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Keine Lösung in Sicht

Politischer Konflikt in Thailand: Norden diskutiert Abspaltung

Von Thomas Berger *

Die nationale Einheit Thailands stehe für die Regierung nicht zur Debatte. Noch vor wenigen Monaten wäre es undenkbar gewesen, daß Premierministerin Yingluck Shinawatra überhaupt zu einem solchen Statement genötigt sein würde. Inzwischen allerdings hat sich der politische Konflikt stetig weiter zugespitzt. Auch wenn eine Spaltung des südostasiatischen Landes zumindest vorerst noch keine reale Gefahr ist, werden doch vermehrt Ideen in diese Richtung zum Ausdruck gebracht. Vertreter der Armee haben deshalb bereits wegen Separatismus und Landesverrats Strafanzeige gegen einen Anführer der sogenannten Rothemden erstattet. Dessen Gruppierung »Rak Chiang Mai 51« gehört wie die tonangebende Vereinte Front für Demokratie gegen Diktatur (UDD) zum Kreis jener Organisationen, die ihre Basis im vergleichsweise ärmeren Norden und Nordosten des Königreiches haben. Mit der regierenden Pheu Thai Party verbündet, haben sie sich im Konflikt immer wieder zu Wort gemeldet. Um gewaltsame Zusammenstöße mit radikalen Regierungsgegnern zu vermeiden, haben sie ihre Anhänger jedoch davon abgehalten, in die Hauptstadt zu ziehen.

Zumindest »Rak Chiang Mai 51« fordert nun eine Teilung des Landes und die Etablierung einer Lanna-Republik im Norden. Ganz egal, wie realistisch oder nicht das sei, stelle dieses Ansinnen doch einen neuen Tiefpunkt dar, kommentierte Atiya Achakulwisut in der Tageszeitung Bangkok Post: »Dieses Seperatismusgerede ist vor allem deshalb so schockierend, weil erstmals offen die Idee geäußert wird, das Land entlang der politischen Gräben in Stücke zu zerhacken.«

Auch in den vergangenen Tagen ist Thailand einer Lösung des Konflikts zwischen den beiden politischen Lagern kaum nähergekommen. Zwar haben mit Expremier Somchai Wongsawat für das Regierungslager und dem buddhistischen Abt Luang Pu Buddha Issara für das oppositionelle Demokratische Volkreformkomitee (PDRC) erstmals zwei hochrangige Vertreter beider Seiten Chancen für einen Dialog ausgelotet. Doch PDRC-Anführer Suthep Thaugsuban hat die Hoffnungen darauf schon wieder gedämpft. Zwar zeigte er sich nun doch bereit, mit der Premierministerin zusammenzutreffen – aber nur ohne weitere Gesprächspartner und nur vor laufenden Fernsehkameras. Yingluck hat hingegen einen breiten Verhandlungskreis von Experten und Vertretern gesellschaftlich relevanter Gruppen vorgeschlagen.

Unterdessen hat das Berufungsgericht am Dienstag eine Petition Thaugsubans abgewiesen, den gegen ihn ausgestellten Haftbefehl aufzuheben. Zumindest theoretisch droht dem radikalen Oppositionsführer damit weiter die Festnahme.

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 5. März 2014


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