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"Ich erwarte Respekt für mein Land"

Ankaras Regierungschef Erdogan kritisiert Merkel und Sarkozy wegen Haltung zu Türkei

Der türkische Ministerpräsident Erdogan sprach sich gegen den Plan von Bundeskanzlerin Merkel aus, die Türkei zu einem »privilegierten Partner« der EU zu machen.

Istanbul (Agenturen/ND). Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat die Ablehnung der EU-Bewerbung seines Landes durch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy scharf kritisiert. »Ich erwarte Respekt für mein Land«, sagte Erdogan am Donnerstag dem türkischen Nachrichtensender NTV. Merkels Vorschlag einer »privilegierten Partnerschaft« für die Türkei als Alternative zu einem türkischen EU-Beitritt sei bei der EU selbst überhaupt nicht vorgesehen. Merkel und Sarkozy hatten zuletzt vor den Wahlen zum EU-Parlament vom vergangenen Sonntag ihren Widerstand gegen eine Aufnahme der Türkei in die EU betont.

Die EU verhandelt seit 2005 mit der Türkei über einen Beitritt. Über den französischen Präsidenten sagte Erdogan: »Früher oder später wird Herr Sarkozy bereuen, was er da tut.« Sarkozy hat mehrmals erklärt, seiner Meinung nach sei die Türkei kein europäisches Land. Erdogan deutete an, dass er eine geplante Reise nach Frankreich streichen und einen »Türkei-Tag« in Frankreich absagen wolle.

Kritik übte der türkische Premier auch am jüngsten Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes zu häuslicher Gewalt in der Türkei. Das Gericht hatte die Türkei am Dienstag verurteilt, weil die türkischen Behörden es versäumt hatten, eine Frau und deren Mutter vor dem gewalttätigen Ehemann der Frau zu schützen. Erdogan sagte, das Urteil sei »beschämend«. Es sei falsch, wegen dieses Falles die Türkei als Land zu verurteilen. Auch im Westen gebe es Fälle von häuslicher Gewalt.

Türkische Frauenorganisationen hingegen haben das Urteil begrüßt. »Es ist eine Grundsatzentscheidung, die nicht nur für die Türkei gilt«, sagte Pinar Ilkkaracan, Gründerin der türkischen Organisation Frauen für Menschenrechte der Frauen (WWHR), in Istanbul. Ilkkaracan forderte die türkische Regierung auf, Frauen besser zu schützen. So müssten Polizisten und Richter für den Einsatz gegen häusliche Gewalt besonders ausgebildet werden. Nötig seien auch genaue Dienstanweisungen für die Polizei, in denen das Vorgehen bei Fällen von häuslicher Gewalt festgelegt wird.

Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat die Türkei zu verstärkten Anstrengungen bei ihrer Bewerbung um eine Mitgliedschaft in der EU aufgefordert. Die Türkei müsse ihre »Hausaufgaben« machen, sagte Steinmeier in Interviews mit mehreren türkischen Zeitungen. Er betonte, die Türkei habe noch einen weiten Weg vor sich. Ausdrücklich erwähnte der Minister das Zypern-Problem, das eine »große Herausforderung« darstelle. Die Türkei weigert sich, die 2004 in die EU aufgenommene griechische Republik Zypern anzuerkennen, weil die EU das Handelsembargo gegen den türkischen Nordteil der Insel anders als zugesagt bisher nicht aufgehoben hat. Acht der 35 Bereiche der türkischen EU-Beitrittsgespräche wurden wegen des Zypern-Streits von der EU gesperrt.

Zum Vorschlag einer »privilegierten Partnerschaft« für die Türkei sagte Steinmeier, er wisse nicht, was dieser Begriff bedeuten solle. Der Beginn der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sei schließlich von allen EU-Staaten beschlossen worden. Steinmeier ließ Kritik an der türkischen Oppositionspartei CHP durchblicken. Die CHP ist Mitglied der Sozialistischen Internationale und betrachtet sich selbst als sozialdemokratische Partnerin der SPD, fuhr in den vergangenen Jahren aber einen strikt nationalistischen und zuweilen EU-feindlichen Kurs. Dass die CHP die türkische EUBewerbung nicht unterstütze, habe eine »Distanz« zwischen der CHP und europäischen Sozialdemokraten geschaffen, sagte Steinmeier.

* Aus: Neues Deutschland, 12. Juni 2009


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