentruppen gewährleisten können. Wir werden die Abschaffung überholter Systeme aus der Zeit des Kalten Krieges fortsetzen, damit wir in die Fähigkeiten investieren können, die wir für die Zukunft brauchen. Dazu gehören die Geheimdienste, Überwachung, Aufklärung, Anti-Terror-Maßnahmen, der Kampf gegen Massenvernichtungswaffen und die Fähigkeit, in einem Umfeld zu operieren, zu dem unsere Feinde uns den Zugang verwehren wollen.

Ja, die Struktur unserer Streitkräfte wird schlanker, aber die Welt muss wissen, dass die Vereinigten Staaten ihre militärische Überlegenheit mit Streitkräften beibehalten wird, die agil, flexibel und auf alle Notfälle und Bedrohungen vorbereitet sind.

Wir werden auch weiterhin denjenigen beistehen, die ihren Dienst leisten, indem wir sicherstellen, dass unsere Streitkräfte die Ausrüstung und Fähigkeiten haben, die sie zum Erfolg brauchen, und indem wir uns besonders für verwundete Soldaten, psychische Erkrankungen und das Wohlergehen der Familien von Militärangehörigen einsetzen. Und während sich die kürzlich zurückgekehrten Soldaten ins zivile Leben integrieren, werden wir auch weiter dafür arbeiten, ihnen die Zuwendungen, Versorgung und Berufschancen zukommen zu lassen, die sie verdienen und sich verdient haben.

Obwohl es heute um unsere Verteidigungsstrategie geht, möchte ich abschließend einige Worte über den Verteidigungshaushalt verlieren, der aus dieser Strategie hervorgehen wird. Die Details dazu werden in den kommenden Wochen veröffentlicht werden. Einige werden zweifelsohne sagen, dass die Kürzungen zu stark sind. Andere werden sagen, dass sie zu gering sind. Es ist einfach, sich über eine bestimmte Änderung in einem bestimmten Plan zu streiten. Aber ich möchte uns alle an das erinnern, was Präsident Eisenhower einmal gesagt hat – nämlich, dass „jeder Vorschlag im Kontext eines größeren Ganzen gesehen werden muss, der Notwendigkeit eines Gleichgewichts innerhalb und zwischen nationalen Programmen.“ Nach einem Jahrzehnt des Krieges und während wir die Quelle unserer Stärke wieder erneuern – hier Zuhause und im Ausland – müssen wir dieses Gleichgewicht wiederherstellen.

Ich halte es für wichtig, dass sich alle Amerikaner daran erinnern, dass wir während der vergangenen zehn Jahre seit dem 11. September unser Budget für Verteidigung rapide angehoben haben. Während der kommenden zehn Jahre wird sich die Geschwindigkeit reduzieren, mit der wir den Haushalt aufstocken. Tatsache aber ist: Das Budget wird weiter wachsen, da wir international Verantwortung tragen, die unserer Führungsstärke bedarf. Der Verteidigungshaushalt wird immer noch größer sein als er es gegen Ende der Regierung Bush war. Ich bin sehr davon überzeugt, und ich glaube, die Amerikaner verstehen das, dass wir mit einem Verteidigungshaushalt, der größer ist als der der vielleicht zehn Staaten mit dem größten Verteidigungshaushalt zusammen, die Stärke unserer Streitkräfte und die Sicherheit unseres Landes gewährleisten können.

Ich danke also nochmals Minister Panetta, dem Vorsitzenden Dempsey und allen anderen hier auf dieser Bühne, und auch denen, die nicht hier sein können, für ihre Führungsstärke und Kooperation während dieses Prozesses. Die Frauen und Männer in Uniform geben an jedem einzelnen Tag ihr Bestes für die Vereinigten Staaten und verdienen als Gegenleistung nur das Beste von den Vereinigten Staaten. Ich danke Ihnen allen für Ihr Engagement für unser gemeinsames Ziel: Die Aufrechterhaltung der Stärke und Sicherheit der Vereinigten Staaten im 21. Jahrhundert und die Gewährleistung der besten Streitkräfte der Welt.

Damit möchte ich nun Leon und Marty das Wort übergeben, die Ihnen weitere Informationen geben und Ihre Fragen entgegennehmen werden.

Vielen herzlichen Dank. Ich weiß, dass dies das erste Mal ist, dass ein Präsident so etwas tut: Das ist ein wirklich schöner Raum! Vielen Dank.

Originaltext: Remarks by the President on the Defense Strategic Review; siehe: www.whitehouse.gov

Herausgeber der deutschen Übersetzung: US-Botschaft Berlin, Abteilung für öffentliche Angelegenheiten; http://blogs.usembassy.gov/amerikadienst/



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