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"Die Kriegsmaschine lahmlegen"

Hintergrund. Am 23. Oktober 1998 wurde die deutsche Internationalistin Andrea Wolf in der Türkei ermordet. Die Bemühungen um Aufklärung des Verbrechens und Bestrafung der Täter dauern bis heute an

Von Korbinian Pfaff, München *

Am 14.September startet eine 30köpfige Menschenrechtsdelegation aus Deutschland, El Salvador und der Schweiz in die Türkei, um das Massaker vom 23. Oktober 1998 aufzuklären, bei dem 41 kurdische Kämpferinnen und Kämpfer getötet wurden; auch die deutsche Internationalistin Andrea Wolf wurde – neben mindestens zwei weiteren ­Guerilleras – bei diesem Kriegsverbrechen der türkischen Armee als unbewaffnete Gefangene gefoltert und extralegal hingerichtet.

Ich würde mir wünschen, daß es in den Metropolen Bewegungen gäbe, die diesen Krieg angreifen, unmöglich machen würden. Einfach den Nachschub kappen. Ich weiß, es ist angesichts des Zustands in den Metropolen utopisch. Auch auf längere Zeit wird es so bleiben. Schade, das wäre was. Eine militante Bewegung, die die Kriegsmaschine lahmlegt.« Andrea Wolf schrieb diese Sätze am 1. Mai 1997 in den Bergen Kurdistans. Kurz vor einer großen Mobilmachung des türkischen Militärs. Ihr Wunsch ging nicht mehr in Erfüllung in jenen 1990er Jahren, in denen sich die neoliberale Ideologie vom Ende der Geschichte bleiern über die Metropolen gelegt hatte. Es sollten noch Jahre vergehen bis eine neue radikale linke Bewegung rund um den Globus wieder damit anfing, sich ernsthaft mit dem Zusammenhang von kapitalistischer Globalisierung und weltweitem Krieg auseinanderzusetzen.

Als Internationalistin in der Frauenarmee YAJK innerhalb der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) wurde Andrea Wolf am 23. Oktober 1998 gemeinsam mit weiteren kurdischen Guerilleras vom türkischen Militär in der Nähe des Dorfes Keleh in der Region Van gefangengenommen und als unbewaffnete Gefangene verhört, mit sexistischen Schmähungen diffamiert und im Zuge schwerer Folterungen erschlagen. »Das haben uns mehrere Zeugen übereinstimmend mitgeteilt«, bestätigt Katrin Gebhardt vom FreundInnenkreis Andrea Wolf.

Nach der Ermordung habe das türkische Militär das Massaker mit der Mißhandlung und Verstümmelung der Leichen sogar noch weiter fortgesetzt und zum Beispiel Gewehrsalven auf sie abgefeuert. Das bestätigen Recherchen und die Aussagen von Zeugen, die die Anwälte und Menschenrechtsaktivisten der »Unabhängigen Internationalen Untersuchungskommission Andrea Wolf« (IUK) aus München und des türkischen Menschenrechtsvereins IHD in Van seit 1998 gesammelt haben. Und so haben es vier überlebende kurdische Kämpferinnen und Kämpfer, aber auch andere Zeugen gegenüber der IUK bestätigt.

Offiziell »verschwunden«

Offiziell ist Andrea Wolf, die in der Türkei und Kurdistan unter ihrem kurdischen Kampfnamen »Ronahi« bekannt ist, jedoch bis heute eine Verschwundene. Seit 13 Jahren engagieren sich deshalb Freundinnen und Freunde aus München, Frankfurt/Main und Marburg sowie die IUK gemeinsam mit der Mutter von Andrea Wolf für die Aufklärung der völkerrechtswidrigen Folter und Ermordung wehrloser Gefangener sowie für die Bestrafung der Täter.

Um diesem Ziel einen Schritt näher zu kommen, reist zwischen dem 14. und 25. September 2011 eine internationale Menschenrechtsdelega­tion aus Deutschland, El Salvador und der Schweiz in die Türkei. Diese will, wie sie in einem Aufruf anläßlich des Internationalen Antikriegstages und des 2. Aktionstages der Kampagne »Tatort Kurdistan« ankündigt, gemeinsam mit Vertretern des türkischen Menschenrechtsvereins und kurdischen Angehörigen von Opfern des Massakers vom »Arbeitskreis Keleh« in den Bergen der Region Van Massengräber aufsuchen. Diese waren von Mitarbeitern des IHD Van im Frühjahr 2011 entdeckt und gesichert worden.

