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Gewalteskalation in Bangkok

Thailand: Tote bei Zusammenstößen zwischen Polizei und Regierungsgegnern *

Der Machtkampf zwischen Regierung und Demonstranten in Thailand ist gefährlich eskaliert. Bei der Konfrontation mit scharfer Munition wurden nach Angaben des Sanitätsdienstes am Dienstag mindestens drei Demonstranten und ein Polizist erschossen, wie der staatliche Sender MCOT berichtete. Mehr als 15000 Beamte waren am Morgen mit Schlagstöcken und Tränengas ausgerückt, um seit Wochen von den Demonstranten besetzte Straßenkreuzungen in der Nähe des Regierungsviertels zu räumen. Die Regierungsgegner, die sich dort hinter Sandsäcken verbarrikadiert hatten, leisteten aber Widerstand. Innerhalb von Minuten lag das Gelände unter dicken Tränengasschwaden. Eine Granate explodierte in den Reihen der Polizisten. Mindestens 64 Menschen wurden nach Angaben des Sanitätsdienstes verletzt.

Beide Seiten beschuldigten sich gegenseitgi, scharfe Munition einzusetzen. »Die Demonstranten haben geschossen und eine Granate eingesetzt«, twitterte das Außenministerium. Die Oppositionsbewegung Demokratisches Reformkomitee des Volkes (PDRC) machte die Polizei für die Eskalation verantwortlich. Sie zeigte auf ihrer Webseite Fotos blutender Anhänger.

Die Demonstranten sind seit November auf den Straßen Bangkoks. Sie werfen der Familie der Premierministerin Korruption vor und wollen die Regierung stürzen. Das Land soll nach ihrem Willen von einem ungewählten Rat regiert werden, um allen Einfluß der Shinawatra-Familie auf die Politik auszumerzen. Dennoch fanden am 2. Februar Wahlen statt. Allerdings blockierten Demonstranten die Stimm­abgabe in zahlreichen Wahlkreisen. Regierung und Wahlkommission streiten über die Organisation von Nachwahlen.

Nach Polizeiangaben wurden am Dienstag Dutzende Demonstranten festgenommen, darunter auch zwei Anführer. Der oberste Protestführer, Suthep Thaugsuban, blieb zunächst unbehelligt. Das Regierungsviertel liegt fernab der Geschäftsstraßen und Touristenattraktionen. Gegen die Protestlager entlang der Einkaufsmeile Sukhumvit rückte die Polizei nicht vor.

Ebenfalls am Dienstag kündigte die Antikorruptionsbehörde Ermittlungen gegen Regierungschefin Yingluck Shinawatra an. Ihr droht ein Amtsenthebungsverfahren, sagte Anwalt Verapat Pariyawong. Die Antikorruptionsbehörde bestellte Yingluck für den 27. Februar ein, um ihr die Vorwürfe zu erläutern. Sie habe das Regierungsprogramm zum Reisaufkauf trotz Korruptionsvorwürfen und zahlreicher Warnungen nicht gestoppt, hieß es. Es geht um Verluste im Umfang von fast fünf Milliarden Euro. Die Regierung hatte Bauern im Wahlkampf die Abnahme ihrer Ernte zu überhöhten Preisen versprochen. Sie wird den Reis zu diesen Preisen auf dem Weltmarkt aber nicht los. Ein angeblicher Verkauf nach China hat offenbar nie stattgefunden. Zudem sollen der Regierung nahestehende Exportfirmen aus den staatlichen Lagern Reis zu Dumpingpreisen bekommen und profitabel exportiert haben.

* Aus: junge Welt, Mittwoch 19. Februar 2014


Bomben in Bangkok

Tote und Verletzte bei Zusammenstößen in Thailand **

Bei neuen Unruhen mit thailändischen Regierungsgegnern in der Hauptstadt Bangkok sind am Dienstag mindestens vier Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt worden.

Nach einem Polizeieinsatz gegen die Belagerer von Regierungsgebäuden in Bangkok teilten die Behörden mit, es seien drei Zivilisten und ein Polizist unter den Todesopfern. 24 Beamte seien verletzt worden, einer davon habe durch Bombensplitter schwere Wunden davongetragen. Die städtische Notfallbehörde sprach von insgesamt mehr als 60 Verletzten in Bangkok, das von Schüssen und Explosionen erschüttert wurde. Wer die tödlichen Schüsse abgab, blieb unklar. Eine Polizeisprecherin sagte, die Beamten hätten lediglich Gummigeschosse eingesetzt und nicht scharf geschossen.

Mit Knüppeln, Schutzschilden und Helmen ausgerüstete Bereitschaftspolizisten gingen in der Altstadt gegen eine Gruppe Demonstranten vor, die Regierungsbüros von Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra belagert und sich mit Sandsäcken und Stacheldraht gegen die Sicherheitskräfte gewappnet hatten. Zuvor hatten die Regierungsgegner ein Ultimatum für ihren Rückzug verstreichen lassen. Zwar gab es Dutzende Festnahmen, am Ende zog sich die Polizei aber wegen des erbitterten Widerstandes zurück. Am ebenfalls besetzten Komplex des Energieministeriums in Bangkok wurden etwa 150 Demonstranten abgeführt. Es war das erste Mal seit Beginn der Proteste vor gut drei Monaten, dass so viele Regierungsgegner auf einmal festgenommen wurden. Die neuen Zusammenstöße zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten ereigneten sich in der Nähe bekannter Touristenattraktionen in Bangkok.

Derweil soll Yingluck am 27. Februar zu Vorwürfen vernommen werden, sie habe im Zusammenhang mit Subventionen für Reisbauern gegen ihre Amtspflicht verstoßen. Die Nationale Antikorruptionskommission beschuldigte sie am Dienstag, Warnungen vor einem Fehlschlag des Programms ignoriert und Korruption sowie finanzielle Verluste befördert zu haben. Ihr droht Amtsenthebung. Die Opposition fordert den Rücktritt der Ministerpräsidentin und die Installation eines nicht gewählten sogenannten Volksrates.

** Aus: junge Welt, Donnerstag, 20. Februar 2014


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