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Prager Parteien streiten um Kirchengüter

Tschechische Koalitionsverhandlungen sind ins Stocken geraten

Von Jindra Kolar, Prag *

Sozialdemokraten und Christdemokraten – mögliche Partner einer künftigen Regierungskoalition in Prag – kommen in der Frage des Gesetzes zur Rückgabe von Kircheneigentum nicht auf einen Nenner.

Die Koalitionsgespräche in Prag scheinen festgefahren zu sein. Ein entscheidender Punkt ist die Haltung zur Rückübertragung von Kircheneigentum. Hier hakt es zwischen Sozial- und Christdemokraten. Die Rechtsregierung unter Petr Nečas hatte ein Rückgabegesetz durchgebracht, das der römisch-katholischen Kirche ihre 1948 beschlagnahmten Güter rückübertragen sollte. Sowohl Staatspräsident Miloš Zeman als auch die Sozialdemokraten (ČSSD) wollen dieses Gesetz wieder abschaffen, die KDU-ČSL dagegen beharrt auf seiner Durchsetzung.

Hauptargument der linken Parteien für die Aufhebung des Gesetzes ist die Belastung des Staatshaushalts. Als die KPTsch im Februar 1948 die politische Macht übernommen hatte, wurden nicht nur Großunternehmen und Großgrundbesitz verstaatlicht, auch die Güter der katholischen Kirche wurden in Volkseigentum überführt. Dazu gehörten 2500 Gebäude, 175 000 Hektar Wald und 25 000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche. Die Kirche musste sich auf ihre religiösen Dienste beschränken.

Nach der »Samtenen Revolution« 1989 wurden erste Maßnahmen zur Rückgabe des Kirchenbesitzes eingeleitet: Etwa 200 Immobilien – vor allem Klöster und Ordenshäuser – wurden rückübereignet. Mit dem Gesetz aus dem Jahre 2012, das die Nečas-Regierung in diesem Jahr in Kraft treten ließ, sollten der Kirche nun sämtliche ehemaligen Besitztümer überantwortet werden. Für den Staatshaushalt ergäbe sich daraus eine Belastung von 75 Milliarden Kronen (etwa drei Milliarden Euro) zuzüglich eines »Nutzungsentgeltes« von 59 Milliarden Kronen (gut 2,3 Milliarden Euro), zahlbar in den kommenden 30 Jahren. Eine solche Belastung übersteigt nach Meinung der Linken die Möglichkeiten der krisengeschüttelten tschechischen Volkswirtschaft deutlich, weswegen sie in ihren Wahlprogrammen eine Revision des Gesetzes propagierten. Neben den finanziellen gibt es indes auch ganz reale Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Gesetzes. Kaum jemand in Prag kann sich vorstellen, dass der berühmte Veitsdom auf dem Hradschin wieder in Kircheneigentum übergeht. Auch dass Nationalparks und große landwirtschaftliche Flächen wieder in den Besitz der katholischen Kirche fallen sollen, stößt weithin auf Ablehnung.

Kein Wunder also, dass die Gespräche zwischen den Delegationen der ČSSD und der christdemokratischen KDU-ČSL diese Woche ins Stocken gerieten. Zwar hatte das Verfassungsgericht in Brno im Sommer dieses Jahres keine Bedenken gegen das Gesetz angemeldet, doch liegen noch weitere Klagen zur Entscheidung vor.

Auch Staatspräsident Miloš Zeman hatte sich deutlich für eine Rücknahme des Gesetzes ausgesprochen. ČSSD-Chef Bohuslav Sobotka erklärte, dass seine Partei nicht davon abgehen werde, das Gesetz zurückzunehmen. »Wir müssen feststellen, dass wir in diesem Punkt keine Übereinstimmung mit der KDU-ČSL finden können«, sagte Sobotka. Ähnlich resolut fiel die Aussage des Christdemokraten Pavel Belobradek aus: Die Rückgabe der Kirchengüter sei für seine Partei »eine beschlossene Sache«. Man könne allenfalls über die Höhe der Entschädigungszahlungen diskutieren.

Die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSČM) sucht den Ausweg durch eine Volksbefragung. Parteichef Vojtech Filip erklärte, seine Fraktion im Abgeordnetenhaus werde einen entsprechenden Antrag stellen.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 15. November 2013


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