Nach einer Gedenkveranstaltung vor Ort für die dort Begrabenen werden die Angehörigen in Begleitung der Delegation bei der Staatsanwaltschaft in Catak Strafanzeigen gegen die verantwortlichen türkischen Militärs einreichen und eine offizielle gerichtsmedizinische Untersuchung der Massengräber unter Beobachtung internationaler unabhängiger Experten beantragen.

Dieser aktuellen Initiative ging ein fast 13jähriger politischer und juristischer Kampf gegen die türkischen und deutschen Behörden voran, die das Massaker bis heute leugnen bzw. durch ihre systematische Untätigkeit eine Aufklärung des Kriegsverbrechens und eine Verurteilung der Folterer und Mörder behindern und verzögern.

Im Fall der Tötung der Münchnerin Andrea Wolf gab es im vergangenen Jahr nach acht Jahren Verfahrensdauer ein erstes Urteil gegen den türkischen Staat: In seiner Entscheidung vom 8. Juni 2010 verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Türkei wegen eines Verstoßes gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, weil »die nationalen Behörden entgegen den Forderungen von Artikel 2 der Konvention keine adäquate und effektive Untersuchung in bezug auf das Schicksal der Tochter der Klägerin geführt haben«. Die Türkei wurde darüber hinaus zur Zahlung einer »angemessenen Genugtuung für die seelischen Leiden« an die Mutter von Andrea Wolf verurteilt.

»Dieses Urteil ist eine schallende Ohrfeige für den türkischen Staat. Jetzt müssen endlich die verantwortlichen Militärs, die Andrea Wolf gefoltert und vorsätzlich getötet haben, ermittelt und vor Gericht gestellt werden«, sagte Rechtsanwältin Angelika Lex der IUK im September 2010 auf einer Pressekonferenz in München. »Deshalb fordern wir die Staatsanwaltschaft Frankfurt dazu auf, die Ermittlungen im Fall Andrea Wolf wieder aufzunehmen, die überlebenden Zeugen des Kriegsverbrechens zu vernehmen und gemeinsam mit der IUK eine Öffnung des Grabes von Andrea Wolf und eine Obduktion durch internationale Gerichtsmediziner vorzubereiten. Dazu werden wir weitere Beweise vorlegen.«

Doch diese Beweise haben bisher den zuständigen Frankfurter Staatsanwalt nicht interessiert: Das Angebot der Anwälte der IUK vor drei Monaten, einen Augenzeugen der Folter und Ermordung von Andrea Wolf vernehmen zu können – ob in Frankfurt oder in einer diplomatischen Vertretung Deutschlands im Ausland –, wurde mit folgender Begründung ausgeschlagen, wie die Anwälte der IUK bestätigen: Es könne zwar sein, daß die Aussage des kurdischen Zeugen, der das Massaker von 1998 schwer verletzt überlebt hatte, richtig sei, man werde das eingestellte Verfahren wegen Tötung der deutschen Staatsangehörigen Andrea Wolf dennoch nicht wieder eröffnen. Und das trotz der Verurteilung der Türkei wenige Monate zuvor.

Voraussetzung der Klage vor dem EGMR war der Boykott und die Einstellung aller Ermittlungen in der Türkei, aber auch durch die deutschen Behörden: Das türkische Schwurgericht Ercis schlug das Verfahren bereits im Sommer 2002 endgültig nieder. Jahrelang hatte sich dort die Menschenrechtsaktivistin und Rechtsanwältin Eren Keskin im Auftrag der IUK für die Aufklärung des Massakers eingesetzt. Auch die deutsche Justiz stellte 2005 das Ermittlungsverfahren wegen »Totschlags zum Nachteil von Andrea Wolf« ein.

Kein Interesse an der Aufklärung eines Kriegsverbrechens eines befreundeten NATO-Staates hatte auch schon der grüne Außenminister Joseph Fischer. Zu wichtig war für ihn offensichtlich die Türkei als strategischer Partner für die deutsche Außenpolitik, wie Fischer erst kürzlich wieder in einer Kolumne für die Süddeutsche Zeitung betonte.

Gegen das Vergessen

Bereits im Jahr 2000 reagierte die IUK-Anwältin Angelika Lex auf einen Brief des Auswärtigen Amtes: »Als geradezu geschmacklos muß Ihr Schreiben bewertet werden, insoweit es als Antwortschreiben auf die Bitte der Mutter der Getöteten um Aufklärung zu verstehen ist.« Außer der Wiederholung der Behauptung des türkischen Militärs, nichts vom Verbleib von Andrea Wolf zu wissen, kam vom grünen Minister und seinen Mitarbeitern wie von seinen Nachfolgern keine substantielle Aussage. Auch der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Die Linke) erhielt erst kürzlich von einem Staatssekretär im Auswärtigen Amt erneut eine Abfuhr. Welche Schlußfolgerungen die deutsche Bundesregierung aus dem Urteil gegen die Türkei ziehe, wollte Hunko wissen: Offensichtlich keine – auf die Frage ging der Beamte in seiner Antwort vom 3. August 2011 überhaupt nicht ein.

»Die Aufklärung von Folter, Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen benötigt überall einen langen Atem. Oft dauert es mehrere Jahrzehnte wie in Chile, Argentinien und vielen anderen Ländern, die unter den Militärdiktaturen des Neoliberalismus gelitten haben, bis das Schicksal der Verschwundenen recherchiert und die Mörder persönlich und politisch zur Verantwortung gezogen werden können«, sagt Oskar Schmid zum Umgang der türkischen und deutschen Behörden. Der Menschenrechtsaktivist aus München arbeitet seit 13 Jahren in der IUK Andrea Wolf.

»In unserer langen Auseinandersetzung gegen das Vergessen und für die Bestrafung der staatlichen Folterer und Mörder geht es deshalb immer auch darum, die Geschichtsschreibung nicht der Perspektive der Täter zu überlassen«, ergänzt Michael Backmund vom FreundInnenkreis aus München: »Solange die Überlebenden und Angehörigen in den von Kriegsverbrechen betroffenen Gesellschaften keine Stimme erhalten, werden sie ständig erneut traumatisiert.«

Die Erschießung von wehrlosen Gefangenen erfüllt nach geltendem internationalen Recht den Tatbestand des Mordes. »Die Tötung bereits entwaffneter und kampfunfähiger Gefangener ist ein eklatanter Verstoß gegen alle Kriterien des internationalen Völkerrechts und laut Genfer Konvention ein Kriegsverbrechen, das gilt gleichermaßen für das Foltern von Gefangenen«, so Angelika Lex. Ebenso wie die von der türkischen Armee systematisch eingesetzte Methode der sexualisierten Folter, die gerade Offiziere in den Ausbildungsstätten westlicher Geheimdienste als Mittel zur Unterwerfung, Demütigung, Machtdemonstration, Zerstörung und Erniedrigung von Frauen, aber auch Männern erlernen, die sich der Repression der staatlich legitimierten Unterdrückung nicht beugen. Kriegsverbrechen stellen aber auch die Giftgaseinsätze des türkischen Militärs dar, die es nach unabhängigen Recherchen bis heute gibt.

Auch am 23. Oktober 1998 sollen nach Zeugenaussagen von der türkischen Armee international verbotene chemische Waffen eingesetzt worden sein. Kurdische Familienangehörige der Getöteten fordern deshalb seit Juli 2011 gemeinsam mit der Mutter von Andrea Wolf eine vollständige Aufklärung des Massakers und die Verfolgung und Bestrafung der Täter.

Leben im Widerstand

Das Leben und die Geschichte von Andrea Wolf seit Anfang der 80er Jahre ist auch eine Geschichte des Widerstandes in der BRD gewesen. Geboren am 15. Januar 1965 gemeinsam mit ihrem Zwillingsbruder Tom in München, wuchs sie in Haidhausen auf und begann sich sehr früh politisch zu engagieren. »Andrea hat das Leben geliebt, wie sie die herrschenden Verhältnisse gehaßt hat. Vielleicht war sie deshalb immer auf der Suche nach revolutionären Prozessen«, hieß es in einer Rede des FreundInnenkreises aus München zum zehnten Todestag von Andrea Wolf 2008.

Zum Beispiel Anfang der 1980er Jahre in der Bewegung »Freizeit 81« mit dem Ziel der Verschmelzung von Kampf, Kunst, Punk und Politik. Mit 16 wurde sie am 6. Oktober 1981 zum ersten Mal wegen Aktionen der Bewegung »Freizeit 81« für sechs Monate in den berüchtigten bayerischen Frauenknast Aichach gesperrt. Ab 1985 engagierte sie sich beim Aufbau des Münchner Infoladens, bei Aktionen gegen alte und neue Nazis, etwa gegen das SS-Totenkopftreffen in Nesselwang, im bayerischen und süddeutschen Autonomenplenum, gegen den Weltwirtschaftsgipfel in Bonn und die atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf. Die Solidarität mit politischen Gefangenen in diesem Land und weltweit war dabei immer auch ihre Sache.

1986 ging Andrea Wolf nach Frankfurt am Main und Offenbach. Sie engagierte sich in der autonomen Frauenbewegung, im Startbahnwiderstand, bei Hausbesetzungen und beim Aufbau von überregionalen Proteststrukturen: »Den Sprung von der spontanen Bewegung zur organisierten revolutionären Kraft einleiten«, heißt es in einem Papier aus dieser Zeit, an dem sie mitgeschrieben hat. Die Antwort des Staates kam prompt: Im Zuge einer bundesweiten Razzia wegen Gründung und Mitgliedschaft in einer eigenständigen »terroristischen Vereinigung« nach §129a wurde Andrea Wolf 1987 erneut verhaftet und ins Frauengefängnis Preungesheim gesteckt – nach drei Monaten mußte sie jedoch wieder entlassen werden, da sich die Aussagen eines Verfassungsschutzspitzels als plumpe Lügen erwiesen hatten.

Danach organisierte sich Andrea in der Gruppe »Kein Friede«. In der bundesweiten Mobilisierung gegen den Weltwirtschaftsgipfel (G 7) 1992 in München machte sie sich auf dem internationalen Gegenkongreß und praktisch auf der Straße für eine verstärkte internationale Zusammenarbeit linksradikaler Initiativen stark. Sie wurde Gründungsmitglied der Initiative Liber­tad!, die sich für Menschenrechte und die Rechte von politischen Gefangenen einsetzt.

Auf Reisen nach Mittelamerika setzte sie die internationale Diskussion mit politischen Gefangenen und revolutionären Organisationen in Nord-, Mittel und Südamerika fort. Nach der Polizeiaktion in Bad Kleinen 1993, bei der durch den Verrat des Verfassungsschutzagenten Klaus Steinmetz die RAF-Mitglieder Wolfgang Grams erschossen und Birgit Hogefeld verhaftet wurden, geriet Andrea erneut ins Visier des Staatsschutzes. Sie hatte das Motorrad des Spitzels von dessen ehemaliger Wiesbadener Wohngemeinschaft gekauft. Ein »großer Fehler«, wie sie später schreiben wird. Das Bundeskriminalamt behauptete schon bald, Andrea Wolf sei an der Sprengung des Knastneubaus Weiterstadt durch die RAF beteiligt gewesen, obwohl sie sich zu diesem Zeitpunkt nachweislich in Mittelamerika befand. Außerdem erklärte die RAF, sie sei nie Mitglied der Organisation gewesen – das 129a-Verfahren gegen Andrea Wolf wurde aber trotzdem erst Jahre später, nach ihrem Tod, eingestellt.

Nach mehreren Hausdurchsuchungen und einem angesetzten Verhörtermin bei der Bundesanwaltschaft beschloß Andrea Wolf, sich abzusetzen und die weitere Entwicklung erst einmal von einem sicheren Ort zu beobachten. Später ging sie von dort aus Anfang 1997 in den Libanon und dann nach Kurdistan. Vor ihrer geplanten Rückkehr in die Städte wurde Andrea Wolf am 23.Oktober 1998 in den kurdischen Bergen ermordet. Sie wurde nur 33 Jahre alt.

Militärische Eskalation

Die Reise der aktuellen Menschenrechtsdelegation findet in einer Situation der militaristischen Eskalation des Konflikts durch die islamistische AKP-Regierung und ihres neuen Generalstabs statt: Bei Protesten der Friedensmütter als »lebende Schutzschilde« an der türkisch-irakischen Grenze und in den Kriegsgebieten wurde zum Beispiel am 28. August der Stadtrat von Van, Yildirim Ayhan, von Soldaten erschossen.

Der Menschenrechtsverein IHD hilft bei der Aufarbeitung und Verfolgung von Menschenrechtsverstößen, unterstützt bei der Suche nach toten und verschwundenen Angehörigen, sammelt Zeugenaussagen und versucht, Zeugen zu schützen. Eine schwierige Aufgabe in einem schmutzigen Krieg, wie er in Kurdistan unter den Augen der Weltöffentlichkeit mit Billigung und militärtechnischer Unterstützung gerade auch der Bundesregierung, deutscher Sicherheitskräfte, Geheimdienste und Waffenkonzerne geführt wird. Die Türkei ist mit 14 Prozent größter Abnehmer von Rüstungsgütern der deutschen Wirtschaft. Deutschland ist heute der drittgrößte Rüstungsexporteur der Welt nach den USA und Rußland. »Die internationale Delegation sieht ihren Besuch ausdrücklich als Akt der internationalen Solidarität und als Unterstützung der Menschenrechtsarbeit vor Ort mit dem Ziel einer umfassenden Aufarbeitung von Kriegsverbrechen im türkisch-kurdischen Konflikt als Basis für einen zukünftigen Frieden in der Region«, sagt Katrin Gebhardt.

An der geplanten Delegation beteiligen sich Bundestagsabgeordnete, Rechtsanwälte, Ärzte und Vertreter aus verschiedenen Frauen- und Menschenrechtsvereinigungen, Gewerkschaften und der FreundInnenkreis von Andrea Wolf. Nach ihrer Ankunft in Istanbul am 14. September wollen sie eine Pressekonferenz veranstalten und ihre Delegationsreise erneut der türkischen, kurdischen und internationalen Öffentlichkeit vorstellen, um anschließend nach Van und Catak weiterzureisen.

Ein Teil der Delegation wird danach an dem 2. Mesopotamischen Sozialforum in Diyarbakir teilnehmen. Dort soll gemeinsam mit Angehörigen kurdischer Familien und türkischen Menschenrechtsaktivisten eine Großveranstaltung zu staatlich legitimierter sexualisierter Gewalt und Folter gegen Frauen und Männer durch das türkischen Militär als systematische Methode der Erniedrigung und Unterwerfung gegen Oppositionelle durchgeführt werden. »Auch als internationalistischer Ausdruck gegen das Vergessen und die Straflosigkeit ob in Südafrika, Lateinamerika oder in der Türkei. Die Täter müssen vor Gericht gestellt werden«, so IUK-Mitglied Oskar Schmid. »Die Erfahrungen und der Kampf in anderen Ländern gegen Menschenrechtsverletzungen wie in Argentinien, Chile, Guatemala, Uruguay oder Paraguay haben gezeigt, daß dort durch gesellschaftliche Veränderungen die verantwortlichen Kriegsverbrecher und Folterer nach jahrelanger zäher politischer Arbeit der Angehörigen und Betroffenen letztlich doch noch zur Verantwortung gezogen werden können.« Oft ist das, wie in Argentinien in den letzten Wochen geschehen, erst nach vielen Jahrzehnten von Erfolg gekrönt. »Die internationale Delegation nach Kurdistan will einen Beitrag zur Aufklärung der Kriegsverbrechen in der Türkei leisten und den nötigen politischen Druck erzeugen, das Massaker aufzuklären und die strafrechtliche Verfolgung und Verurteilung der Täter zu erzwingen«, betont Gebhardt gegenüber der Zeitung junge Welt: »In diesem Sinne versteht sich unsere Initiative als Teil der weltweiten Kampagne für Menschenrechte, gegen Folter und gegen die Straflosigkeit der Täter.«

* Aus: junge Welt, 1. September 2011


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